Sudetendeutscher Tag: Gemeinsam für Europa
Am Wochenende fand in Regensburg der 70. Sudetendeutsche Tag statt. Das Pfingsttreffen wurde unter dem Motto „Ja zur Heimat im Herzen Europas“ veranstaltet. Zum Treffen sind viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Tschechien gekommen.
„Wir dürfen unsere historische Chance nicht vergeuden. Wir müssen versuchen, weiter an unserem gemeinsamen Haus Europa zu bauen und bereit sein, uns vor denjenigen zu wehren, die Hass und Angst verbreiten. Es geht darum, dass das europäische Projekt der Freiheit und des Friedens nicht durch Populismus und kurzsichtige nationale Interessen gefährdet wird.“
Herman erinnerte in seiner Rede zudem daran, dass Präsident Václav Havel die Vertreibung der Sudetendeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg als eine „tief unmoralische Tat“ bezeichnet hat. Der ehemalige Kulturminister trat 2016 als erstes tschechisches Regierungsmitglied überhaupt bei einem Pfingsttreffen auf. Nach Regensburg sind auch weitere Politiker aus Prag gekommen, darunter die Ex-Sozialministerin Michaela Marksová (Sozialdemokraten), der christdemokratische Abgeordnete Pavel Bělobrádek und der Vorsitzende der Grünen Petr Štěpánek.
Zentraler Ort des Sudetendeutschen Tages war die Regensburger Donau-Arena. Mehrere Tausend Menschen haben die Ausstellungen dort besucht, sich die Stände verschiedener Kulturinstitutionen und Vereine aus Deutschland sowie aus Tschechien angeschaut oder an Buchpräsentationen und Diskussionen teilgenommen. Am Samstag kam auch Bundesinnenminister Horst Seehofer zum Sudetendeutschen Tag. Der ehemalige bayerische Landesvater würdigte die Teilnahme der vielen Gäste aus Tschechien am Pfingsttreffen.„Dies ist eine schöne Entwicklung. Ich habe heute Bernd Posselt gesagt: ‚So richtig abgerundet wäre die Geschichte, wenn wir den Sudetendeutschen Tag in Tschechien begehen würden. ‘ Das wäre eine große Angelegenheit.“
Der tschechische Botschafter in Deutschland, Tomáš Jan Podivínský, hat am Sonntag eine Rede beim Pfingsttreffen gehalten. Er erinnerte unter anderem an die Bemühungen von Ex-Premierminister Petr Nečas und dessen damaligen bayerischen Amtskollegen Horst Seehofer um eine Annäherung. Der Diplomat sagte, dass auch die gegenwärtigen Regierungschefs Tschechiens und Bayerns, Andrej Babiš (Ano-Partei) und Markus Söder, die Beziehungen weiter ausbauen wollen. Der Botschafter lobte den bilateralen Austausch, der sich auch auf regionaler Ebene abspielt. Er sagte:„Den Weg von Feindschaft und Misstrauen zu Partnerschaft und Freundschaft sind wir gemeinsam gegangen. Auf diese Leistung können wir stolz sein. (…) Gefragt sind heute viel Mut, Engagement und viel Kraft, ein wirklich positives Denken und ein gemeinsamer Blick nach vorne mit reger Kommunikation. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass eine gute gemeinsame Zukunft in Europa vor uns steht.“
Der Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, Bernd Posselt, würdigte im Gespräch für Radio Prag die versöhnliche Rede Podivinskýs.„Der Botschafter hat eine großartige Rede gehalten. Früher haben auch tschechische Minister großartige Reden gehalten. Es war eine staatliche Grußbotschaft. Dafür bin ich sehr dankbar.“
Bernd Posselt hält es für die größte gemeinsame Aufgabe der Sudetendeutschen und Tschechen, die gemeinsame Kultur zu erhalten und weiterzuentwickeln. Er bemerkte:
„Wir haben eine Kultur und zwei Sprachen. Außerdem haben wir die Funktion in Mitteleuropa, dieses Europa zusammenzuhalten, damit es eine Zukunft hat und nicht untergeht. Die größte Gefahr in der Gegenwart ist der Nationalismus von rechts außen, der Nationalismus von links außen und auch der kalte Nationalismus der Renationalisierung – die Rückkehr zum Nationalstaat.“
Auf die Frage, ob er sich vorstellen könnte, dass irgendwann einmal der Bürgermeister einer tschechischen Stadt die Sudetendeutschen zum Pfingsttreffen einladen würde, sagte Bernd Posselt:
„Ich kann mir das gut vorstellen und hoffe darauf. Aber eines möchte ich klar sagen: Unser Ziel ist nicht, jemandem etwas aufzudringen. Es wäre natürlich für uns das Schönste und der Höhepunkt, wenn wir irgendwo in den Böhmischen Ländern tagen könnten.“