Hörerforum
Im nachfolgenden Hörerforum von Radio Prag befassen wir uns zunächst mit den Zuschriften zum 35. Todestag von Jan Palach und der damit verbundenen Thematik der Niederschlagung des so genannten Prager Frühlings im Jahr 1968. Des weiteren zitieren wir aus dem Brief eines Deutschlehrers aus Warschau, der sehr interessante und ergänzende Bemerkungen zu einem Beitrag zum Jahreswechsel machte. Danach beantworten wir wieder einige Hörerfragen, diesmal zu den Themen Mehrwertsteuer in Tschechien und hiesige Einreiseformalitäten ab dem EU-Beitritt des Landes am 1. Mai.
Eines der ersten "zentralen" Themen unseres Senders in diesem Jahr war ganz sicher die Berichterstattung zum 35. Todestag von Jan Palach, also jenem ehemaligen Studenten der Philosophischen Fakultät der Prager Karlsuniversität, der mit dem Akt seiner Selbstverbrennung am 16. Januar 1969 ein Zeichen setzte dafür, dass man sich trotz der Niederschlagung des so genannten "Prager Frühlings" im August 1968 in der damaligen Tschechoslowakei nicht aufgeben und weiter für die Freiheit und seine Ideale kämpfen solle. Auch unser Hörer Fritz Andorf aus Meckenheim hat sich diesem Thema angenommen und uns dazu u. a. am 18. Januar diese Zeilen zugesandt:
"An diesem Wochenwende wurde in Ihren Sendungen viel über die Selbstverbrennung von Jan Palach am 16. Januar 1969 und über die damaligen Ereignisse gebracht. Ich kann mich noch gut an dieses tragische Ereignis erinnern und finde es eigentlich bedauerlich, dass es noch so viele Jahre bis zur Wende dauerte und erst die ´Palach-Woche´ 1989 sicherlich mit dazu beitrug, diese Wende zu beschleunigen."
Das kann ich nur bestätigen, denn auch ich war im Januar 1989 - damals noch als Redakteur der "Prager Volkszeitung" - mehrfach bei den Massendemonstrationen aus Anlass des 20. Todestages von Jan Palach zugegen und konnte spüren, wie nervös das kommunistische Regime mit buchstäblich knüppelharten Polizeieinsätzen auf diese Protestkundgebungen reagierte. Nach der "Abstimmung zu Fuß", die ehemalige DDR-Bürger im Sommer jenes Jahres vornahmen, ließ sich der Wendeprozess dann auch in der CSSR nicht mehr zu aufhalten. Dass die Tat von Jan Palach mit dazu beitrug, nach dem Ende des "Prager Frühlings" nicht den Mut zu verlieren, dies verdeutlicht auch die Zuschrift von Ralf Urbanczyk aus Eisleben:
"An die Zeit des Prager Frühlings und die Zeit danach kann ich mich selbst nicht mehr erinnern, da war ich noch zu jung. Ich kenne diese Vorgänge nur von den Geschichten Älterer, aus Büchern oder Ihren Sendungen. Ich bezweifle aber, dass nach der Niederschlagung des Prager Frühlings nur Resignation geblieben ist. Der Prager Frühling war auch für die nachfolgenden Generationen, nicht nur in der Tschechoslowakei, sondern auch in den anderen sozialistischen Ländern immer ein Zeichen, dass Veränderung möglich ist. Die Wende 1989/90 in den kommunistisch regierten Ländern war dann lediglich das Ende des Prozesses, welcher durch den Prager Frühling begann und durch dessen blutige Niederschlagung er in seinem Verlauf beeinflusst wurde."
Und auch Herr Ulrich Stühmke aus Essen hat sich zu diesem Thema seine Gedanken gemacht:
"Das damalige Geschehen hat viele Menschen auf der Welt berührt. Auch ich erinnere mich noch sehr gut daran. Bewundernswert war damals auch die Standhaftigkeit von Alexander Dubcek, die leider nach dem Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen zunichte gemacht wurde. Heute muss man sich fragen, was heute wohl wäre, wenn es solche Leute nicht gegeben hätte."
Das ist wohl wahr - und daher nahmen und nehmen auch wir solche Daten wie den Todestag von Jan Palach immer wieder zum Anlass, um an diese "Helden ihrer Zeit" zu erinnern. Nun aber ein kleiner kräftiger Schwenk und hier noch eine kleine Nachbetrachtung zum Jahreswechsel bzw. zu einem Beitrag unseres externen Mitarbeiters Alexander Schneller. Dazu teilte uns Herr Reinhold Utri, ein in Warschau tätiger Deutschlehrer, nämlich folgendes mit:
"Ich habe Ihren Artikel über den ´Guten RUTSCH ins Neue Jahr´ gelesen. Er hat mir gut gefallen. Nur eines war Ihnen - wie den meisten anderen auch - nicht bekannt: ethymologisch kommt das Wort RUTSCH vom jiddischen ´roche´, was soviel wie ´Anfang, Beginn´ bedeutet. Hat also mit Rutschen im eigentlichen Sinn des Wortes nicht das Geringste zu tun. Ebenso die Formulierung ´Hals- und Beinbruch´, die ja sehr garstig klingt; sie kommt vom jiddischen ´broche´, was soviel wie Segen bedeutet, also Segen über Hals und Beine, d.h. über den ganzen Körper."
Ja, man lernt nie aus, und wir danken an dieser Stelle Herrn Utri für den - wie er es selbst formulierte - kleinen Beitrag.
In unserer letzten Sendung hatten wir Sie erneut darauf hingewiesen, dass ab dem 1. Februar - also bereits ab diesem Sonntag - unsere abendliche Mittelwellensendung eingestellt wird. Das bedauern wir sehr, können aber leider nichts daran ändern. Über die wirtschaftlichen Hintergründe für diese vom Tschechischen Rundfunk getroffene Entscheidung haben wir Sie bereits informiert. Dafür wurde uns von mehreren Hörern inzwischen bestätigt, dass Sie unsere um 18.30 Uhr bzw. 17.30 UTC auf der Kurzwellenfrequenz 5990 KHz ausgestrahlte Sendung wieder empfangen können, und das zudem in einer guten Qualität. Also: Bleiben Sie uns bitte auch ohne die Mittelwelle treu, und zwar auf den auf unserer Internetseite www.radio.cz/deutsch nachlesbaren Kurzwellenfrequenzen oder aber über Satellit sowie in Zukunft sicher auch digital im DRM-System. Wann dies soweit sein wird, darüber werden wir Sie rechtzeitig informieren.
Nun aber zurück zur Gegenwart und zu einer aktuellen Anfrage von Herrn Engelbert Borkner aus Hildesheim, der uns schrieb:
"Überrascht war ich, als Sie am 30.12.2003 im Tagesecho über den Anstieg der Mehrwertsteuer bei bestimmten Produkten berichteten und dass der Mehrwertsteuersatz in Tschechien inzwischen bei 22 % liegt. Oder habe ich mich da verhört?"
Nein, Herr Borkner, Sie haben sich nicht verhört. So wie alle anderen Staaten, die marktwirtschaftlich ausgerichtet sind, so hat auch Tschechien nach der Wende 1989/90 bzw. nach der Trennung von der Slowakei im Jahr 1993 die Mehrwertsteuer mit einem unteren und einem oberen Mehrwertsteuersatz eingeführt. Während der untere mit fünf Prozent um zwei Prozent unter dem von Deutschland liegt, gehört der obere Mehrwertsteuersatz zu den höchsten überhaupt in ganz Europa. Das hält in jüngster Zeit nicht selten Unternehmen davon ab, in Tschechien zu investieren. Und zwar auch aus dem Grund, den wir in unserem Tagesecho-Beitrag beschrieben haben: Im Zuge des EU-Beitritts mussten bzw. müssen die in Tschechien geltenden Mehrwertsteuersätze den EU-Richtlinien angepasst werden. Für Elektroenergie oder die Telefon- und Internetbenutzung hatte dies schon ab dem 1. Januar den Sprung von der kleinen zur großen Mehrwertsteuer und damit einen erheblichen Preisanstieg zur Folge. Und ab dem 1. Mai wird man dies leider auch in böhmischen und mährischen Restaurants zu spüren bekommen. Ebenso in anderen Bereichen, wie unser Hörer Günter Lüderitz aus Hannover meinte:
"Was Veränderungen im Zusammenhang mit der Mehrwertsteuer und der Verschiebung vom unteren Mehrwertsteuersatz in den oberen betrifft, da werden Bauarbeiten den größten Posten ausmachen. Einen deutlichen Einschnitt wird auch so mancher Gewerbetreibender und Freischaffender in diesem Jahr zu spüren bekommen."
Eine andere Frage, die mit dem EU-Beitritt der Tschechischen Republik im Zusammenhang steht, wurde uns von Herrn Eduard J. Belser aus Egerkingen in der Schweiz gestellt:
"Ab Mai 2004 ist Ihr Land Mitglied der EU, nun interessiert es mich, ob sich das auf die Einreiseformalitäten für uns Schweizer auswirkt, d.h. ob in Zukunft der Personalausweis genügt oder ob weiterhin ein gültiger Reisepass benötigt wird. Die Schweiz ist ja (noch) kein EU-Land."
Die Frage wird vom Leiter der Ausländerabteilung der tschechischen Ausländer- und Grenzpolizei, Miloslav Smetana, beantwortet:
"Die Bürger aus der Schweiz werden ab dem 1. Mai zu den gleichen Bedingungen in die Tschechische Republik reisen können wie die Bürger der Europäischen Union, denn die Schweiz hat ein entsprechendes Assoziationsabkommen mit der EU unterzeichnet. Also werden auch die Schweizer ab 1. Mai in genau demselben Grenzregime abgefertigt wie EU-Bürger."
Und mit dieser gewiss sehr positiven Nachricht sind wir auch schon wieder am Ende unserer Hörerpostsendung angelangt. In diesem Sinne, auf ein Wiederhören bis zu unserer nächsten - heute in 14 Tagen!