Europawahl 2004: Podiumsdiskussion der Spitzenkandidaten
Die Wahl zum Europaparlament findet im Juni statt, der Wahlkampf wird - zumindest offiziell - also auch in Tschechien noch einige Zeit auf sich warten lassen. Dennoch: Die Kandidaten der diversen Parteien versuchen natürlich bereits jetzt, sich europapolitisch zu positionieren. Am Montag hatte die interessierte Öffentlichkeit bei der Veranstaltung der "Assoziation für internationale Fragen" die Chance, gleich mehrere Anwärter auf einen Abgeordnetensitz in Straßburg und Brüssel kennen zu lernen und einige ihrer Standpunkte einem direkten Vergleich zu unterziehen. Gerald Schubert war dabei:
Bei letzterem handelt es sich um den ehemaligen tschechischen Außenminister Josef Zieleniec. Radio Prag hat ihn am Rande der Veranstaltung gefragt, worin er seine Hauptaufgaben als zukünftiger Europa-Parlamentarier sieht:
"Es ist zu sehen, welche Anspannung die Erweiterung in der EU derzeit hervorruft, und welche Befürchtungen das wiederum in den Kandidatenländern mit sich bringt. Daher meine ich, die Schlüsselaufgabe besteht darin, zu zeigen, dass die EU auch mit uns funktioniert, dass wir uns miteinander verständigen und gemeinsam etwas schaffen. Dass wir in eine Familie hineingekommen sind, und diese Familie uns auch aufgenommen hat."
Konkret, so Zieleniec, sei für ihn unter anderem der Beschluss einer europäischen Verfassung wichtig, an dem er auch als EU-Parlamentarier im Rahmen seiner Möglichkeiten mitarbeiten wolle. Denn immerhin war er ja auch Angehöriger des Konvents, der den Verfassungsvorschlag ausgearbeitet hatte.
Ebenfalls Angehöriger des Konvents war Jan Zahradil, Spitzenkandidat der Demokratischen Bürgerpartei ODS. Allerdings hat Zahradil den Konvent damals vorzeitig verlassen, da er mit dem Entwurf nicht einverstanden war. Überhaupt lehnen ja weite Teile der ODS eine europäische Verfassung grundsätzlich ab. Von Radio Prag auf diesen Euro-Skeptizismus seiner Partei angesprochen meinte Zahradil bei der Veranstaltung am Montag, er könne mit Begriffen wie pro-europäisch oder euroskeptisch nur wenig anfangen:
"Ich glaube, Meinungsvielfalt ist eines der grundsätzlichen Attribute, das dem politischen Leben in allen europäischen Staaten zugrunde liegt. Und daher sind unterschiedliche Ansichten zum Modell der europäischen Integration etwas, was man schätzen sollte, anstatt es mit irgendwelchen Etiketten zu versehen."
Für den Spitzenkandidaten der Sozialdemokratischen Partei, Libor Roucek, ist es vor allem wichtig, die Kenntnisse über die europäischen Institutionen und die Aufgaben der EU in der Bevölkerung zu stärken - und zwar bereits vor den Wahlen im Juni:
"Wenn wir wollen, dass das Europäische Parlament eine größere demokratische Stellung einnimmt, dann müssen wir etwas für die Wahlbeteiligung tun. Und das ist eine sehr schwere Aufgabe. Ich muss sagen: In den Beitrittsländern, auch in der Tschechischen Republik, sind die Kenntnisse über das Europäische Parlament oder über die europäischen Institutionen im Allgemeinen sehr gering."