Vizepremier Jahn schlägt einschneidende Steuersenkungen vor
Wie wir bereits berichtet haben, ist die Mehrheit der Tschechen mit der wirtschaftlichen Situation im Lande zufrieden. Und wenn es nach dem Willen des Vizepremiers für Ökonomie Martin Jahn geht, dann sollen seine Landsleute auch bald an diesem wirtschaftlichen Aufschwung partizipieren, sprich: mehr Geld im Portemonnaie haben. Denn Jahn hat auf einer Pressekonferenz am Dienstag in Prag seine Vorschläge zu erheblichen Steuersenkungen vorgestellt. Lothar Martin bringt Sie Ihnen näher.
"In der ersten Steuerzone sollten die Steuerzahler mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von bis zu 109.000 Kronen sein, in der zweiten Zone von 109.000 bis 142.000 Kronen und im höchsten, 24-prozentigen Steuersatz sollten sich all jene mit einem Jahreseinkommen von über 420.000 Kronen wieder finden."
Anhand dieser Vorschläge sollten die tschechischen Bürger jährlich 20 bis 30 Milliarden Kronen (ca. 660 Millionen bis eine Milliarde Euro) an Steuern sparen. Der von Jahn erarbeitete Entwurf zur Steuersenkung aber geht Finanzminister Bohuslav Sobotka zu weit. Seinem eigenen Konzept zufolge sollten die zukünftigen Steuereinsparungen lediglich einen Einnahmenrückgang im Staatshaushalt von zehn Milliarden Kronen aufweisen. Daher hat Sobotka auch die Empfehlung des Wirtschaftsrats der Regierung, seinen Entwurf mit dem von Jahn abzugleichen, zurückgewiesen. Einer Meinung sind beide Politiker jedoch darin, dass den Finanzämtern in Zukunft die Verpflichtung auferlegt werden müsse, strittige Steuerbestimmungen erläutern zu müssen. Jahn hat darüber hinaus in seinem Konzept vorgeschlagen, die Steuerbelastung der Firmen durch die Anrechenbarkeit von Kosten für Fahrten, Schulungen und Sprachkursen der Arbeitnehmer sowie gewährten Praktika für Studenten von Hoch- und Mittelschulen zu mindern. Außerdem, so Jahn, sollten solche Steuervorteile geschaffen werden, die es ermöglichen, wieder mehr Holding-Gesellschaften nach Tschechien zu locken. Diese fänden hierzulande zurzeit schlechtere Bedingungen als in mehreren anderen Ländern der Europäischen Union vor, begründete Jahn seinen Vorstoß. Trotz der gegenwärtigen Regierungskrise und anderweitiger kritischer Äußerungen mache er sich leise Hoffnungen, dass zumindest einige seiner Vorschläge realisierbar seien:
"Ich habe diese Vorschläge vorgelegt, weil ich sie ökonomisch für vernünftig und nutzbringend halte. Die Realität wird jetzt natürlich zeigen, was davon angenommen wird, denn wir befinden uns gerade in einer turbulenten Zeit und das Ja oder Nein zu den Vorschlägen ist in großem Maße eine politische Entscheidung. Einige von ihnen werden auf jeden Fall abgesegnet, bei anderen ist es wesentlich komplizierter. Ich denke, dass der Anrechnung der Fahrtkosten für Arbeitnehmer zugestimmt werden dürfte, bei den anderen Vorschlägen wird man sehen."
Weil die Billigung von Steuersenkungen, wie Jahn bemerkte, vor allem eine politische Entscheidung ist, will der lavierende Ministerpräsident Stanislav Gross diesen Entscheid angeblich mit der von ihm und seinem Kabinett im Parlament zu stellenden Vertrauensfrage verknüpfen. Die konservative Opposition sprach daher von einem "üblen Trick", um die Vertrauensabstimmung zu überstehen.