Autohersteller Škoda bilanziert 2021 trotz Chip-Mangel als Erfolg – Einstieg in die E-Mobilität

Die Autoindustrie ist für Tschechien die wirtschaftliche Schlüsselbranche. Und Škoda ist dem Umsatz nach die größte Firma des Landes. Am Dienstag hat die VW-Tochter das vergangene Jahr bilanziert und einen Ausblick gegeben für die Zukunft.

Corona-Pandemie und Chip-Mangel – diese beiden Dinge haben 2021 das Geschäftsergebnis von Škoda beeinflusst. Thomas Schäfer ist Vorstandsvorsitzender beim Autohersteller:

„Wir haben im vergangenen Jahr insgesamt 878.200 Wagen an unsere Kunden geliefert. Wegen der Pandemie und der Knappheit an Halbleitern bedeutete dies einen Rückgang von 12,6 Prozent gegenüber 2020.“

Thomas Schäfer | Foto: Škoda Auto

Dennoch konnte der Konzern aus dem mittelböhmischen Mladá Boleslav sein operatives Ergebnis gegenüber dem Vorjahr deutlich steigern. Es lag bei 1,08 Milliarden Euro und damit mehr als 43 Prozent höher als noch im ersten Corona-Jahr.

„Wir haben das Geld vor allem in der ersten Hälfte des Jahres 2021 verdient, bevor uns die Knappheit an Halbleitern hart getroffen hat. Unsere Netto-Umsatzrendite lag bei soliden 6,1 Prozent. Für einen Volumen-Hersteller ist das ein sehr respektables Ergebnis“, so Schäfer weiter.

Zum positiven Ergebnis trug vor allem ein striktes Kostenmanagement bei, aber auch der Einstieg in die Elektromobilität, den die Unternehmensführung als sehr gelungen bezeichnet.

Foto: Škoda Auto

Allerdings konnte Škoda Auto damit noch nicht wieder an die Ergebnisse aus der Zeit vor der Pandemie anknüpfen. Finanzvorstand Christian Schenk verdeutlichte dies mit einem Zahlen-Vergleich:

„2021 hatten wir zwar wirklich ein besseres operatives Ergebnis und eine höhere Rendite als im Jahr davor. Doch im Vergleich zu 2019, dem letzten Jahr vor Corona, ist der Betriebsgewinn um 35 Prozent zurückgegangen. Und die Netto-Umsatzrendite lag um 2,3 Prozentpunkte niedriger.“

Soweit die wichtigsten Zahlen, die von der Firmenleitung bei der Pressekonferenz präsentiert wurden.

Vollelektrischer SUV

Von Bedeutung war für Škoda im vergangenen Jahr, dass man den ersten eigenen vollelektrischen Wagen auf den Markt gebracht hat. Dies gelang mit einem SUV…

„Mit unserem Enyaq iV haben wir das richtige Produkt zum richtigen Zeitpunkt gehabt, um starke Ergebnisse zu erzielen. Bis jetzt haben wir über 115.000 Bestellungen für unseren ersten vollelektrischen Škoda-SUV erhalten, und wir haben schon mehr als 50.000 Wagen in die gesamte Welt geliefert“, bilanzierte Thomas Schäfer.

Dominiert haben dabei die Märkte in Europa. Der frühere tschechische Wirtschaftsminister und heutige Škoda-Vertriebschef Martin Jahn erläuterte:

„Der Enyaq iV avancierte in den Niederlanden zum meistverkauften Elektro-Auto. Er war auch außergewöhnlich erfolgreich auf dem anspruchsvollen deutschen Markt sowie in Norwegen, wo Wagen mit elektrischem Antrieb den höchsten Anteil haben.“

Škoda Enyaq | Foto: Škoda Auto

Für die VW-Tochter hatte der Einstieg in die Elektromobilität aber auch einen wichtigen Effekt bei der Emissionsbilanz. Denn so konnten mögliche Strafen der EU vermieden werden. Dazu Konzernchef Schäfer:

„Der durchschnittliche CO2-Ausstoß unserer Flotte lag im vergangenen Jahr um drei Gramm pro Kilometer niedriger als der von der Europäischen Union vorgegebene Höchstwert.“

Die EU hatte zuletzt den Grenzwert für den CO2-Ausstoß bei neu zugelassenen Pkw noch einmal verschärft. 2021 galt die Obergrenze von 95 Gramm des Treibhausgases je Kilometer.

Derzeit jedoch kann Škoda sein Elektro-Flaggschiff nicht produzieren. Schuld ist der russische Angriff auf die Ukraine, der die dortige Produktion wichtiger Komponenten zum Erliegen gebracht hat. Karsten Schnake ist beim Autohersteller für die Beschaffung zuständig:

Karsten Schnake | Foto: Škoda Auto

„Die Fertigung des Enyaq ist abhängig von Kabelbäumen, die uns aus der Ukraine geliefert werden. Vor ein paar Wochen mussten wir die Produktion stoppen. Das Wichtige ist aber: Wir bleiben unserem Partner in der Ukraine treu. Dieser hat gemeinsam mit seinen Mitarbeitern entschieden, ab dieser Woche wieder Kabelbäume zu fertigen – unter voller Sicherheit für die dortigen Arbeiter.“

Um nicht so hart getroffen zu werden von möglichen weiteren Ausfällen wegen des Krieges, solle die Fertigung von Kabelbäumen in der Ukraine verdoppelt werden, so Karsten Schnake. Nach Ostern ist deswegen geplant, noch einen weiteren, alternativen Produktionsstandort hinzuzunehmen.

„Wir stehen also zu unserem Partner und können hoffentlich die Produktion des Enyaq ein bis zwei Wochen später wieder aufnehmen – wenn die Kabelbäume hier in unserer Fabrik ankommen“, erläuterte Schnake.

Im Übrigen betonen die Konzernchefs, dass man in der Elektromobilität die Zukunft sehe. Den internen Plänen nach sollen bis 2030 zwischen 50 und 70 Prozent der neuverkauften Škoda-Autos in Europa einen Elektroantrieb haben. Deswegen denkt das Unternehmen daran, drei weitere Modelle auch als E-Versionen anzubieten. Konkreter wollte man dies am Dienstag jedoch nicht ausführen.

Batteriefabrik in Tschechien?

Christian Schenk | Foto: Škoda Auto

Die Lage in Osteuropa äußert sich für den Autohersteller aber nicht nur in Lieferproblemen. Das Unternehmen hat auch unterschiedliche Hilfsprojekte für die Ukraine gestartet. Und nicht zuletzt wurde im Rahmen des gesamten Volkswagenkonzerns die Produktion in den beiden Fabriken in Russland – in Kaluga und in Nischni Nowgorod – ausgesetzt. Insgesamt bedeuten der Krieg und der Halbleiter-Mangel zudem eine unsichere Lage für die Autoindustrie. Deswegen wollten die Chefs von Škoda auch keine Vorhersagen wagen für das Produktionsergebnis im laufenden Jahr. Finanzvorstand Christian Schenk merkte an:

„Der Krieg in der Ukraine wird neben den humanitären und politischen Folgen auch weiter einen starken Einfluss auf unser Geschäft haben. Es ist immer noch zu früh, all die Effekte auf die Lieferketten, die Materialkosten und die allgemeinen wirtschaftlichen Folgen vorherzusagen.“

Ilustrationsfoto: Mariordo,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 3.0

Und ein weiteres Thema kam zur Sprache. Es geht um den möglichen Bau einer großen Batteriefabrik auf tschechischem Boden. Der Volkswagen-Konzern plant insgesamt sechs sogenannte Giga-Fabriken zur Fertigung von Batteriezellen. Dazu Škoda-Vertriebschef Martin Jahn:

„Škoda Auto arbeitet sehr eng mit dem Industrie- und Handelsministerium sowie weiteren Ressorts und Regierungsinstitutionen zusammen, um einen passenden Standort für eine solche Fabrik hier in Tschechien zu finden und ein Paket staatlicher Anreize zu schnüren. Doch die endgültige Entscheidung über die Ansiedlung der Giga-Fabrik liegt beim Volkswagen-Konzern. Er wird auch über den Zeitpunkt und den Standort entscheiden. Wir wollen nur sicherstellen, dass Tschechien das beste Gesamtpaket dafür anbietet.“

Und Firmenchef Schäfer ergänzte:

„Wir stehen hier in einem Wettstreit mit unseren Nachbarländern, das muss man fairerweise sagen. Der Beste möge also gewinnen. Wir wollen natürlich, dass dies die Tschechische Republik ist. Aber die Entscheidung liegt eben beim Volkswagen-Konzern.“

Autor: Till Janzer
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