Tschechien will Medizin-Cannabis billiger machen
Auch in Tschechien ist Cannabis zu Heilzwecken erlaubt. Aber immer noch ist es vergleichsweise schwer, an entsprechende Präparate heranzukommen. Vor allem können sich viele schwer kranke Menschen die entsprechenden Präparate nicht leisten. Die Regierung plant nun Abhilfe.
„Wenn ich morgens aufwache, tun mir Kopf und Hals weh, und ich habe Krämpfe in den Beinen. Die Schmerzen halten den ganzen Tag an. Sie bewegen sich auf der Skala zwischen eins und fünf. Aber manchmal liegen sie auch bei einer acht, dann sind sie fast nicht auszuhalten“, so der 38-Jährige.
Klassische Medikamente haben Matěj nicht geholfen, dann ist er auf Cannabis gekommen. Das Rauschmittel musste er zunächst auf dem Schwarzmarkt erstehen. Später wurde der Stoff auch in Tschechien als Heilmittel zugelassen. In Absprache mit seinem Neurologen kaufte der Prager zunächst die offiziellen Präparate. Täglich braucht er rund sechs Gramm:
„Diese Menge kostet mich in der Apotheke oder auf dem Schwarzmarkt rund 320.000 Kronen im Jahr. Dieselbe Menge kann ich aber auch selbst züchten, idealerweise mit dem richtigen Anteil von THC und CBD (Cannabis-Wirkstoffe, Anm. d. Red.). Dann zahle ich nur 640 Kronen für die Samen, ohne weitere Kosten.“Umgerechnet sind das knapp 25 Euro anstatt über 12.000 Euro. Matěj ist nicht allein. Auch andere Patienten in Tschechien ziehen wegen des hohen Preises lieber selbst ihr Gras. Die Piratenpartei hat deswegen vergangene Woche einen Gesetzentwurf vorgestellt. Demnach sollten fünf Hanfpflanzen zu Heilzwecken pro Person straffrei werden.
„Dies ist eine wichtige Sache. Denn etwa 80.000 Menschen in Tschechien nutzen Cannabis als Medizin. Damit ist nicht der Genuss der Droge zum Spaß gemeint“, erläutert Piraten-Kapitän Ivan Bartoš.
Das Regierungskabinett möchte aber einen anderen Weg gehen. So sollen die offiziellen Produkte billiger werden für die Patienten. Dazu erwäge man zwei Varianten, sagte Gesundheitsminister Adam Vojtěch (parteilos) am Dienstag:„Bei der einen handelt es sich um eine Erstattung durch die Krankenkassen. Die andere ist ein Zuschuss aus dem Haushalt, um den Preis des Endproduktes zu senken. Das wäre die einfachere Variante.“
Sollten die Krankenkassen eingebunden werden, würden diese nicht die Gesamtkosten erstatten. Angedacht seien etwa 75 Prozent, präzisierte Vojtěch.
Die tschechische Patientenvereinigung hat die Ideen sowohl der Piraten als auch der Regierung bereits begrüßt. Ein Hindernis sind aber auch die Ärzte. Denn nur 60 Fachmediziner verschreiben bisher Cannabis zu Heilzwecken – von insgesamt 20.000 registrierten Ärzten im Land. Der Grund sind wohl Vorbehalte, wie aus den Worten von Ärztekammerpräsident Milan Kubek hervorgeht:
„Medizinisches Cannabis hat keine heilende Wirkung. Es dämpft nur die Symptome einiger Erkrankungen. Seine Indikation ist sehr eingeschränkt. Wir müssen aber vorrangig ernste Erkrankungen heilen wie Diabetes oder hohen Blutdruck, denn die Hälfte der Tschechen ist übergewichtig. Das sind wohl die wichtigen Probleme. Cannabis zu Heilzwecken liegt hingegen unterhalb der Wahrnehmungsschwelle der Fachöffentlichkeit.“In der Palliativmedizin ist das Rauschgift jedoch durchaus von Bedeutung. So hilft Cannabis bei chronischen Schmerzerkrankungen, bei Multipler Sklerose oder Aids sowie Krebspatienten in der letzten Phase.