Über neue Formen des Antisemitismus wurde im Prager Parlament diskutiert

Rijk van Dam, Leo Pavlat und Hana Orgonikova (Foto: M. Schneibergova)
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Die neuen Formen des Antisemitismus in Tschechien, aber vor allem auch in der ganzen Europäischen Union waren das Thema einer Diskussion, die am Donnerstag im Prager Abgeordnetenhaus organisiert wurde. Martina Schneibergova war dabei.

Rijk van Dam,  Leo Pavlat und Hana Orgonikova  (Foto: M. Schneibergova)
Unter den Diskussionsteilnehmern waren Vertreter des tschechischen Parlaments und Kabinetts, der Leiter des Prager Jüdischen Museums Leo Pavlát, und der israelische Botschafter in Tschechien, Arthur Avnon. Stellvertretend für die Europäische Koalition für Israel, die die Debatte mit initiierte, war deren Vorsitzender, der ehemalige Europaabgeordnete, Rijk van Dam, dabei.

Der tschechische Innenminister Frantisek Bublan versuchte, die Ursachen dessen zu benennen, warum sich immer noch junge Menschen finden, die sich von rechtsradikalen Bewegungen angezogen fühlen. Eine Rolle spiele dabei - so der Minister - die Angst vor Freiheit und deswegen auch die Sehnsucht nach irgendeiner festen Ordnung. Auch wenn die Lage, was die antisemitischen Exzesse anbelangt, in Tschechien nicht so schlecht wie in vielen anderen Ländern Europas ist, sei es kein Grund zur Zufriedenheit, so Bublan:

Arthur Avnon und Frantisek Bublan  (Foto: M. Schneibergova)
"Die Lage in der Tschechischen Republik ist wirklich nicht am schlechtesten. Es gibt Länder wie Frankreich, Belgien, oder die Niederlande, wo die antisemitischen Ausschreitungen viel stärker sind. Wir wollen es aber nicht unterschätzen. Die Polizei beobachtet die Lage und wertet sie aus. Erstens geht es um die Rechtsextremen, bei denen der Antisemitismus Bestandteil ihrer Ideologie ist. Zweitens wird die Aufmerksamkeit den Aktivitäten der Linksextremen und den islamistisch-fundamentalistischen Bewegungen geschenkt, die gegen das jüdische Volk als solches sind und die z. B. das ehemalige irakische Regime unterstützten."

Antisemitische Propaganda wird dem Innenminister zufolge in Tschechien auch über Internet verbreitet.

Der Direktor des Prager Jüdischen Museums Leo Pavlát wies bei der Analyse der Ursachen der antisemitischen Äußerungen unter jungen Menschen darauf hin, dass den Jugendlichen oft historische Kenntnisse fehlen. Es sei - so Pavlát - keine Ausnahme, dass die moderne Geschichte im Unterricht zu kurz kommt oder fast wegfällt. Ähnlicher Meinung ist auch die sozialdemokratische Abgeordnete Hana Orgoníková, sie fügte jedoch hinzu:

"Ich meine, dass sehr stark auf die Erziehung in der Familie ankommt. Viele Menschen sind davon überzeugt, dass Demokratie mit Anarchie identisch ist und dass sie deswegen absolut alles sagen dürfen. In diesem Geist erziehen sie dann ihre Kinder. Es ist aber auch die Aufgabe von uns - Parlamentariern-, legislative Mittel durchzusetzen, damit nicht der Fall eintritt, dass Polizisten einem Umzug untätig zusehen, der ausgesprochen neonazistisch ist."

Hana Orgoníková ist Vorsitzende der tschechisch-israelischen Parlamentariergruppe. Sie erinnerte daran, dass die tschechischen Parlamentarier während ihres Besuches bei ihren Kollegen in der Knesset u. a. darum ersucht wurden, sich als ein neues EU-Land dafür einzusetzen, dass die EU die palästinensischen Bewegungen Hamas und Hizbollah in die Liste der terroristischen Organisationen mit einbezieht. Im Falle von Hamas ist dies inzwischen gelungen. Die Lage, was die Einstellung innerhalb der EU gegenüber Israel betrifft, habe sich Orgoníková zufolge ein kleines bisschen verbessert. Davon zeugten auch die Worte von Rijk van Dam, der sich als Europaabgeordneter für mehr Transparenz bei der EU-Förderung für die Palästinenser eingesetzt hatte.