Straka: Ich liebe den Fußball mit ganzem Herzen!

Frantisek Straka (Foto: www.sparta.cz)

Im heutigen Sportreport stellt Ihnen Lothar Martin einen Fußballlehrer vor, der sich als Aktiver sowohl in Tschechien als auch in Deutschland einen Namen gemacht hat und der gegenwärtig dabei ist, auch als Trainer populär zu werden. Von wem die Rede ist, das verraten wir Ihnen gleich.

Wenn der größte tschechische Traditionsclub, der Fußball-Rekordmeister AC Sparta Prag, einen neuen Trainer verpflichtet, dann erregt das noch stets die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit. Wenn dieser Coach darüber hinaus ein verdienstvoller Ex-Spieler des Vereins ist, der inzwischen im Ausland lebt und nach 16 Jahren als ein für den sportlichen Bereich Verantwortlicher an seine alte Wirkungsstätte zurückkehrt, dann setzt das außerdem Emotionen frei. Und Frantisek Straka, der ehemalige Auswahlspieler (35 Länderspiele), der 1988 einen Drei-Jahres-Vertrag bei Borussia Mönchengladbach unterschrieb, die Saison 1991/92 für den FC Hansa Rostock spielte und seine Karriere danach in Wuppertal beendete, das ist Emotion pur. Sie meinen, ich übertreibe. Nun, dann hören Sie selbst, was er zunächst zu sagen hat, als ich ihn frage, ob es für ihn immer ein Traum war, in der Bundesliga zu spielen:

"Ich war ein besessener Junge, ich liebte und liebe noch immer den Fußball mit ganzem Herzen. Als kleiner Junge habe ich es irgendwie geschafft, alles zu kriegen, was damals zu holen war wie Zeitungen und Magazine mit den Fotos der Weltstars. Als ich dann zu Sparta Prag kam, dann war es erst einmal mein Traum, einen Stammplatz zu erobern, um richtig mitkicken zu können. Das habe ich auch geschafft und dann kam die Nationalmannschaft, zunächst die U 21, dann das Nationalteam. Und dann habe ich auch gemerkt, dass die Spieler, die älter waren als ich, die Erfolge zu verzeichnen hatten und die bereits die Grenze von 30 Jahren erreicht hatten, unser Land auch in Richtung Westen verlassen durften. Da habe ich mir gesagt: ´O. k. Franz, du musst das auch packen, du musst das irgendwie probieren. Das habe ich dann auch gemacht und im Hinterkopf habe ich immer so den Gedanken gehabt: ´Hoffentlich kommt ein Angebot, hoffentlich spiele ich bald draußen und werde von irgendjemandem angesprochen: Willst Du bei uns spielen´. Letztlich hat es geklappt, das war wunderbar. Ich weiß auch, dass ich der Erste bei Borussia war, der hier aus dem damaligen Osten gespielt hat. Daher war es auch wichtig, mit beiden Beinen schnell Fuß zu fassen und zu zeigen: ´Schaut her, ich bin der richtige Mann für euch!"

Was hat ihn, der mit seiner Familie inzwischen in Köln ein neues Zuhause gefunden hat, seitdem in Deutschland besonders geprägt?

"Es war damals alles neu für mich. Punkt 1: Ich war geschieden, ich habe eine neue Frau gehabt, meine Tochter ist in Deutschland geboren, was auch wichtig war. Auf einmal war ich da. Das kann man nicht beschreiben: Die Wende hier, wo zuvor alles zugeschlossen war, so dass wir kaum Informationen hatten. Obwohl, die besten Sportler hatten die Möglichkeit, ins Ausland zu gehen und dort ihre Karriere fortzusetzen. Aber erst einmal da zu leben, die Sprache richtig beherrschen zu lernen und das Benehmen kennen zu lernen, was die Menschen in Deutschland innen drin haben, das war völlig etwas Anderes. Ich habe damals vieles bewundert und mich gefragt: ´Wie ist das möglich, dass alles so sauber ist? Wie ist das möglich, dass die Menschen alle so nett zueinander sind´? Aber dann später habe ich gemerkt, dass das völlig normal ist. Aber es war trotzdem nicht einfach für mich, denn einige guckten zwischen den Fingern hindurch und fragten: Wer bist Du denn? Du bist doch ein potenzieller Arbeitnehmer´! Ja, die Rivalität im Club war sehr groß, besonders unter uns Ausländern, denn wir waren fünf ausländische Spieler, von denen pro Begegnung nur drei spielen durften. Also das war für mich nicht einfach. Andererseits waren wir so froh, weil wir Menschen in unserer Umgebung wussten, die uns total gemocht haben, weil auch wir freundlich waren, und als unsere Tochter geboren wurde, da haben wir auf einmal festgestellt: ´Hier sind wir Zuhause!´ Wir wollten diesen Schritt aber auch machen. Nicht, dass man abwandert und sich dabei doch nur zu allem gezwungen fühlt. Nein, wir wollten es, wir haben es gewollt, und wir waren happy ohne Ende, dass wir hier sind. Und die drei Jahre bei Borussia Mönchengladbach, das kann man einfach nicht vergessen. Schon nach einem halben Jahr wurde ich der Kapitän der Mannschaft, und das mit meinem gebrochenen Deutsch! Aber wahrscheinlich habe ich eine Anziehungskraft gehabt, die Spieler mitzuziehen und nur mit dem einen Gedanken zu leben, und das ist der Erfolg. Wenn ich heute nach Mönchengladbach komme und an der Fankurve vorbeigehe, dann singen die Fans auf einmal: ´Fran-ti-sek Stra-ka´. Die haben mich nicht vergessen, die wissen, wer ich bin. Bei dieser Verbindung Deutschland - Sparta Prag, da ist einfach Nostalgie im Spiel. Also, alles in allem, unser Schritt war richtig. Er war wunderbar, da ich viele Dinge gelernt habe, z. B. wie man sich äußern soll, wie man sich benehmen soll, und ich bin Deutschland einfach nur sehr dankbar dafür, dass ich so einer geworden bin, wie ich jetzt bin."

Fußball sei für ihn wie eine Droge, gibt der 45-jährige Straka unumwunden zu. Deshalb sei es für ihn nahe liegend gewesen, nach einer gewissen Übergangszeit ab dem Jahr 2000 auch als Trainer einzusteigen. Zuerst beim Wuppertaler SV, doch nur gut zwei Jahre später kam ein Anruf aus der "alten Heimat" und Straka heuerte beim FK Teplice als Co-Trainer an. Und Straka überzeugte dermaßen, dass man ihm mit Beginn der laufenden Saison 2003/04 sogleich den Cheftrainerposten übertrug. Mit Erfolg, denn Teplice schaltete unter ihm im UEFA-Cup namhafte Teams wie den 1.FC Kaiserslautern und Feyenoord Rotterdam aus. Aber seine ganze Liebe galt und gilt nach wie vor seinem Ex-Club Sparta Prag, bei dem er neun Jahre lang spielte und seine größten sportlichen Erfolge feierte. Deshalb war es für ihn einfach ein Bedürfnis, den in eine sportliche Krise geschlitterten AC Sparta nach dem Rauswurf von Vorgänger Jirí Kotrba vor rund 14 Tagen als Coach zu übernehmen.

"Als ich nach Tschechien nach Teplice kam, dann war ich sofort mit meinem Herzen bei Sparta Prag. Ich habe meine Arbeit in Teplice geleistet, das weiß jeder, aber bei Sparta bin ich halt groß geworden. Ich habe hier die für mich größten Ereignisse und Erfolge erlebt, was man einfach nicht vergessen kann. Auf einmal kam es dazu, dass der Frantisek Straka als Kandidat für den Trainerposten bei Sparta gehandelt wird, das war schön zu hören. Aber dass das Angebot so schnell kommen würde, ahnte auch ich nicht. Auf einmal sitze ich hier und spreche mit Ihnen als Sparta-Coach. Aber mir war schon bewusst, was ich tue. Man hat mir gleich gesagt, pass´ auf Franz, es gibt nur einen Weg, und zwar Erfolg. Ich habe gesagt: ´O. k. ich tue es´. Es besteht die Gefahr, zum Beispiel wenn ich es nicht packe, dann werde ich entlassen oder man wird mit mir den Vertrag nicht verlängern. Das ist aber in Ordnung, das muss ich akzeptieren. Andererseits aber war das für mich eine Riesenchance - die Riesenchance, wieder nach Hause zu gehen und einfach zu beweisen: Ich bin der richtige Mann!"

Den bis auf Platz 4 abgerutschten Prager Traditionsclub will Straka bis zu Saisonende auf Platz 2 führen, da dieser Rang zur Champions-League-Qualifikation berechtigt. Ob er danach als Sparta-Trainer weitermachen kann, hängt ganz allein von den unter ihm erzielten Ergebnissen ab. Für das am 23. Juni anstehende EM-Gruppenspiel zwischen Tschechien und Deutschland in Lissabon hat der fußballverrückte Tscheche mit deutschem Pass jedoch sein eigenes Wunschergebnis:

"Mir wäre es am liebsten, wenn die Partie unentschieden ausgeht und beide Mannschaften kommen eine Runde weiter. Wirklich, denn ich muss die Holländer nicht haben, weil mir das reicht, was ich mit Teplice gegen Feyenoord erlebt habe. Da waren sie ziemlich arrogant und hochnäsig. Daher sage ich: 1:1, Tschechien und Deutschland weiter, und ich würde mich freuen, wenn sich beide Mannschaften im Finale wieder sehen würden wie damals 1996 in England."

Straka hatte noch Vieles zu erzählen. Doch warten wir an dieser Stelle erst einmal ab, wohin der Weg des engagierten Trainers noch führen wird. In diesem Sinne, auf ein sportliches Wiederhören heute in 14 Tagen.