Mitglied des provisorischen Verwaltungsrates des Irak zu Gast in Prag
Das Geschehen im Irak beschäftigt nach wie vor die Nachrichtenagenturen der Welt, in deren Berichterstattung die Meldungen über verschiedene Gewalttaten in diesem vom Krieg erschütterten Land dominieren. Bedeutend weniger ist darüber zu erfahren, wie die Vorbereitungen der geplanten Machtübergabe seitens der Amerikaner an die irakischen Vertreter vorankommen und ob überhaupt. Mehr dazu im Gespräch mit einem Sachkundigen. Den folgenden Beitrag hat Jitka Mladkova vorbereitet:
Dieser Tage war das Mitglied des provisorischen Verwaltungsrates des Irak, Muffid Jazairi, in der tschechischen Hauptstadt zu Gast. Radio Prag nutzte die Gelegenheit und hat den für den Bereich Kultur zuständigen Mann ans Mikrofon gebeten. Aus diesem Gespräch wollen wir Ihnen jetzt einige Auszüge übermitteln. Stichwort Verfassung: Muffid Jazairi spricht über den aktuellen Stand:
"Bis Ende Februar soll die so genannte provisorische Verfassung fertig sein. Wir sprechen vom Gesetz zur Leitung des Staates. Dieses Dokument bildet dann einen Bestandteil der Maßnahmen, die Ende Juni mit der Machtübergabe an die irakische Seite ihren Höhepunkt erreichen sollen."
Dies geschehe aufgrund eines Zeitplans, der am 15. November vergangenen Jahres von der irakischen und der US-amerikanischen Seite vereinbart wurde, sagt Jazairi und fügt hinzu:
"Wenn alles im Einklang mit dem Zeitplan läuft, dann wird nach der Machtübergabe, also ab dem 1. Juli, eine neue Etappe beginnen, in der mehrere Projekte realisiert werden. Erstens das Projekt der Volkszählung, des Weiteren die Vorbereitung des Wahlgesetzes und schließlich die Vorbereitung der neuen Verfassung, denn das derzeit in Vorbereitung befindliche Grundgesetz gilt als provisorisch. Die neue Verfassung soll dann vom ersten demokratisch gewählten Parlament verabschiedet werden. Dies dürfte im Jahre 2005 der Fall sein."
Jazairi ist zuversichtlich und sagt, wenn alles weiter laufe wie bisher nach dem vereinbarten Zeitplan, in einer Atmosphäre der guten Zusammenarbeit, dann sei die geplante Machtübernahme von Seiten der Iraker durchaus vorstellbar. Auf die Frage, ob in der künftigen irakischen Regierung mehrere politische Gruppierungen vertreten sein könnten, sagt Jazairi folgendes:
"Wir bemühen uns darum. Wir wollen dabei eine breitere Vertretung verschiedener Schichten der irakischen Öffentlichkeit in der so genannten nationalen Übergangsregierung einsetzen, die am 1.Juli die Macht im Lande übernehmen soll."
Muffid Jazairi selbst ist Mitglied der Kommunistischen Partei des Irak und als solches konnte er einst in der ehemaligen Tschechoslowakei studieren und leben. Vielen Menschen im Irak, die dieser Partei nahe stehen, gefällt nicht, dass sie nun mit den Amerikanern zusammenarbeitet. Dazu Jazairi:
"Ich glaube, dass wir - ich wage es zu sagen - Realisten sind. Und auch die Amerikaner haben sich in der konkreten Situation also solche erwiesen. Sie gingen davon aus, dass wir eine Kraft im Lande darstellen, die ihre Bedeutung und ihr Gewicht hat, und dass es leichtsinnig wäre so eine Kraft zu ignorieren. Wir sind auch davon ausgegangen, dass unser Land okkupiert ist, dass bei uns eine große amerikanische Armee, eine amerikanische Verwaltung und Streitkräfte anderer Länder präsent sind - wir nehmen es also zur Kenntnis, ob es uns nun gefällt oder nicht, und versuchen mit diesen Tatsachen realistisch umzugehen und nach Lösungen zu suchen. Gemeinsam mit der anderen Seite."