Arbeits- und Sozialminister für einen Tag im Rollstuhl

Zdenek Skromach, photo: CTK

Welchen Hindernissen begegnet ein Mensch, der an den Rollstuhl gefesselt ist, im Laufe eines Tages? Könnte ein Rollstuhlfahrer hierzulande überhaupt Minister sein, oder würden ihn diverse Barrieren, die man mit den Augen eines gesunden Menschen gar nicht sieht, an der Amtsausübung hindern? Welche Erfahrungen prägen den Alltag eines Körperbehinderten nicht nur in Bezug auf seine Mobilität, sondern auch in anderen Bereichen wie etwa der Kommunikation mit anderen Menschen? Um diesen und ähnlichen Fragen nachzugehen, hat der tschechische Arbeits- und Sozialminister Zdenek Skromach den ganzen Donnerstag im Rollstuhl verbracht. Aufgefordert hat ihn dazu eine Behindertenvereinigung, zusammen mit der Schauspielerin Veronika Zilkova. Gerald Schubert hat anschließend mit ihrem Bruder Stephan Zilka von der Behindertenredaktion des Tschechischen Rundfunks gesprochen, der den Minister während seines Tages im Rollstuhl begleitet hat:

Zdnek Skromach,  Foto: CTK
Sie haben am Donnerstag einen speziellen Tag erlebt. Denn Sie haben Arbeits- und Sozialminister Zdenek Skromach dabei beobachtet, wie er sich einen Tag lang im Rollstuhl fortbewegt hat. Können Sie erzählen, wie es eigentlich zu dieser Idee gekommen ist?

"Ja, das ganze war auch unsere Idee. Eine der Aufgaben unserer Sendung ist es ja, auch an die Legislative zu appellieren, im tschechischen Parlament und in anderen legislativen Gremien bessere Gesetze durchzusetzen, die auch mit der Europäischen Union koordiniert sind. Und der, der dafür am ehesten zuständig ist, ist natürlich der Minister. Er hat, wie jeder andere Minister auch, natürlich eine sehr schwierige Position, aber wir dachten, zur Stärkung seiner Kompetenz wäre es an besten, wenn er einen Tag im Rollstuhl erlebt. Also hat ihn meine Schwester vor zwei Monaten angerufen und ihn gefragt. Sein Sekretär war streng dagegen, und hat gesagt, dass das sicher nie stattfinden wird. Aber der Donnerstag hat dann gezeigt: Es war eine richtige Idee. Es bestand sehr großes Interesse an diesem Tag, von der Presse, aber auch von den Mitbürgern. Wir haben nämlich den gestrigen Abend mit einer Live-Sendung abgeschlossen, wo die Hörer auch anrufen konnten. Und die Resonanz war bombastisch."

Können Sie ein bisschen etwas von Ihren Eindrücken erzählen? Wo war der Minister zufrieden mit den Bedingungen, die bereits herrschen, und wo hat der Minister gemeinsam mit Ihnen Mängel entdeckt; Bereiche, in denen es wirklich noch viel zu beheben gibt, weil er am eigenen Leib verspürt und mit eigenen Augen gesehen hat, wo hier noch Defizite sind?

"Ich glaube, der Herr Minister kennt besonders die Defizite in der Legislative. Dass ab und zu irgendwo ein Sockel steht oder eine Tür zu eng oder die Toilette nicht breit genug ist, das wusste er zwar auch, aber gestern durfte er es am eigenen Leib erproben. Und wissen Sie, es war auch interessant zu demonstrieren: Kann ein behinderter Mensch, ob Frau oder Mann, Minister werden? Tschechien hat hier nicht viel nachzuholen, nur in den Köpfen muss sich etwas ändern. Dass oft die Mittel fehlen, das haben wir festgestellt. Auch das Arbeitsministerium hat Sockel oder Treppen, die nicht zu bewältigen sind. Allerdings muss ich sagen: Fast in allen öffentlichen Gebäuden in Tschechien gibt es schon großartige Veränderungen, und alle Neubauten sind meiner Meinung nach - ich bin kein Architekt - bereits behindertengerecht gestaltet."