Mit der „Roten Pfote“ Hundeleben retten
Bei Menschen sind Blutspenden eigentlich kein Problem. Es gibt relativ viele Spender und die Reserven sind ausreichend. Bei Hunden ist das anders, da besteht ein fataler Mangel an Spenderblut. Auch deshalb enden Operationen bei den Vierbeinern oft tödlich. Eine Gruppe von Freiwilligen aus Prag wollte das ändern und hat eine Spenderdatenbank ins Leben gerufen.
„Nur große Hunde können Blut spenden. Das Mindestgewicht liegt bei 20 Kilo, manche Tierärzte verlangen sogar 25 Kilo. Allgemein gilt, je größer ein Hund, desto besser. Man entnimmt dem Tier rund 250 bis 450 Milliliter Blut, das ist ungefähr so viel wie beim Menschen. Kleine Hunde können leider kein Blut spenden, da ihr Organismus das einfach nicht schaffen würde.“
Immerhin fällt zumindest bei Hunden ein Problem weg, das bei Menschen fatal sein kann. Das jedenfalls beim ersten Eingriff, erläutert Ruschková, die eigentlich Journalistin ist:
„Hunde haben sechs Hauptblutgruppen und 20 Untergruppen. Die Klassifizierung ist jedoch nicht vereinheitlicht, weshalb sich die Angaben immer etwas unterscheiden. Bei einer ersten Bluttransfusion hat der Hund noch keine Antikörper ausgebildet. Deshalb reagiert das Immunsystem auch nicht auf das fremde Blut und die Blutgruppe des Spenders ist nicht von Bedeutung. Erst beim zweiten Mal muss man auf die Kompatibilität achten. In der Regel wird diese vor der Transfusion im Labor getestet.“
Not macht erfinderisch
Anders als bei Menschen gibt es für tierische Patienten keine zentrale Blutbank, die im Notfall zuverlässig liefern kann. Deshalb hat Alžběta Ruschková gemeinsam mit Freunden ein Spenderregister ins Leben gerufen. Genannt haben sie es „Červená tlapka“, auf Deutsch also „rote Pfote“. Angefangen hat alles mit einem Schicksalsschlag:„Unser Register hat sich eine Freundin von mir ausgedacht. Sie hat mir bei einem Kaffee einmal erzählt, dass ihre Hündin – ein Boxer – krank sei und Blut benötigen würde. Dieses konnte sie aber nirgendwo auftreiben, auch wenn sie einen sehr hilfsbereiten Tierarzt hatte. Schließlich haben sie in einer tierärztlichen Blutbank angerufen, die es in Tschechien in der Regel in Kliniken von größeren Städten gibt. Aber auch dort muss man Glück haben, denn Hundeblut ist sehr schwer zu lagern, weshalb nicht immer welches vorhanden ist. Meine Freundin hat dann einen Bekannten gefunden, dessen Hund schließlich spenden konnte. Leider war das schon zu spät für ihre Hündin. Sie hatte deshalb die Idee zum Register, wusste aber nicht so recht, wie sie die Sache angehen soll. Wir haben uns also gemeinsam drangesetzt.“
Die Anwendung der Datenbank ist für Hundebesitzer in Not ganz einfach. Das ist auch der Hilfe von Experten zu verdanken, erzählt Alžběta Ruschková:
„Am Anfang haben wir überhaupt nicht geahnt, was wir uns da antun. Das ganze Drumherum war unbekanntes Terrain für uns. Wir haben dann Tierärzte mit ins Boot geholt, die uns beraten haben. So ist schließlich unser Online-Register entstanden, in das Hundebesitzer ihre Tiere als Blutspender eintragen können. Auf der anderen Seite können diese dann über ein Onlineformular von potentiellen Empfängern kontaktiert werden, wobei sie per SMS und E-Mail über eine Anfrage informiert werden. Zu Beginn wussten wir gar nicht, ob überhaupt Interesse an so einem System besteht. Vier Monate nach dem Start des Projekts haben wir bereits 540 registrierte Spender, was ich für einen unerwarteten Erfolg halte. Daran sieht man, dass die Tschechen einfach eine Hundenation sind.“Viel Arbeit und erste Erfolge
Das ist bereits eine relativ hohe Zahl und es ist auch ein recht großes Gebiet Tschechiens abgedeckt mit tierischen Blutspendern. Alžběta Ruschková erinnert sich aber, dass die Anfänge relativ schwer waren, denn man musste in Kleinstarbeit passende Spenderhunde zusammensuchen. Mit einer größeren Publicity scheint jetzt aber alles etwas einfacher:
„Einige mögliche Spender haben wir über die Mitgliederlisten von einschlägigen Hundevereinen kontaktiert. Außerdem haben einige Tierkliniken Spenderverzeichnisse. Mit den ersten Namen im Gepäck konnten wir dann Kampagnen auf Facebook und in den Medien starten. Das kam an bei den Leuten und einige haben uns geschrieben, dass sie auch einen großen und netten Hund hätten, mit dessen Blut sie gerne anderen Haltern helfen würden. Die Begeisterung über das Projekt scheint groß zu sein, und auch die Tierärzte geben uns positive Rückmeldungen.“Derzeit bietet die Plattform eine einfache Liste potentieller Spenderhunde und ihrer Besitzer. Angeführt sind der Name, das Alter und das Gewicht des Hundes. Außerdem sind diese in einer interaktiven Karte eingezeichnet. Man weiß also sofort, wo man das dringend notwendige Blut schnellstmöglich bekommt. In Zukunft soll aber die Kommunikation zwischen Spendern, Empfängern und Plattform noch besser werden:
„Wir programmieren gerade ein neues Kontaktformular mit einigen Fragen, die uns jeder Spender oder Empfänger schnell beantworten können sollte. Noch ist es aber nicht online, weshalb wir die meisten Rückmeldungen per Brief oder E-Mail bekommen. Unser Register hat bereits vielen Hunden geholfen. Unser erster registrierter Spender zum Beispiel ist schon bei einer Operation eingesprungen. Der Empfängerhund hat alles gut überstanden und ihm geht es besser. Einige der Spender haben aber bereits vorher mit ähnlichen Initiativen zusammengearbeitet, wie zum Beispiel ‚Dackel in Not‘. Der Verein rettet gequälte Hunde und vermittelt im Notfall ebenfalls Transfusionen. Die ganzen Erfolge machen wirklich Freude. Unser bisheriger Rekordspender hat sein Blut übrigens 16 Mal abgegeben.“Eine Herzensangelegenheit
Alžběta Ruschkova hat gleich zwei Hunde in der Familie. Der größere ist natürlich auch in der Spenderdatenbank registriert. Die Plattform Červená tlapka ist also eine Herzensangelegenheit für die Journalistin. Und auch der Rest des Teams ist vor allem aus Leidenschaft und aus Liebe zu den Vierbeinern dabei:
„Bisher finanzieren wir uns vollkommen aus eigenen Mitteln. Alle unsere Mitarbeiter sind Freiwillige und unentgeltlich dabei. Sogar unser Programmierer macht die ganze Arbeit gratis in seiner Freizeit. Wir haben ein transparentes Konto und jeder, der uns unterstützen möchte, kann gern einen Beitrag schicken. Für die Zukunft planen wir eine Spendenkampagne, um für mehr Unterstützung zu trommeln. Bisher liegt die gesamte finanzielle Last auf uns selbst.“Das bringt aber niemanden von Červená tlapka davon ab, auch in Zukunft weiterzumachen. Man wolle sogar expandieren, meint Alžběta Ruschkova:
„Wir möchten möglichst viele Leute mit unserem Projekt erreichen, dass es überall da helfen kann, wo es nötig ist. Wir planen aber auch schon eine Expansion in die Nachbarländer. So gibt es beispielsweise in der Slowakei keine vergleichbare Datenbank. Bisher haben wir nur in Argentinien ein ähnliches Projekt gefunden, die Kollegen dort waren nur wenige Monate früher im Netz als wir. In Großbritannien gibt es wiederum ein Register, das aber nur Tierärzten zugänglich ist. Ansonsten sind wir mit unserer Idee wahrscheinlich sehr alleine auf weiter Flur. Oft fragen uns die Leute, ob wir denn nicht auch eine Datenbank für Katzen einrichten wollen, die ebenfalls oft Transfusionen brauchen. Natürlich ist das eine Sache, über die wir laut nachdenken.“Mehr Informationen finden Sie auf der Webseite des Projekts www.cervenatlapka.cz. Leider gibt es dieser bisher aber nur auf Tschechisch.