HHC-haltige Bonbons bringen Kinder auf Intensivstation - Tschechien diskutiert wieder über Verbot

In Tschechien wie in Deutschland ist der Cannabis-ähnliche Wirkstoff HHC nicht verboten. Aber noch schlimmer: Gummibärchen oder Vapes mit dem Rauschmittel werden sogar in Automaten verkauft – für jeden zugänglich. Nun sind drei Schulkinder aus Karlovy Vary / Karlsbad auf der Intensivstation eines Krankenhauses gelandet, nachdem sie Geleebonbons mit HHC gegessen haben. Eltern und Lehrer bitten die tschechische Politik, nun endlich zu handeln.

Illustrationsfoto: zapCulture,  Pixabay,  Pixabay License

In Tschechien häufen sich die Fälle, bei denen sich Kinder auf gefährliche Weise mit dem psychoaktiven Stoff HHC berauschen. Gummibärchen oder Geleebonbons mit diesem Mittel gibt es mittlerweile an vielen Ecken in Städten und Gemeinden. Der neueste Fall ereignete sich in einer Grundschule in Karlsbad. Schulleiterin Radka Hodačová schilderte in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:

„Ungefähr in der dritten Unterrichtsstunde stellte eine Lehrerin fest, dass es zwei ihrer Schülerinnen nicht gut geht. Als sich ihr Zustand verschlechterte, musste ich den Rettungsdienst rufen. Die Mädchen waren auch nicht mehr in der Lage zu sagen, warum es ihnen schlecht ging.“

Ähnlich traf es auch einen Schüler, der ebenfalls ins Krankenhaus gebracht wurde. Aber nicht nur Eltern und Lehrer waren nun besorgt, sondern auch die Mediziner…

„Die Kinder waren sehr müde und verloren das Bewusstsein. Dieser Zustand hielt 24 bis 48 Stunden an, und die Ärzte rätselten währenddessen, was der Grund sein könnte. Bis die Kinder selbst reden konnten, war die Lage sehr schwierig“, so die Sprecherin des Kreiskrankenhauses in Karlsbad, Markéta Singerová.

Letztlich kam heraus, dass die zwei Mädchen und der Junge bunte Geleebonbons mit HHC aus dem Automaten gezogen und gegessen hatten. Dass der Genuss solcher Waren so gefährlich für Kinder werden kann, hat selbst die Krankenhausärzte überrascht. Sprecherin Singerová:

„Die Kinderabteilung des Krankenhauses hat bisher keine Erfahrung gehabt mit dem Missbrauch dieses Stoffes. Aber in die Notaufnahme sind im vergangenen Jahr unzählige Patienten gekommen, weil sie unterschiedliche Reaktionen hatten nach dem Genuss bestimmter Produkte mit HHC.“

Mittlerweile ermittelt die Polizei in dem Vergiftungsfall der Kinder.

Kratomat | Foto: Lenka Žižková,  Radio Prague International

HHC ist eine halbsynthetische Substanz, die aus der Cannabis-Pflanze gewonnen wird. Erzeugnisse mit dieser und weiteren psychoaktiven Substanzen wie auch Kratom können bisher aber in Tschechien frei verkauft werden. In geringer Konzentration sollen die Inhaltsstoffe zwar Heilwirkung haben, aber es ist schwer einzuschätzen, wo bei jedem einzelnen die Grenzen liegen. In Kinderhände jedenfalls gehören die Produkte nicht, da sind sich die Fachleute einig. Schuldirektorin Hodačová appelliert daher an die Politiker:

„Ich möchte die Gesetzgeber sehr darum bitten, solche Waren möglichst schnell entweder zu verbieten oder den freien Verkauf unmöglich zu machen.“

Im vergangenen Jahr hat bereits der Koordinator der tschechischen Antidrogenpolitik, Jindřich Vobořil, die Händler gebeten, diese Produkte aus der Reichweite von Minderjährigen zu bringen. In Zukunft soll dies durch ein neues Gesetz über psychomodulierende respektive psychoaktive Substanzen geregelt werden. Der entsprechende Entwurf liegt aber noch im tschechischen Abgeordnetenhaus. Und er enthält kein Verbot der Produkte.

Jindřich Vobořil | Foto: Tschechischer Rundfunk

„Der Gedanke, dass man immer neue Substanzen verbietet, hat sich leider als unwirksam herausgestellt. Wenn wir HHC verbieten, sind schon andere, noch stärkere Stoffe auf dem Markt. Und so hinken wir mit unserer Liste immer hinterher. Das ist aber kein Zufall, denn hinter diesem Trend stehen große Interessensgruppen. Dazu gehören auch einige totalitäre Staaten, deren Hightech-Labore damit viele Milliarden Dollar umsetzen“, sagt Vobořil.

Laut dem Koordinator der Antidrogenpolitik sind derzeit bereits 140 unterschiedliche psychoaktive Substanzen bekannt. Deswegen sollten auch die Eltern informiert sein, welche Gefahren da auf ihre Kinder lauern, so Vobořil.

Autor: Till Janzer | Quellen: Český rozhlas , ČTK
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