Chiphersteller baut Fabrik aus: Schlüsselinvestition für die technologische Zukunft in Tschechien
Tschechien ist ein hochindustrialisiertes Land. Lange galt es aber als verlängerte Werkbank des Westens. Nun hat der US-amerikanische Halbleiterhersteller Onsemi angekündigt, seine Fabrik in Ostmähren auszubauen. Laut der tschechischen Regierung und Wirtschaftsvertretern bedeutet dies einen Meilenstein auf dem Weg zu einer innovativen Volkswirtschaft.
Kurz bevor am Mittwoch die Börse an der Wall Street eröffnete, verkündete der Halbleiterhersteller Onsemi seine Entscheidung über eine wichtige Investition. Demnach will das US-amerikanische Unternehmen seine Fabrik in Ostmähren ausbauen. Zwei Milliarden Dollar (1,86 Milliarden Euro) sollen in den Firmenstandort in Rožnov pod Radhoštěm / Rosenau unter dem Radhoscht investiert werden. Diese Zusage hat bei der tschechischen Regierung für Begeisterung gesorgt.
„Es ist ein großer Erfolg, weil diese Investition genau auf jenen Bereich abzielt, den wir weiterentwickeln und strategisch ausbauen wollen. Sie stärkt jenen Teil der industriellen Produktion, der einen hohen Mehrwert schafft. Und sollte die Investition in vollem Umfang erfolgen, dann wäre es die größte ihrer Art in der Geschichte Tschechiens als eigenständiger Staat“, so Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten) bei einer Pressekonferenz, die am Mittwoch schnell einberufen wurde.
Um das Projekt hatte Tschechien zusammen mit den USA und Südkorea gebuhlt. Was aber war ausschlaggebend für den Zuschlag? Der Premier:
„Zum einen die Qualität, die in dem Onsemi-Werk in Rožnov gefertigt wird, inklusive des ganzen Umfelds. Dazu gehört die Kooperation mit der Wissenschaft an den Universitäten. Das war die grundlegende Bedingung. Hinzu kam das Bemühen meiner Regierung. Durch geschicktes Verhandeln haben wir die Investition bekommen.“
Eine gewisse Unsicherheit besteht aber weiter. Denn die tschechische Regierung wird mit Onsemi erst noch über den Umfang und die Form der Investitionsanreize verhandeln, auf die sich beide Seiten vorläufig verständigt haben. In welcher Höhe beispielsweise Steuerferien genehmigt werden könnten, wollte am Mittwoch noch niemand verraten. Dennoch wagte der Präsident der Handelskammer (HK ČR), Zdeněk Zajíček, in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks eine Schätzung:
„Ich nehme zwar nicht an den Verhandlungen teil, denke aber, dass sich die Anreize im Bereich von einem Viertel der Investitionskosten bewegen dürften. Dies gehört heutzutage zu den strategischen Entscheidungen von Firmen hinzu, ob es uns gefällt oder nicht. Es ist Teil des Wettbewerbs um solche Unternehmen zwischen den Staaten auf der ganzen Welt.“
Die tschechische Regierung und Wirtschaftsvertreter sind sich zudem einig, dass es sich um eine Schlüsselinvestition handle. Bisher fertigt Onsemi in Ostmähren zehn Millionen Chips am Tag. Die Zahl soll sich laut Premier Fiala nun vervielfachen. Und Industrieminister Jozef Síkela (parteilos) ergänzte:
„Halbleiter sind sozusagen die Zellen der modernen Ökonomie. Man findet sie in einer ganzen Reihe an Technologien – von der Elektronik über die Energieproduktion bis hin zur Autoindustrie. Bei der Herstellung von Halbleitern unabhängig zu sein, ist absolut grundlegend für jedes Land, das eine moderne Industrie aufbauen will. Tschechien bemüht sich schon seit langem genau darum.“
Síkela betonte des Weiteren, dass der Ausbau der Fabrik in Rožnov pod Radhoštěm weitere ausländische Firmen ins Land locken dürfte. Der Minister nannte dabei gerade die Autoindustrie, die einer der wichtigsten Motoren der tschechischen Wirtschaft sei…
„Hierbei bestätigt sich, und das ist wahnsinnig wichtig, dass Tschechien ein sehr interessantes Land ist für große ausländische Investoren. Und ich bin überzeugt, dass heute der Tag ist, der die tschechische Wirtschaft in ihrer Entwicklung voranbringen wird“, so Síkela.
Auch in der Region selbst wurde die Entscheidung von Onsemi freudig begrüßt. Jan Kučera (parteilos) ist Bürgermeister von Rožnov pod Radhoštěm:
„Wir sind stolz darauf, dass so etwas Wichtiges für die Stadt, aber auch für das ganze Land passiert. Und ich glaube, auch eine ganze Reihe an Bewohnern ist stolz auf dieses Spitzentechnologieunternehmen bei uns.“
Der Chefanalytiker der UniCredit Bank in Tschechien, Pavel Sobíšek, bezeichnet die Stadt am Fuße des Berges Radhošť sogar als „Silicon Valley Mitteleuropas“. Die Zahl der Arbeitsplätze in dem Werk soll sich nun von 1700 auf 3000 erhöhen. Dies ist eine weitere Bedingung, die die Regierung in Prag für ihre Investitionsanreize gestellt hat.