Sechzig Jahre nach dem Krieg: Die Stimmen der Zeitzeugen
Fast sechzig Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs hat die unabhängige Bürgerinitiative Post Bellum ein ehrgeiziges Projekt in Angriff genommen: Die Erinnerungen noch lebender Kriegsveteranen aus der ehemaligen Tschechoslowakei werden als Tondokumente aufgezeichnet, digitalisiert und so für die Nachwelt erhalten. Und zwar auf dem Server des Tschechischen Rundfunks. Am Dienstag wurde das Projekt offiziell vorgestellt, Gerald Schubert war dabei:
Mikulás Kroupa, der Vorsitzende der Vereinigung Post Bellum, ist unser Kollege von der tschechischen Redaktion von Radio Prag. Zur Entstehungsgeschichte des Projekts sagte er uns kurz vor der Pressekonferenz:
"Die Idee entstand folgendermaßen: Wir haben hier im Archiv des Tschechischen Rundfunks gesucht, ob es überhaupt ungeschnittene, ungekürzte Aussagen von Zeitzeugen gibt. Und dabei haben wir festgestellt, dass während der kommunistischen Zeit die persönlichen Geschichten der Veteranen zu Propagandazwecken missbraucht worden waren. Die Aussagen wurden oft komplett entstellt, und so hat die heutige Generation eigentlich nichts, woraus sie schöpfen kann. Das gilt für Journalisten ebenso wie für junge Historiker."
Von der Idee zur Umsetzung ist es bekanntlich oft ein weiter Weg. Der tschechische Rundfunk stellte die Aufnahmetechnik zur Verfügung, Geld kam vom Stiftungsfonds für die Opfer des Holocaust sowie vom Deutsch-tschechischen Zukunftsfonds. Insgesamt fünfzehn Redakteure, die aus einer öffentlichen Ausschreibung als Projektmitarbeiter hervorgegangen sind, konnten sich schließlich an die Arbeit machen. Wie aber hat man die Zeitzeugen ausfindig gemacht? Mikulás Kroupa:"Es war sehr viel Arbeit, eine Datenbank mit all den Zeitzeugen zusammenstellen, die heute noch leben. Am Anfang haben wir uns auf verschiedenen Veteranentreffen herumgetrieben, und haben die Leute dort auch nach ihren Freunden und Bekannten gefragt. Die sind uns dann entgegengekommen."
Ungefähr 320 Tonaufnahmen wurden bisher gemacht. Die so gewonnenen Zeugnisse werden ungeschnitten auf CD aufbewahrt. In bearbeiteter Form kommen sie auf die Website des Tschechischen Rundfunks, wo sie in einer längeren und einer kürzeren Fassung für jedermann abrufbar sind. Dazu gibt es die Texte auch in transkribierter Form, und natürlich gibt es auch Fotos, die die Zeitzeugen zur Verfügung gestellt haben."Als die Alliierten bereits Paris eingenommen hatten, wurden wir nach Frankreich verlegt...", erzählt Karel Vasek. Er war an der Westfront. Andere Tschechen und Slowaken hatten sich in den Osten abgesetzt und kämpften von dort aus gegen Hitlerdeutschland. Und manche endeten - so die hinlänglich bekannte Ironie der Geschichte - auch in sowjetischen Internierungslagern. Wenn Sie mehr über die Geschichte und die Geschichten von Karel Vasek und den anderen Zeitzeugen erfahren wollen, dann blicken und hören Sie ins Internet: