Tschechien thematisiert die Lage der Menscherechte auf Kuba
In der heutigen Ausgabe unserer Sendereihe Schauplatz befasst sich Robert Schuster mit dem Engagement der tschechischen Außenpolitik in der Frage der Wahrung der Menschenrechte auf Kuba.
Anfang des Jahres hatte die EU sogar ernsthaft überlegt, eine gänzlich neue und für die Mitglieder verbindliche Kuba-Politik zu beschließen. Dabei sollte unter anderem auch einer langjährigen Forderung des Castro-Regimes entsprochen werden, künftig keine Vertreter der Opposition zu Festen oder Empfängen in den Botschaften der EU-Mitgliedsländer einzuladen. Dieser Punkt scheiterte jedoch am Widerstand einiger Länder, zu denen neben Tschechien auch Deutschland und Polen gehörten.
Das starke Engagement Tschechiens in der Frage der Wahrung der Menschenrechte auf Kuba mag vielleicht ein wenig überraschen. Dennoch war auch der jüngste Vorstoß von Außenminister Svoboda auf EU-Ebene kein einsamer Schuss vor den Bug, sondern einer von vielen Schritten, die Prag in dieser Angelegenheit in den vergangenen Jahren unternommen hat.
Parallel zu den Aktivitäten hochrangiger tschechischer Politiker in der Kuba-Frage verläuft aber das tschechische Engagement in dieser Angelegenheit seit Jahren auch noch auf einer anderen, nämlich der humanitären Ebene. Dabei federführend ist die Stiftung "Clovek v tisni", was soviel wie "Mensch in Not" bedeutet, die ursprünglich vom Tschechischen Fernsehen ins Leben gerufen wurde.
Eigentlich müsste man meinen, dass Tschechien und Kuba zwei völlig unterschiedliche Länder sind, die nicht nur geographisch, sondern insbesondere kulturell und sprachlich stark von einander entfernt sind, so dass es auf den ersten Blick keine großen Traditionen in den gegenseitigen Beziehungen geben kann. Dass aber in Wirklichkeit das Gegenteil der Fall ist, erklärt uns im folgenden Frau Dana Baschova, von der bereits erwähnten humanitären Organisation "Mensch in Not":
"Eigentlich sind wir gar nicht so entfernt von Kuba. Kuba ist ein kommunistisches Land, und es nicht so lange her, da hatten auch wir in der ehemaligen Tschechoslowakei ein ähnliches System. Also die Gemeinsamkeiten sind durchaus gegeben. Wir haben die gleichen persönlichen Erfahrungen mit dem realen Sozialismus, und gerade deshalb sind wir der Meinung, dass wir Kuba helfen sollen, weil wir wissen, worum es dort geht. Ansonsten darf man nicht vergessen, dass die Tschechoslowakei vor 1989 der zweitgrößte Handelspartner Kubas - gleich nach der Sowjetunion - war. Zudem gab es auch ganz viele Kontakte zwischen den Menschen beider Länder, weil viele Kubaner in der ehemaligen Tschechoslowakei gearbeitet oder studiert, und genauso viele Tschechen und Slowaken auf Kuba gelebt haben. Das alles verlief im Rahmen des so genannten 'brüderlichen Austausches'. Da gibt es also Einiges, was uns irgendwie verbindet. Seit der Wende ist die Wahrung der Menschenrechte in der Welt zudem zu einer der Prioritäten der tschechischen Außenpolitik geworden."
Begonnen hat alles Ende der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Damals war Tschechien Mitglied der UNO-Menschenrechtskommission in Genf und in dieser Eigenschaft auch maßgeblich für die Abfassung von zweier äußerst kritischen Berichten verantwortlich, in welchen die Menschenrechtslage auf Kuba stark angeprangert wurde. Das Castro-Regime reagierte immer prompt und veranstaltete zum Beispiel eine Reihe von Protestkundgebungen vor der tschechischen Botschaft in Havanna.Später setzte Prag in Bezug auf Kuba noch weitere Schritte, die für einiges Aufsehen sorgten. So wurde etwa der frühere tschechische Präsident Vaclav Havel, der vor der Wende selber ein Kritiker des kommunistischen Regimes war, nach seinem Ausscheiden aus dem höchsten Staatsamt im Frühjahr 2003 von Außenminister Cyril Svoboda zum Sonderbeauftragten für Kuba ernannt. Damit bekam das tschechische Engagement in Bezug auf Kuba auch ein konkretes und im Ausland populäres Gesicht.
Seit Tschechien Mitglied der EU ist, versucht die Regierung ihr Engagement in Bezug auf Kuba auch auf die gesamte Gemeinschaft zu übertragen. Warum wurde das aber bisher von keinem größeren Erfolg gekrönt? Dazu meint Dana Baschova von Mensch in Not:
"Ich meine, dass einer der wichtigsten Gründe der ist, dass die meisten Länder in der Europäischen Union eigentlich gar kein Interesse an Kuba haben, über keine Informationen über die Lage dort verfügen und daher völlig indifferent sind. In der Vergangenheit war es eigentlich immer so, dass in der Kuba-Frage Spanien die Rolle des Wortführers zufiel, was mit den kulturellen Traditionen und den geschichtlichen Bindungen zusammenhing. Man hat immer gemeint, Spanien hat das notwendige Know-How in Sachen Kuba. Da hat sich aber in der letzten Zeit die Situation geändert, weil die neuen Mitgliedsländer der Europäischen Union hier eine ganze andere Position vertreten als die alten, und zwar gerade auf Grund ihrer eigenen Erfahrung mit dem kommunistischen Regime. Vielerorts in Europa überwiegt oft die Meinung, dass die Lage auf Kuba durch das jahrzehntelange amerikanische Embargo verursacht wurde, und dass es sich somit um ein amerikanisch-kubanisches Problem handle. Aber in Wahrheit liegt das Problem auf Kuba und bei dessen kommunistischem Regime."
Auf europäischer Ebene versucht also die Tschechische Republik in der Kuba-Frage Akzente zu setzen. Wie ist es aber in Tschechien selbst? Gibt es in der heimischen Politik im Zusammenhang mit diesem Thema einen allgemeinen Konsens unter den politisch Verantwortlichen? Unterstützen auch die anderen Parteien die relativ offensive Politik des gegenwärtigen tschechischen Außenministers Cyril Svobodas? Hören Sie dazu Dana Baschova:
"Ja, sicher. Hier besteht breiter politischer Konsens. Eigentlich alle Parteien haben sich in dem Sinne geäußert, dass sie die Vorgehensweise des Außenministers unterstützen würden. Nur die Kommunistische Partei vertritt hier natürlich eine andere Meinung."
Wegen des starken Engagements tschechischer Regierungs- und Nichtregierungsstellen ist es in den vergangenen Jahren zeitweise auch zu einer temporären Verschlechterung der politischen Beziehungen zwischen Prag und Havanna gekommen. So kam es nicht nur zu den bereits erwähnten Demonstrationen vor der tschechischen diplomatischen Mission in Havanna, sondern erst kürzlich wurde zum Beispiel dem stellvertretenden tschechischen Außenminister Pavel Svoboda die Einreise nach Kuba verwehrt.
Muss also unter diesem Auf und Ab in den diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern zwangsläufig nicht auch die Tätigkeit der nichtstaatlichen humanitären Organisationen leiden? Dazu meint Dana Baschova von Hilfsorganisation Mensch in Not:
"Das würde ich nicht so sehen. Ich denke nämlich, dass es für eine spanische Hilfsorganisation genau so schwierig ist auf Kuba Hilfe zu leisten, wie für eine tschechische. Wenn wir wirklich wollen, dass die humanitäre Hilfe zu jenen Menschen gelangt, die sie auch wirklich brauchen, dann stößt man immer auf ein Problem, nämlich auf die lokalen offiziellen Stellen auf Kuba, die diese Möglichkeiten stark erschweren."
Die tschechische Nichtregierungsorganisation Mensch in Not versucht, auf die Menschrechtslage in Kuba auf verschiedene Weise aufmerksam zu machen. Seit dem Jahr 2004 stellt Mensch in Not regelmäßig im Frühjahr einen großen Käfig auf dem Prager Wenzelsplatz auf, wobei prominente Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens dann - angezogen in gestreifte Gefangenen-Anzüge - in diesen Käfig eingeschlossen werden und so versuchen, den vorbeigehenden Passanten in Erinnerung zu rufen, dass auf Kuba nach wie vor Menschen in Gefängnissen einsitzen müssen, die das Regime von Fidel Castro ablehnen.
Daneben organisiert Mensch in Not noch eine Reihe von konkreten Hilfsmaßnahmen. So werden zum Beispiel Spenden für die Familien der inhaftierten Regimekritiker gesammelt, oder diese Familien können symbolisch adoptiert werden. Einen besonderen Stellenwert in der Kuba-Kampagne von Mensch in Not nehmen freiwillige Kuriere ein, die regelmäßig nach Kuba aufbrechen, um dort die Hilfe an die Bedürftigen weiter zu geben.
Das Echo der Öffentlichkeit ist laut Frau Baschova sehr positiv, was sich immer wieder vor allem bei den diversen Sammelaktionen zeigen würde. Gleichzeitig würden aber viele Tschechen auch die Frage stellen, wie lange es den Kommunismus auf Kuba wohl noch geben wird. Wie stark ist eigentlich der Fortbestand dieses politischen Systems mit der Person des Diktators Fidel Castros verbunden? Hören Sie dazu abschließend noch einmal Frau Dana Baschova von der tschechischen Hilfsorganisation Mensch in Not:
"Zunächst muss ich sagen, dass ich mir gar nicht vorstellen kann, dass Fidel Castro einmal abtreten würde. Aber ansonsten gilt, dass seine Persönlichkeit ganz besonders wichtig ist für das kommunistische Regime. Die Frage ist natürlich, was passiert, wenn er eines Tages nicht mehr da ist. Man muss fragen, ob dann eine Änderung in Richtung Demokratie eintritt, ob diese dann sofort kommt, wie in Osteuropa, oder ob es zunächst zu einer Zwischenphase kommen wird, zu so einer Art Perestroika, und erst dann zu einer wirklichen und vollen Demokratisierung im eigentlichen Sinn. Das kann man natürlich nur schwer voraussagen."