Stones "Comandante" hat in Tschechien wenig Erfolg

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Der kontroverse Film "Comandante"über den kubanischen Diktator Fidel Castro ist in tschechischen Kinos eingetroffen. Leere Kinosäle und keine Begeisterung, so die bisherigen Reaktionen. Regisseur Oliver Stone macht in Tschechien im Unterschied zu anderen europäischen Ländern kein gutes Geschäft. Mehr zum Thema von Dagmar Keberlova.

Fidel Castro und Oliver Stone
Wer nicht auf dem Laufenden ist, was auf Kuba geschieht, könnte, nachdem er "Comandante" sieht, meinen: ein glückliches Land. Das ist die Aussage dieses Films, in dem der "rote Diktator" Castro glorifiziert wird. Hier ein Auszug aus dem Artikel des Filmkritikers Premysl Martinek aus der Wochenzeitung Respekt:

"Stone ist mit Castros einfachen und sinnlosen Antworten wie `Auf Kuba gibt es die demokratischsten Wahlen aller Welt` zufrieden. Noch schlimmer ist die Passage, wo ein Kameramann dem Comandante über polizeiliche Verfolgung bei früheren Dreharbeiten auf der Insel erzählt. Castro empfiehlt dann Oliver Stone, diesen ´Jungen´ zum Zweck der Umerziehung auf der Insel zu lassen´. Bei diesen Szenen läuft es einem kalt den Rücken hinunter", so der Filmkritiker.

Carlos Gonzales Shanel ist Leiter eines Hilfsprojektes für kubanische Dissidenten von der Hilfsorganisation Mensch in Not und Co-Autor des Dokumentarfilms "Frühling auf Kuba" über die kubanische Opposition. Ich fragte ihn was er über "Comandante" denkt:

"Stones Team konnte das reale Kuba, das sich hinter Castros Propaganda versteckt, gar nicht kennen lernen. Wenn sie mit den Dissidenten - und unter ihnen mit dem weltberühmten Oswaldo Paya - nicht gesprochen haben, wenn sie die politischen Häftlinge in den Gefängnisse nicht besucht haben, dann kann der Film nicht objektiv sein. Die Bedingungen für einen solchen Besuch waren gegeben, aber Stone ignorierte diese andere Seite der Medaille. Er teilte nur die eine kubanische Realität mit, und daher ist der Film nicht objektiv."

Noch schlimmer ist die Art, wie Stone für seinen Film Werbung machte, schreibt in seinem Respekt-Artikel Martinek weiter:

"Der Filmproduzent, die Fernsehgesellschaft HBO, beschloss nach den Verhaftungen von 75 kubanischen Dissidenten im Mai vergangenen Jahres und den Hinrichtungen einiger zu Unrecht verurteilter Personen, den Film nicht zu senden. So machte sich Stone auf die triumphale Reise durch die europäischen Festivals, wo er mit großem Erfolg, Goebbels Anweisungen erfüllend, über Zensur in den manipulierten amerikanischen Medien sprach."

Wie kann nach 40 Jahren kommunistischer Diktatur in Mittel- und Osteuropa so etwas möglich sein? Carlos Gonzales Shanel weiter:

"Das ist sehr einfach. Man muss zwischen dem postkommunistischen Europa und Westeuropa unterscheiden. In den postkommunistischen Ländern hat der Film sicher nicht so viel Erfolg. Als ich den Film sah, waren mit mir im fast leeren Saal nur noch drei weitere Menschen. Länder wie Tschechien, Polen, Ungarn und die Slowakei wissen ziemlich genau, was ein totalitäres Regime stalinistischer Art bedeutet. Wenn Menschen in diesen Ländern den Film sehen, wissen sie sicher, dass er nicht die Realität zeigt. In Deutschland, Schweden, Italien, also in Ländern, die nicht Kubas Erfahrung hinter sich haben, kann man nur schwer verstehen, was Terror, Unterdrückung und Verfolgung wegen einer eigenen Meinung ist. Natürlich können sie dann diesem Film, der absolut falsch ist, glauben."

Tschechien habe unter den postkommunistischen Ländern noch eine besondere Rolle:

"Ich glaube, dass es in Tschechien viel mehr Sensibilität und Bewusstsein für Kuba gibt als in jedem andern Land Europas. Und dies sage ich mit aller Verantwortung. Dies ist unter anderem Vaclav Havel zu verdanken, der sich seitdem sein Präsidentenmandat vorbei ist, keinem anderen Thema als dem Kampf für Menschenrechte auf Kuba, in Weißrussland und in Nordkorea gewidmet hat. Tschechien hat eine Moralautorität, die größer als die anderer Länder ist, und die es versteht Moral anzuwenden. Das ist sehr wertvoll."