Neuer Skandal: Öffentliche Fördergelder werden betrügerisch vergeben

Wie wir bereits in dieser Woche berichtet haben, will der tschechische Staat ab dem Jahr 2006 massive Haushaltskürzungen bei den Ausgaben vornehmen. Vermutlich wird dann ein Ministerium stark betroffen sein, das gerade jetzt mit einem handfesten Skandal negative Schlagzeilen macht - das Ministerium für regionale Entwicklung. Denn wie die auflagenstärkste Prager Tageszeitung "Mlada fronta Dnes" in ihren jüngsten Ausgaben berichtet, sollen Fördergelder im Bereich der regionalen Entwicklung durch unlautere Absprachen, die mit entsprechenden Provisionen verbunden sind, mehrfach zahlungskräftigen Auftragnehmern zugeschanzt worden sein. Näheres dazu von Lothar Martin.

In ihrer Donnerstagausgabe berichtete die "Mlada fronta Dnes" über einen Fall, bei dem der südmährische Unternehmer Dusan Kubicek dem stellvertretenden Bürgermeister der Stadt Kurim, David Holman, die Möglichkeit unterbreitet hat, in betrügerischer Art und Weise an solche Fördergelder heranzukommen. Das System dafür, so Unternehmer Kubicek, sei ganz einfach: mit drei Prozent der Fördergelder werden Beamte und Politiker bedacht, wenn sie dafür Sorge tragen, dass bei der Auftragsvergabe des an die Fördermittel geknüpften Projekts der "gewünschte" Auftragnehmer das Rennen macht. Die von Kubicek und Holman im Juni geführten Verhandlungen wurden von der "Mlada fronta Dnes" im Einverständnis mit dem Vize-OB durch eine versteckte Kamera festgehalten. Gegenüber dem Tschechischen Rundfunk stellte Holman noch einmal dar, wie eine solche Auftragsvergabe läuft:

"Die Gemeinde manipuliert de facto das Auswahlverfahren, indem sie die Firmen anspricht, die in gewisser Weise in dieses Spiel involviert sind. Von denen gewinnt eine ganz konkrete Firma, und zwar jene, die dann auch den mit den Fördergeldern verknüpften Auftrag realisiert."

Das tschechische Finanzministerium zeigte sich von den in der Presse gemachten Enthüllungen nicht überrascht, da es schon seit einiger Zeit bemängelte, dass die im Ministerium für regionale Entwicklung eigentlich eingebauten Kontrollmechanismen nicht mehr funktionieren. Verantwortlich dafür gemacht wird der amtierende Justizminister Pavel Nemec (US-DEU), der Vorgänger von Jirí Paroubek im Amt des Ministers für regionale Entwicklung. Nemec soll nämlich dem Blatt zufolge schon im zweiten Monat nach seinem Amtsantritt die interne Sektion zur Finanzkontrolle aufgelöst haben. Daher ist es nicht verwunderlich, dass sich sein Nachfolger Jirí Paroubek vehement dagegen wehrt, die Verfehlungen unter seiner Amtsführung geduldet zu haben:

"Während der vier Monate, seit denen ich die Funktion des Ministers für regionale Entwicklung ausübe, habe ich mehrere Veränderungen auf den Positionen der Bereichs- bzw. Abteilungsleiter des Ministeriums vornehmen lassen. In einigen dieser Fälle erfolgte die Ablösung sogar nur auf der Grundlage des Verdachts der Führung von korrupten Verhandlungen, d. h. ohne konkrete Beweise in der Hand zu haben."

Dennoch, das Ministerium für regionale Entwicklung hat durch die in der Presse vorgenommenen Veröffentlichungen über die Bestechlichkeit seiner Beamten, die weit über den einen zitierten Fall hinausgeht, großen Schaden genommen. Oppositionsführer Mirek Topolánek, dessen Demokratische Bürgerpartei (ODS) in der Wählergunst derzeit ganz klar an der Spitze liegt, hat bereits verkündet, dass er bei der erhofften Machtübernahme nach den Abgeordnetenhauswahlen 2006 als erstes dieses Ministerium abschaffen lässt. Daher erklärte Minister Paroubek auch ganz unmissverständlich:

"Solch eine Angelegenheit lasse ich gründlich überprüfen. Und wenn sich der Verdacht bestätigen sollte, dann werde ich selbstverständlich kompromisslose personelle Maßnahmen treffen sowie weitere unerlässliche Maßnahmen vornehmen lassen, zu denen auch rechtliche Schritte gehören."