Verkehrsminister stolpert über teures E-Pickerl

Ab kommendem Jahr gibt es in Tschechien die Autobahnvignette nur noch elektronisch. Dabei soll diese nicht nur an Tankstellen erhältlich sein, sondern vor allem in einem eigenen Online-Shop. Doch dieser sorgt schon für mächtigen Ärger, bevor er überhaupt aufgebaut wurde. Nun hat der überteuerte Auftrag den Verkehrsminister den Posten gekostet.

Nein, es sei nicht bloß ein Online-Shop, sondern eine komplexe Info-Plattform. So verteidigte nunmehr Ex-Verkehrsminister Vladimír Kremlík die künftige Internet-Verkaufsstelle für das digitale Autobahnpickerl. Das System soll automatisch am Kennzeichen erkennen können, wer bezahlt hat oder nicht, erläuterte der parteilose Politiker noch am Wochenende. Außerdem soll es Polizei- oder Rettungswagen im Vornhinein erfassen können. Das würde laut Kremlík auch den hohen Preis des Auftrags erklären – der erweiterte Online-Shop soll nämlich, sage und schreibe, 401 Million Kronen (16 Millionen Euro) kosten. Zum Vergleich: Die Slowaken haben für ihr System gerade einmal knapp drei Millionen Euro bezahlt. Außerdem wurde der tschechische Auftrag geheim und am üblichen Modus vorbei an das Unternehmen Asseco Central Europe vergeben, angeblich weil die Erfassung von Autos der Sicherheits- und Rettungskräfte eine besondere Diskretion verlangt.

Andrej Babiš  (Foto: ČTK / Michal Kamaryt)
Der hohe Preis und das Auswahlverfahren haben selbst Premier Andrej Babiš stutzig gemacht. Am Montag schließlich zog der Ano-Chef Konsequenzen aus dem überteuerten Geschäft und kündigte die Abberufung seines Verkehrsministers an. Der Regierungschef wusste bisher nichts von dem Geschäft:

„Wir werden noch darüber reden müssen. So wie der Auftrag jetzt gestaltet ist, müsste er eigentlich gecancelt werden. In jeder Regierungssitzung streiten wir uns um jeden Heller. Und dann wird hier so ein Vorhaben vorgestellt, das nicht einmal nach den gültigen Regeln ausgeschrieben wurde.“

Dies meinte der Ano-Chef am Wochenende und will deshalb ab Montag nachverhandeln. Laut dem bisherigen Verkehrsminister Kremlík ist das aber nicht so einfach, auch wenn er sein Bestes geben will:

Vladimír Kremlík  (Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Ich habe mit dem Premier über alle Komponenten des Systems gesprochen. Er forderte den zuständigen Verkehrsinvestitionsfonds auf, die geheimen Teile öffentlich zu machen und den Preis des Projekts insgesamt zu drücken.“

Man wolle neu verhandeln und den Auftrag überarbeiten, versicherte Kremlík noch vor seinem Rausschmiss.

Die Kritik aus der Politik am Online-System war groß, und das parteiübergreifend. Die Sozialdemokraten zeigten sich verstimmt, da man sie als Koalitionspartner überhaupt nicht über die Ausschreibung informiert hatte. Ähnlich geht es den Kommunisten, die das Minderheitskabinett unterstützen. Auch sie fordern mehr Offenheit bei dem Thema. Ebenso will die Opposition offene Karten sehen. Der Abgeordnete Jan Bauer ist bei den Bürgerdemokraten für Verkehrspolitik zuständig:

Tomáš Havryluk  (Foto: Archiv Alza.cz)
„Es ist komisch, dass ein Auftrag im Wert von einer halben Milliarde Kronen ohne Ausschreibung vergeben wird und nicht einmal der Premier etwas davon weiß. Das hat einen faden Beigeschmack.“

Der überteuerte Vignetten-Auftrag brachte außerdem Fachleute auf den Plan. Unter anderem der Vorstand des größten Online-Shops Alza.cz, Tomáš Havryluk, war verwundert über die veranschlagten Kosten:

„Für das, was wir von dem geplanten System gesehen haben, scheint uns der Preis überzogen. Das könnte man schon für einen Bruchteil der veranschlagten Kosten fertigbringen.“

Eine Gruppe von Informatikern und IT-Unternehmern hat der Regierung angeboten, das System vollkommen gratis zu programmieren. Dahinter steht Tomáš Vondráček:

„Wir werden vieles umschichten in dem Konzept und es insgesamt einfacher machen“, so der Digital-Spezialist mit dem Versprechen, der Regierung schon in einer Woche ein entsprechendes Programm präsentieren zu können.

Premier Andrej Babiš hat die Computer-Fachleute deshalb am Montag zu Gesprächen eingeladen, wobei sie ihm ihren Plan präsentiert haben. Das Ergebnis: Der bisherige Auftrag soll vorerst nicht aufgekündigt werden, sofern es gelingt, den Preis deutlich herunterzuhandeln. Die IT-Experten zeigten sich aber zuversichtlich, dass die Bestellung früher oder später fallen dürfte.

Insgesamt erhofft sich das Kabinett massive Einsparungen durch das Digital-Pickerl, vor allem durch den Wegfall von Druck- und Papierkosten. Der Preis gilt übrigens nur für die Online-Plattform, die Kosten für sonstige Vertriebswege sind noch nicht