Klaus und Bush diskutieren "grundlegende Fragen der Weltpolitik". Visa-Problem kommt nicht zur Sprache
Selten gleichen die Titelseiten der tschechischen Tagesszeitungen einander so wie die der Mittwochausgaben: Überall das Foto, auf dem sich das tschechische Staatsoberhaupt Václav Klaus und US-Präsident George W. Bush im Weißen Haus die Hand reichen. Und auch sonst ist die journalistische Begleitmusik zu der kurzen Washingtoner Stippvisite relativ laut. Warum das so ist, dieser Frage ist Gerald Schubert nachgegangen.
Die Unterredung zwischen Klaus und Bush wurde hierzulande also überaus aufmerksam verfolgt. Doch die im wahrsten Sinne des Wortes minutiöse Berichterstattung und die allgegenwärtige Versicherung einer tschechisch-amerikanischen Schönwetterpolitik stehen in eigentümlichem Gegensatz zu den Umständen des Besuches: Das Weiße Haus hatte den Termin erst am Montagabend bestätigt, ungewöhnlich kurz für ein Treffen zweier Präsidenten.
Klaus selbst hatte erklärt, wie sich die Visite angebahnt hatte: Ende Februar hatte er in Brüssel am EU-USA-Gipfeltreffen ein paar Worte mit Bush gewechselt. Er habe ihm erzählt, dass er demnächst in den USA sein Buch über den Demokratisierungsprozess in Tschechien nach dem Fall des kommunistischen Regimes vorstellen werde. Und da habe Bush ihn aufgefordert, ihn bei dieser Gelegenheit doch zu besuchen. Gesagt getan:
"Ich habe ihm ein Exemplar meines Buches gegeben, das tags zuvor in Dallas herausgekommen ist. Dann haben wir über einige grundlegende Fragen der Weltpolitik diskutiert. Ich glaube, zurzeit ist für ihn und auch für uns der Mittlere Osten das wichtigste Thema. Wir haben aber auch lange über die politische Lage in Europa und lange über die Situation in der Tschechischen Republik gesprochen - inklusive der derzeitigen Regierungskrise", sagte Klaus.Die Frage der Visa allerdings, die tschechische Bürger bei der Einreise in die USA benötigen und die der heimischen Diplomatie schon seit langem ein Dorn im Auge sind, die wurde nicht angesprochen. Doch die politische Öffentlichkeit hierzulande stellt sich ohnehin lieber die Frage, welche Signalwirkung der Besuch nun hatte. Denn Klaus, der wirtschaftsliberale Ökonomieprofessor mit einem ausgeprägten Hang zur Philosophie "mehr privat, weniger Staat" müsste in den USA eigentlich recht gut ankommen. Wenn, ja wenn da nicht die Meinungsverschiedenheiten rund um den Irakkrieg gewesen wären, dem Klaus damals ablehnend gegenüber stand. Die sozialliberale Regierung in Prag wollte ebenfalls nur dann mitmachen, wenn es ein UN-Mandat gibt oder wenn Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen einsetzt. Also passte Tschechien nicht so recht in die so genannte "Koalition der Willigen", die die USA in ihrem Feldzug unterstützt hatte.
Ob es nun vor dem Hintergrund der Entspannung in den transatlantischen Beziehungen auch noch ein tschechisch-amerikanisches Tauwetter gibt oder überhaupt geben muss, das sei dahingestellt. Fest steht jedenfalls, dass die 34-minütige Stippvisite bei Bush als der bisher "größte diplomatische Erfolg" von Präsident Klaus gilt.