Vorgezogene Parlamentswahlen als Lösung der Regierungskrise?

Miroslav Kalousek (Foto: CTK)

Vorgezogene Parlamentswahlen als eine der Lösungen der jetzigen Regierungskrise scheinen nach dem Wochenende wieder etwas realer zu sein. Wenigstens, wenn man von den jüngsten Erklärungen der Spitzenpolitiker der Regierungskoalition ausgeht. Martina Schneibergova fasst zusammen.

Premier Stanislav Gross - rechts  (Foto: CTK)
Die Christdemokraten werden in der Regierungskoalition bleiben, wenn Premier Stanislav Gross zurücktreten wird. Falls Gross nicht zurücktreten wird, wollen die Christdemokraten über vorgezogene Wahlen verhandeln. Dies sagte der Parteivorsitzende der Christdemokraten Miroslav Kalousek am Samstagabend nach einer Konferenz seiner Partei. Dabei verabschiedete die Parteiführung eine Erklärung, die sich jedoch als weniger konkret erwies. Darin hieß es, die Konferenz habe den Parteivorstand damit beauftragt, mit einer neuen Führung der Sozialdemokraten solche Änderungen des Koalitionsvertrags zu vereinbaren, die zur Lösung der Regierungskrise führen würden. Parteichef Kalousek dazu:

Miroslav Kalousek  (Foto: CTK)
"Was die Änderungen anbelangt, für uns kommt entweder das weitere Bestehen der jetzigen Regierungskoalition mit dem von uns verlangten Personenwechsel im Premierministerposten in Frage. Oder aber - wenn so etwas unmöglich wäre - dann kommt die Aufnahme der Verhandlungen über eine möglichst schnelle Durchführung von vorgezogenen Parlamentswahlen in Frage."

Durch Kalouseks offene Worte über vorgezogene Wahlen wurden der Tageszeitung Lidové noviny zufolge einige der Konferenzteilnehmer überrascht. Der Vorsitzende der Christdemokraten in Prag, Marián Hosek, ließ verlauten: "Wäre die Erklärung der Konferenzteilnehmer so formuliert, wie sie später in den Medien gedeutet wurde, hätten mehrere Christdemokraten sie wahrscheinlich nicht unterstützt." Der einzige, der die Erklärung nicht unterstützte und sich der Stimme enthielt, war Außenminister Cyril Svoboda. Seinen Worten zufolge hat die Abstimmung nicht direkt Premier Gross betroffen:

Außenminister Cyril Svoboda - in der Mitte  (Foto: CTK)
"Dies ist nur eine mögliche Interpretation, denn die Erklärung lautet: Man muss Änderungen des Koalitionsvertrags herbeiführen, die zur Beendigung der Regierungskrise führen werden. Und da bieten sich bestimmt mehrere Möglichkeiten an."

Die Politologen unterscheiden sich in ihren Meinungen darüber, ob der Standpunkt der Christdemokraten zu den vorgezogenen Parlamentswahlen führen wird. So ist beispielsweise Bohumil Dolezal der Meinung, dass der Standpunkt der Christdemokraten wahrscheinlich einen entgegenkommenden Schritt gegenüber den oppositionellen Bürgerdemokraten darstelle. Denn die Demokratische Bürgerpartei befürwortet eindeutig diese Lösung. In dieser Lage sei es - so der Politologe - die einzige vernünftige Lösung, die jedoch nicht durchzusetzen sei. Nach Meinung des Politologen Rudolf Kucera wird die Entwicklung wirklich zu vorgezogenen Parlamentswahlen führen, falls sich die Christdemokraten bereits dazu entschieden hätten.

Die Durchführung vorgezogener Wahlen ließ zum ersten Mal auch ein sozialdemokratischer Spitzenpolitiker zu. Der Vorsitzende des Abgeordnetenhauses, Lubomír Zaorálek, räumte in einer am Sonntag vom öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen ausgestrahlten Fernsehdebatte ein:

"Dies ist eine der möglichen Varianten, wenn sich die Lage so entwickelt, dass die Christdemokraten die Regierung verlassen."