In Tschechien ging eine neue Fernsehstation auf Sendung - das Parlamentsfernsehen "24cz"
Und nun ist es wieder Zeit für die Mediensendung von Radio Prag. Bei einer weiteren Ausgabe von "Im Spiegel der Medien" begrüßt Sie diesmal Robert Schuster.
Die Idee, den parlamentarischen Alltag auf diese Weise den Bürgern näher zu bringen, ist an sich nicht neu und hat schon vor Jahren in einigen Ländern Europas, wie auch außerhalb des alten Kontinents, erfolgreich Fuß gefasst. Auch im benachbarten Deutschland werden schon seit einigen Jahren die Parlamentssitzungen entweder zur Gänze oder auszugsweise auf speziellen Fernsehsendern ausgestrahlt, wie zum Beispiel dem Fernsehkanal Phoenix, der von den beiden deutschen öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten ARD und ZDF getragen wird.
Für die Betreiber des tschechischen Fernsehkanals "24cz" gab es also genügend Vorbilder, wie Leos Pohl von der Betreibergesellschaft RegionMedia im Gespräch mit Radio Prag erläutert:
"Ich denke, dass es genügend Vorbilder im Ausland gibt - sowohl in Europa, wo es sich vor allem um eine Angelegenheit von öffentlich-rechtlichen Medien handelt, als auch in Übersee. Unser eigentliches Vorbild war das amerikanische Parlamentsfernsehen - C-Span - mit mittlerweile drei Programmkanälen. Ursprünglich entstand C-Span durch den Zusammenschluss einiger Satelliten- und Kabelanbieter, die auf diese Weise zu erkennen geben wollten, dass sie fähig sind, dem öffentlichen Sektor diese Dienstleistungen anzubieten."
Dennoch betreten laut Pohl die Gestalter des tschechischen Parlamentsfernsehens zumindest in Mittel- und Osteuropa Neuland. Mit Ausnahme von Rumänien, wo eine vergleichbare Station im Frühjahr nächsten Jahres auf Sendung gehen soll, gibt es seinen Worten zu folge etwas Ähnliches bislang in keinem anderen mitteleuropäischen Land.
Der Sendestart des tschechischen Parlamentssenders fiel zufälligerweise in eine Zeit, in der auf Grund der äußerst geringen Beteiligung bei den jüngsten Senatswahlen von vielen Beobachtern und Kommentatoren eine relativ starke Politikverdrossenheit bei weiten Teilen der Bevölkerung beklagt wurde. Obwohl dieser Trend einer abnehmenden Zufriedenheit mit der Arbeit der Volksvertreter schon seit einigen Jahren festzustellen ist, gehören die politischen Sendungen der drei landesweiten tschechischen Fernsehanstalten - vor allem jene, wo es zu einer gegenseitigen Konfrontation von mehreren Politikern kommt - nach wie vor zu großen Publikumsmagneten. Politik als Fernsehunterhaltung scheint demnach bei einer relativ großen Zahl von Tschechen immer noch attraktiv zu sein. Können sich also die Betreiber des noch jungen tschechischen Parlamentsfernsehens auf diesen Umstand stützen und von einem allgemein vorhandenen Grundinteresse der Zuschauer am politischen Geschehen ausgehen? Welche Zuschauer will "24cz" ansprechen? Hören Sie dazu Leos Pohl:
"Unsere Ausrichtung ist in zwei Etappen angelegt. In der ersten wollen wir unsere Dienste vor allem verschiedenen Institutionen des öffentlichen Bereichs und der Verwaltung anbieten. In einer zweiten Etappe würden wir uns dann auch stärker auf die Öffentlichkeit konzentrieren. Natürlich hängt letzteres auch davon ab, wie stark diesbezüglich das Interesse von Seiten der tschechischen Öffentlichkeit wäre. Die letzten Wahlergebnisse, bzw. die Beteiligung bei den Wahlen zeigt, dass es zwingend notwendig ist, die Öffentlichkeit stärker in die Politik einzubeziehen und das politische Geschehen auf diese Weise auch stärker zu kontrollieren."
Eine weitere wichtige Frage, die sich im Zusammenhang mit diesen Spartenprogrammen in den Vordergrund drängt, ist jene nach der Finanzierung von solchen Projekten. RegionMedia, die Muttergesellschaft von "24cz" geht davon aus, dass der jährliche Betrieb des tschechischen Parlamentsfernsehens etwa 25 Millionen Kronen (das wären umgerechnet 810 000 Euro) kosten wird. Da es sich bei der Betreibergesellschaft von "24cz" um eine private Firma handelt, kann nicht angenommen werden, dass der Betrieb aus öffentlichen Mitteln finanziert werden könnte. Das relativ spezifische Programmangebot wird wohl wiederum nicht für Werbepartner attraktiv sein. Dazu meint Leos Pohl:
"Der Sendestart wurde aus Eigenmitteln der Gesellschafter von RegionMedia gedeckt, die auch die Sendelizenz erhielt. Finanziell geholfen hat auch der landesweit größte Kabelanbieter UPC, der nebenbei auch die Ausstrahlung des Signals per Satellit garantiert. Werbung als Geldquelle kommt nicht nur wegen des Spartencharakters unseres Senders nicht in Frage, weil sich die Zuschauerquoten bei diesen und ähnlichen Programmen bei einigen Promill bewegen. Es ist auch ein anderer wichtiger Grund im Spiel, nämlich dass diese Werbetätigkeit auch Einfluss auf die Programmgestaltung des Senders haben könnte. In erster Linie wollen wir also durch das Angebot an öffentliche Stellen Einnahmen bekommen. Eine weitere Finanzierungsquelle könnten dann verschiedene Förderprogramme sein, die dafür vorgesehen sind."
Das Sendeschema von "24cz" versucht von Anfang an dem Namen der Station zu entsprechen und den Zuschauern 24 Stunden lang ein Programmangebot zu bieten. Dennoch werden aber vor allem in den Sommermonaten, während der parlamentarischen Sommerpause, die Programmgestalter des tschechischen Parlamentsfernsehens ein wenig improvisieren müssen, wie Leos Pohl von dessen Betreibergesellschaft abschließend eingesteht:
"Es lässt sich sagen, dass wir die erste Etappe unseres Programmziels erfüllt haben. Nämlich den Zuschauern Aufzeichnungen aus dem Plenum und den Ausschüssen zu bieten. In einem zweiten Schritt wollen wir das auf Live-Übertragungen aus beiden Kammern ausweiten. Wir planen aber ebenfalls, dass es in naher Zukunft auch spezielle, moderierte Diskussionssendungen geben soll, wo z.B. über die aktuelle Haushaltsdebatte diskutiert werden könnte. Was die Parlamentsferien angeht, so ist das für uns tatsächlich noch eine harte Nuss. Zum einen wollen wir die parlamentarischen Highlits der abgelaufenen Parlamentssaison wiederholen, aber daneben planen wir noch eine Ausweitung des Programmangebots. Aber das ist gegenwärtig noch ein Betriebsgeheimnis."