PPF kauft Fernseh-Riesen: Politik statt Spaß-TV?
Die tschechische Investment-Gruppe PPF wird nun zum Medien-Giganten in Mitteleuropa. Das Finanzunternehmen des Milliardärs Petr Kellner hat sich nämlich die Mehrheit der Aktien des Fernsehkonsortiums CME gesichert. Es werden jedoch auch Befürchtungen laut über die Ausrichtung der Medien hierzulande.
Im Prinzip ist der Einstieg bei CME kein Neuland für Petr Kellner. Immerhin gehörte ihm die Tschechien-Sparte, also TV Nova, bereits zur Jahrtausendwende. Mit großem Gewinn verkaufte er diese aber wieder an die früheren Eigentümer. Die neuerliche Akquise ist allerdings noch nicht in trockenen Tüchern. Den bevorstehenden Hürdenlauf erläutert die PPF-Sprecherin Jitka Tkadlecová:
„Nun hat ein mehrmonatiger Prozess begonnen. Zunächst treffen sich die Aktionäre von CME und beraten ihr Ja zu der Transaktion. Danach brauchen wir die Zustimmung der Europäischen Kommission. Zuletzt ist auch die Haltung der nationalen Behörden wichtig in den Ländern, in denen CME tätig ist.“Beobachter erwarten jedoch keinerlei Schwierigkeiten von Seiten der zuständigen Ämter. So sieht es auch der Medien-Analytiker Filip Rožanek vom Fachportal Digizone.cz:
„Da dürfte es kaum Probleme geben. Ich sehe keine wirtschaftlichen Gründe, warum die Kartellämter in diesem Fall Widerstand leisten sollten. Zugegeben, ich kenne mich zu wenig mit den Geschäften von PPF in den jeweils anderen Ländern aus. Da könnten die Behörden natürlich verlangen, dass die Gruppe gewisse Teile des dortigen Portfolios abstößt. Grundsätzlich meine ich aber, dass bei dem Abschluss alles glatt verlaufen dürfte und keine größeren Komplikationen am Horizont warten. Sollte doch irgendein Problem auftauchen, wird sich PPF sicher zu helfen wissen.“
Multimedia statt bloß Fernsehen
Doch was will Petr Kellner überhaupt mit CME? Immerhin wackelt das Fernsehimperium und fährt seit einigen Jahren massiv Verluste ein. Außerdem kann sich das klassische TV kaum noch gegen dezentrale Dienste wie zum Beispiel Netflix oder Amazon Prime behaupten. Filip Rožanek sieht den Schlüssel zu den Plänen Petr Kellners im Firmen-Mix von PPF. Denn dort findet sich auch einer der drei Telekommunikationsanbieter in Tschechien:„Der Kauf lohnt sich sicher, auch wenn CME in jüngster Vergangenheit ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten hatte. Erst seit kurzem erholt sich das Unternehmen wieder. Wir müssen die Sache aber von der Seite betrachten, dass PPF ein Großinvestor in der Telekommunikationsbranche ist. In Tschechien ist die Gruppe der Eigentümer von O2, im Ausland wiederum von Telenor. Seit Jahren wird außerdem darüber geredet, dass die Gruppe den tschechischen Rundfunkbetreiber České radiokomunikace ins Portfolio aufnehmen will. Das ergibt natürlich ein ganz anderes Bild als das eines reinen Medienhauses. Denn weltweit sichern sich Telekommunikationsanbieter die Produktion von Inhalten. Und diese Inhalte bieten die Unternehmen ihren Kunden dann gemeinsam an mit beispielsweise Internet- oder Mobilfunkdiensten.“
Václav Štětka ist Medien-Experte von der Loughborough Universität. Er sieht im CME-Kauf von PPF einen Anschluss an internationale Trends, der sich durchaus lohnen könnte für Petr Kellner:
„Petr Kellner und die PPF-Gruppe bekommen mit diesem Schritt die Medienproduktion und den Vertrieb über die Telekommunikationsnetze unter einen Hut. Aus rein wirtschaftlicher Sicht ist das eine interessante Strategie.“Der Medien-Analytiker Filip Rožanek befürchtet bei CME nun eine umfassende Abspeckkur. Diese wird jedoch kaum die tschechischen Teile des Konzerns betreffen:
„Ich glaube, dass CME als Teil von PPF die Geschäfte außerhalb des tschechisch-slowakischen Raums loswerden will. Diese Sparten wird die Gruppe schlicht abstoßen, was ja eigentlich bei CME schon in Planung war. Das betrifft vor allem die Firmenteile in Bulgarien und Slowenien. Es ist ganz klar, dass die tschechische TV Nova die goldene Henne und der größte Generator von Gewinnen innerhalb von CME ist.“
Der Medien-Spezialist Václav Štětka sieht in dem Schritt von Petr Kellner eine ganz bestimmte Logik. Denn der tschechische Investor füllt eine Lücke, die ausländische Medieneigner hierzulande schrittweise hinterlassen haben:
„Im Zug der globalen Finanzkrise in den Jahren 2008 und 2009 haben zahlreiche ausländische Investoren den tschechischen Medienmarkt verlassen. Damals gab es massive Erschütterungen in der Branche. In Tschechien trat das ein bisschen später ein als in anderen Staaten in der Region, aus denen die Geldgeber aus dem Ausland fast augenblicklich verschwunden sind. Grund dafür waren vor allem die schlechte finanzielle Lage der Printmedien als Folge der Krise, aber auch das Aufstreben des Internets in den jeweiligen Ländern.“
Wie viel Politik steckt in der Übernahme?
Es stehen aber noch weitere Befürchtungen im Raum, was den Kauf von CME durch Petr Kellner betrifft. Unklar ist nämlich, ob der Milliardär nicht doch politische Ambitionen verfolgt. Immerhin werden dem reichsten Mitteleuropäer enge Verbindungen zu Staatspräsident Miloš Zeman nachgesagt genauso wie gute Kontakte zu China. Filip Rožanek von Digizone.cz hält größere Pläne von Petr Kellner nicht für unwahrscheinlich:„Diese Überlegungen bieten sich natürlich an. Der Kauf von CME soll Mitte kommenden Jahres abgeschlossen sein, das ist ein gutes Jahr vor den nächsten Parlamentswahlen hierzulande. Da stellt sich natürlich die Frage, welchen politischen Gruppierungen Petr Kellner nahesteht. Ein weiterer Punkt sind die außenpolitischen Interessen Kellners, die ja direkt aus seiner Geschäftstätigkeit resultieren. Da ist es sicher recht günstig, die meistgesehenen Nachrichten des Landes in der Hand zu haben.“
Der Medien-Analytiker ist eher pessimistisch, ob solch ein Einfluss auf die Politik durch den Investment-Magnaten eingeschränkt werden könnte. Denn auch in aktuellen Fällen seien den öffentlichen Kontrollstrukturen die Hände gebunden, meint Filip Rožanek:„Was die Kontrolle der Fernsehinhalte und das Meinungsspektrum in den einzelnen Sendungen angeht, da kann man sich einige Beispiele aus den vergangenen Jahren ansehen. Diese haben gezeigt, dass man so gut wie alles senden kann, ohne mit den gültigen Regeln in Reibung zu geraten.“
In der Vergangenheit wurde in Tschechien die Grenze zwischen Politik, Kapital und Medien oft aufgeweicht. So gab und gibt es zahlreiche Fälle einer sogenannten Oligarchisierung der Presse. Beispielsweise vermischten sich Ende des vergangenen Jahrzehnts der bedeutende Economia-Zeitungsverlag und die damaligen bürgerlich-liberalen Regierungsparteien durch den gemeinsamen Geldgeber Zdeněk Bakala. Derzeit wird über die politischen Pläne des Medienmoguls Jaromír Soukup gerätselt. Ihm gehört der Privatsender TV Barrandov, der als Sprachrohr von Präsident Zeman gilt. Das meiste Aufsehen erregte aber der Kauf des Multimedia-Herausgebers Mafra durch Agrofert, also den Ex-Konzern von Tschechiens Premier Andrej Babiš. Ein Vergleich zwischen der Mafra-Übernahme und dem Kauf von CME durch Petr Kellner sei aber schwierig, meint der Experte Václav Štětka:
„Wenn man beide Transaktionen vergleicht, dann hatte der Kauf von Mafra durch Agrofert sicher die größere Wirkung auf die Medienlandschaft hierzulande. Es war nämlich das erste Mal, dass ein Medienhaus von einer Person gekauft wurde, die direkt Akteur des politischen Geschehens ist.“Dennoch gibt es laut Václav Štětka auch Parallelen zwischen Andrej Babiš und Petr Kellner:
„Natürlich bestehen da Berührungspunkte. Denn sowohl Babiš als auch Kellner gehören zu den reichsten Unternehmern im Land, im Falle des PPF-Chefs sogar ganz Mitteleuropas. Obwohl der Investor nicht direkt Politiker ist, weiß man, dass er aktiv Politik macht durch die indirekte Unterstützung von bestimmten Akteuren. Das betrifft den ehemaligen aber auch den derzeitigen Staatspräsidenten.“