Sozialdemokraten bestätigen Kurs zur Regierungsbildung
Seit einigen Wochen gibt es beinahe täglich neue Entwicklungen auf dem Weg zu einer neuen tschechischen Regierung. Selbst an Wochenenden wird verhandelt - wie auch an diesem Sonntag, an dem das Zentrale Exekutivkomitee der Sozialdemokratischen Partei (CSSD) zusammentrat und über die bisherige Strategie der Regierungsbildung beriet. Gerald Schubert berichtet:
"Miroslav Kalousek will Finanzminister werden. Ich sage ganz offen: Diese Wertigkeit hat er für uns nicht. Die Sozialdemokratie muss die Kontrolle über die öffentlichen Finanzen der Tschechischen Republik behalten, und es kommt nicht in Frage, dass wir das Finanzministerium irgendjemand anderem übergeben."
Soweit der designierte CSSD-Chef Stanislav Gross. Der Christdemokrat Kalousek relativiert:
"Das ist ein legitimer Standpunkt, der aber von einer falschen Prämisse ausgeht. Ich selbst habe nämlich keine konkreten Forderungen, was meinen zukünftigen Posten betrifft, und werde dadurch die Koalitionsverhandlungen nicht verkomplizieren. Wenn aber der Koalitionspartner darauf bestehen sollte, dass ich persönlich Regierungsverantwortung übernehme, dann kann ich mir vorstellen, ins Finanzministerium zu wechseln."
Kalousek ist jedoch derzeit Vorsitzender des Haushaltsausschusses im Abgeordnetenhaus, und hat daher ohnehin eine nicht geringe Macht im Budgetbereich. Dass er sich zur Übernahme eines anderen Ministeriums überreden lassen wird, gilt daher als eher unwahrscheinlich. Nur: Viele Sozialdemokraten wollen Kalousek im Kabinett dabei haben. Denn, so die Überlegung: Der Chef einer Koalitionspartei soll nicht zum äußeren Störenfried gegenüber der Ministerriege werden.
Soweit die Ränkespiele um Postenbesetzungen, wie sie in Koalitionsverhandlungen üblich sind - nicht nur in Tschechien. Was aber die generelle Linie betrifft, also eine Neuauflage der sozialliberalen Koalition mit noch nicht näher definierten Rochaden im Kabinett, so gab es im Exekutivkomitee der Sozialdemokraten grünes Licht für Chefunterhändler Gross: Von den ungefähr 140 anwesenden Mitgliedern enthielten sich nur fünf der Stimme. Alle anderen waren für den begonnenen Weg. Darunter auch der bisherige Premier und der bisherige CSSD-Chef, Vladimir Spidla, der diesen Weg ja einst eingeschlagen hatte.