„Gipfeltreffen schöner Madonnen“ in Prag
Die Jungfrau Maria sollte die schönste aller Frauen sein. So sah man das zumindest im Mittelalter. Und um das Jahr 1400 entstanden im damaligen „Weichen Stil“ der Gotik ganz besonders anmutige Bilder der Maria mit dem Kinde. Die Prager Nationalgalerie hat nun erstmals einige dieser sogenannten „Schönen Madonnen“ in einer Ausstellung vereint. Sie ist im Agnes-Kloster zu sehen.
„Der Besucher sieht stehende ‚Schöne Madonnen‘, die für den weichen Stil sehr typisch sind und auch die Ausstellung prägen. Diese kann er mit thronenden Madonnen mit dem Kinde und natürlich sogenannten Vesperbildern (Bild der Maria mit dem vom Kreuze abgenommenen Jesus Christus, Anm. d. Red.) vergleichen.“
Rund zwei Dutzend Objekte hat die Nationalgalerie zusammengetragen. Marius Winzeler leitet die Sammlungen alter Kunst in der Nationalgalerie. Er erläutert das Phänomen der „Schönen Madonnen“:
„Natürlich ist Schönheit im weitesten Sinne etwas Abstraktes. Aber man versuchte, in der Regelmäßigkeit ihres Gesichtes, in der Eleganz ihrer Körperhaltung, der Lieblichkeit ihres Blickes und der Süße ihres Mundes diese Schönheit auch künstlerisch umzusetzen.“
Der „Weiche Stil“ breitete sich damals in ganz Europa aus. Aber gerade im Raum Salzburg entstanden bedeutende „Schöne Madonnen“. Auch von ihnen können in Zusammenarbeit mit dem Bergbau- und Gotikmuseum in Leogang nun einige in Prag gezeigt werden. Das geschieht bewusst, denn Böhmen und Salzburg pflegten im Mittelalter einen intensiven Austausch – nicht zuletzt wegen des Salzes, das Prag anforderte und dann sogar mit Kunstwerken bezahlte. Hermann Mayrhofer, Kustos des Museums in Leogang:
„Diese Verbindung war in der Zeit um 1400 sehr intensiv. Der Erzbischof von Salzburg, Pilgrim von Puchheim, und der Erzbischof von Prag waren Studienkollegen. Sie haben sich gegenseitig besucht. Einmal kam auch der Finanzminister des Stiftes Salzburg mit nach Prag. Und er sah dort eine wunderschöne Madonna, die er ins Salzburger Land mitnahm.“Dies ist die Altenmarkter Madonna. Sie hat sogar den Weg auf eine österreichische Briefmarke gefunden.
Marius Winzeler macht aber noch auf zwei weitere Marienstatuen aufmerksam. Es ist zum einen die Hallstätter Madonna. Sie wurde in den 1920er Jahren vom tschechoslowakischen Staat erworben und gehört heute zu den Sammlungen der Nationalgalerie. Zum anderen ist es die Madonna aus Bad Aussee, praktisch die Schwester jener aus Hallstatt.
„Zum ersten Mal ist es möglich, diese zwei Figuren nebeneinander hier in Tschechien zu sehen und zu vergleichen. Überraschend, dass schon im Mittelalter solche Kopien oder Repliken entstanden sind. Man kann aber nach den zehn Unterschieden suchen – und findet sie auch“, so der Leiter der Sammlungen alter Kunst.
Die Ausstellung „Schöne Madonnen“ ist im Prager Agnes-Kloster zu sehen. Sie läuft bis 19. April kommenden Jahres. Die Öffnungszeiten sind dienstags bis sonntags 10 bis 18 Uhr und am Mittwoch bis 20 Uhr.
Weitere Madonnen wurden von einer Reihe an Museen bereitgestellt. So etwa vom Louvre in Paris, dem Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg oder der Städtischen Galerie Liebighaus in Frankfurt.
„Es ist schon etwas Besonderes, dass ein solches Gipfeltreffen schöner Madonnen aus Kunststein oder gegossenem Stein möglich geworden ist“, so Marius Winzeler.