Die Geschichte des tschechischen Eishockeys

Brüder Jiri und Jaroslav Holík, 1972 (Foto: Lidove noviny 21.4.2004, repro Cesky hokej)

Wann das historisch erste Eishockeyspiel in den Böhmischen Ländern stattgefunden hat, lässt sich nicht eindeutig feststellen, eines jedoch ist sicher: heute ist Eishockey der Nationalsport der Tschechen und der Sport, in dem die Tschechische Republik seit ihrer Entstehung vor 11 Jahren die meisten internationalen Erfolge erzielt hat. Der Olympiasieg von Nagano 1998 ist jetzt sogar Thema einer Oper, die vor kurzem im Prager Ständetheater Premiere hatte.

In den Böhmischen Ländern spielte man wahrscheinlich um das Jahr 1888 das erste Mal Eishockey. Damals war es allerdings noch so genanntes Bandy-Hockey: auf einer Fußballfeld großen Eisfläche jagten 11 Spieler pro Mannschaft auf Schlittschuhen und mit einem kleinen Schläger ausgerüstet hinter einem Ball her. Langsam entstanden die ersten Clubs, und im Dezember 1908 wurde der tschechische Eishockeybund gegründet. Bereits einen Monat zuvor waren die Tschechen der internationalen Eishockeyföderation beigetreten. Wenig begeistert von diesem internationalen Schritt waren die österreichischen Behörden, denn noch existierte kein tschechischer Staat und die Tschechen waren Untertanen des Habsburger Kaisers.

Trotzdem fuhren die Tschechen gleich einen Monat später zu ihrem ersten internationalen Turnier. Bei ihrer Ankunft in Chamonix erlebten sie eine große Überraschung. An diese erinnert sich Jan Palous, einer der damaligen Stürmer, in einer Rundfunkaufnahme von 1956:

"Wir machten uns vor 47 Jahren auf nach Chamonix zu unserem ersten internationalen Eishockeyturnier, aber von Eishockey hatten wir damals keine Ahnung. Erst kurz vor Chamonix sahen wir im Zug bei einem anderen Spieler zum ersten Mal kanadische Schläger, Schlittschuhe und einen Puck. Auch die Regeln kannten wir nicht. So waren wir ganz überrascht, als wir sahen, dass die Tore nicht am Spielfeldrand stehen."

Bei ihrem ersten Turnier verloren die Tschechen alle Spiele und wurden letzte. Doch das hielt sie natürlich nicht vom Eishockeyspielen ab. Man trainierte fleißig und 1911 konnten sich die Tschechen in Berlin über ihren ersten Europameistertitel freuen. Damals wurde das Eishockey eher als Hobby betrieben, die Spieler zahlten die Reisen aus eigener Tasche. Um Geld für die Übernachtung zu sparen, war die Mannschaft 1911 im Nachtzug nach Berlin gereist und ging vom Bahnhof direkt zum Stadion.

1920 fand die erste Weltmeisterschaft statt. Zum ersten Mal konnten sich die europäischen Teams mit dem aus Kanada messen - alle verloren, die Mannschaft aus der inzwischen entstandenen Tschechoslowakei 15:0. Vier Jahre später, während der Winterolympiade in Chamonix, musste man sogar eine Niederlage von 30:0 gegen Kanada einstecken.

1931 konnten die Zuhörer des Prager Rundfunks erstmals eine Eishockeyreportage hören - der bekannte Sportreporter Josef Laufer kommentierte das Eröffnungsspiel des neuen Eisstadions Stvanice in Prag. Endlich war man bei den Eishockeyspielen nicht mehr auf das Wetter angewiesen. Hier fanden nicht nur 1933 und 1938 die Weltmeisterschaften statt, sondern auch 1947 und 1959.

Auf die Weltmeisterschaft von 1938 fielen bereits die Schatten der zunehmenden Spannungen in Europa. Hitler hatte seine Hetz-Kampagne gegen die Tschechoslowakei begonnen und so wurde der 3:0 Sieg über Deutschland von den Tschechen und Slowaken besonders gefeiert.

Die erste Weltmeisterschaft nach dem Zweiten Weltkrieg fand 1947 in Prag statt. Das Gastgeberland wurde dort zum ersten Mal Weltmeister. Den Erfolg wiederholten Tschechen und Slowaken 1949. Doch diese erfolgreichen Eishockey-Jahre wurden von zwei Ereignissen überschattet:

Im November 1948 sollte die tschechoslowakische Mannschaft in London antreten. Die Hälfte der Spieler war bereits in England, die andere sollte nachkommen - doch ihr Flugzeug stürzte ab. Sechs Nationalmannschaftsspieler fanden damals den Tod.

Am 13. März 1950 sollte das tschechoslowakische Team erneut nach London fliegen, diesmal, um den Weltmeistertitel zu verteidigen. Doch auf dem Prager Flughafen erfuhr die Mannschaft, dass sie nicht starten wird. Der Spieler Vaclav Rozinak sprach 1968 im Rundfunk über die damaligen Geschehnisse:

"In London wollten wir zeigen, dass die Mannschaft wirklich so gut ist, dass der Weltmeistertitel von 1949 kein Zufall war - und plötzlich kommen irgendwelche Leute und sagen, dass man da nicht hinfährt, weil keine Visa für die Reporter da sind. Zwei Tage später war es endgültig klar, dass wir bleiben. Natürlich waren wir sauer. Das ganze gipfelte dann in einer Kneipe, wo zivile Geheimpolizisten auftauchten. Irgendwie fing eine Schlägerei an, und wir landeten auf der Polizeiwache. Wir haben das noch als Scherz gesehen und dachten, wir blieben da nur über Nacht. Noch bei der Gerichtsverhandlung, als wir auf einmal wegen Landesverrat und Spionage verurteilt wurden, haben wir gelacht, und wollten das Theater nicht ernst nehmen. Der Spaß hörte auf, als wir kahl geschoren im Gefängnis landeten."

Vaclav Rozinak wurde damals zu 10 Jahren verurteilt, weitere 10 Spieler erhielten Strafen zwischen 15 und einem Jahr. Hinter diesem konstruierten Prozess stand die Angst der kommunistischen Machthaber vor einer Emigration des gesamten Teams. 1955 wurden die Spieler im Rahmen einer Amnestie aus der Haft entlassen, 1968 rehabilitiert. Sieben Hockeyspieler starben später an den Folgen der Zwangsarbeit in den Uranminen.

Seit ihrem ersten internationalen Auftritt 1954 dominierte die sowjetische Mannschaft im Eishockey. Ein Sieg gegen das gedrillte Sowjetteam war stets ein besonderer Erfolg. Für die Tschechen und Slowaken hatten die Spiele gegen den "großen Bruder" nach1968 auch politischen Charakter. Als die Tschechoslowakei bei der Weltmeisterschaft in Schweden 1969 gleich zwei Mal gegen die Sowjetunion gewann, wurde dies im ganzen Lande groß gefeiert. Ein halbes Jahr zuvor hatten sowjetische Panzer den Prager Frühling gewaltsam beendet, nun siegten die Tschechen und Slowaken gegen die Besatzer. Spieler und Zuschauer betonten die politische Bedeutung dieser Siege.

Mit der Teilung der Tschechoslowakei zum 1. Januar 1993 entstanden zwei neue Nationalmannschaften. Zunächst waren die Tschechen erfolgreicher. 1998 gewannen sie bei der Olympiade in Nagano die Goldmedaille - ein Erfolg, der von der ganzen Nation gefeiert wurde.

Dreimal hintereinander -1999 bis 2001 - wurden die Tschechen Weltmeister. Abgelöst haben sie in dieser Rolle ihre einstigen Teamkollegen, die Slowaken, die 2002 erstmals gewannen.