Sáblíková freut sich auf Olympia und Kontrahentin Pechstein

Martina Sáblíková (Foto: ČTK)

Die Alpinen Skisportler haben am Samstag in Sölden ihren Saisonauftakt bestritten. Auch Tschechiens Wintersportler sind für die olympische Saison gerüstet. Wir stellen zwei von ihnen vor.

Martina Sáblíková  (Foto: ČTK)
Seit über einem Jahrzehnt dominiert sie die Langstrecken auf den Eisschnelllaufovals dieser Welt: die Tschechin Martina Sáblíková. Fast schon wie selbstverständlich läuft sie der Konkurrenz besonders auf der langen 5000-Meter-Distanz ein ums andere Mal davon. Dabei muss die 30-Jährige ständig weite Wege gehen, um sich in Form zu bringen. Denn in Tschechien gibt es bis heute keine Eisschnelllaufbahn, auf der sie trainieren könnte. Deshalb betreibt Sáblíková ihre unmittelbare Saisonvorbereitung Jahr für Jahr im italienischen Collalbo / Klobenstein und auf zwei Bahnen in Deutschland:

„Ich bin letztlich ´sehr froh´, dass die Eisbahnen nicht so weit entfernt sind. Nach Inzell oder Erfurt bin ich von Tschechien aus vier bis fünf Stunden unterwegs. Auf der anderen Seite ist es schade, dass wir kein eigenes Eis-Oval haben, denn so bin ich halt viel auf Reisen. Doch ich muss sagen, dass Inzell inzwischen so etwas wie ein Ersatz-Zuhause für mich geworden ist. Ich kenne mich in Inzell wirklich aus und bin sehr gern dort.“

Collalbo  (Foto: Mattes,  Public Domain)
Mit dem Personal des Hotels, in dem sie immer wohnt, verstehe sie sich bestens. Und wenn man Sonderwünsche habe, dann regle das ihr Trainer Petr Novák mit dem Besitzer des Hotels. Beide haben einen guten Draht zueinander, sagt Sáblíková gegenüber Radio Prag.

Die dreifache Olympiasiegerin verrät auch, dass sie die Einwohner der oberbayerischen Gemeinde im Landkreis Traunstein offenbar ins Herz geschlossen haben. Denn stets, wenn sie bei internationalen Wettkämpfen erfolgreich sei, komme ihr Handy fast nie zur Ruhe, schildert Sáblíková:

„Ich muss sagen, dass ich angenehm überrascht bin. Viele Menschen, besonders aus Inzell, schicken mir eine SMS und gratulieren mir. Sie schreiben oft, dass sie das Rennen verfolgt und mir den Sieg gewünscht hätten. Und das empfinde ich als sehr schön.“

Claudia Pechstein  (Foto: McSmit,  CC BY-SA 3.0)
So richtig angefangen hat Sáblíkovás Erfolgskarriere jedoch weder in Inzell noch in Erfurt, sondern in der größten Stadt Deutschlands, in Berlin. Denn dort traf die damals noch sehr zurückhaltende Tschechin jene Eisschnellläuferin, der sie immer nacheifern wollte: Claudia Pechstein. Die fünffache Olympiasiegerin habe ihr immer mit Rat und Tat zur Seite gestanden, und aus den anfänglichen Begegnungen mit der 15 Jahre älteren Deutschen sei eine echte Freundschaft erwachsen, bekennt Sáblíková:

„Claudia war stets mein Vorbild. Ich erinnere mich daran, wie ich einmal in Berlin zu Gast war und sie mir einen etwas älteren Rennanzug von sich geschenkt hat. Das war eine tolle Geste und für mich natürlich eine große Hilfe und Motivation zugleich. Ein anderes Mal bin ich zum Training gekommen und hatte den innigen Wunsch, in ihrem Schlepptau zu laufen. Sie trainierte gerade mit einer Gruppe, doch meinen Wunsch hat sie sofort erfüllt. Das war ein Riesenerlebnis für mich, in ihrem Windschatten zu laufen. Den gegenseitigen Respekt haben wir uns bis heute bewahrt, auch wenn wir auf dem Eis Kontrahentinnen sind. Und obwohl ich Claudia schon mehrfach bezwungen habe, bleibt sie die Frau, die mir in unserem Sport sehr viel geholfen hat.“

Die Freundschaft von Sáblíková und Pechstein wurde vor einiger Zeit aber auf eine harte Probe gestellt. Im Juli 2009 wurde bekannt, dass Pechstein von der Internationalen Eislaufunion (ISU) für zwei Jahre gesperrt wurde. Der Weltverband sah sie aufgrund von Indizien als des Blutdopings überführt an. Am 15. März 2010 bescheinigten Mediziner der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie Claudia Pechstein indes eine vererbte Blutanomalie, ihre veränderten Blutwerte hatten also eine genetische Ursache. Aus medizinischer Sicht sei die Sperre daher haltlos, hieß es. Pechstein kämpfte vor Gericht gegen ihre Sperre und bekam Recht, allerdings keine Entschädigung. Am Wichtigsten aber ist, dass sie vom Dopingvorwurf freigesprochen wurde und seitdem wieder ihren geliebten Sport betreiben kann. Auch Sáblíková ist sehr froh darüber:

Martina Sáblíková: „Claudia war stets mein Vorbild. Den gegenseitigen Respekt haben wir uns bis heute bewahrt, auch wenn wir auf dem Eis Kontrahentinnen sind. Und obwohl ich Claudia schon mehrfach bezwungen habe, bleibt sie die Frau, die mir in unserem Sport sehr viel geholfen hat.“

„Ich denke, dass sie aus dieser leidigen Geschichte gestärkt hervorgegangen ist. Ich will nicht sagen, dass wir jetzt eine neue Claudia Pechstein erleben, aber sie hat die Vergangenheit offensichtlich hinter sich gelassen und schaut nur nach vorn. Sie ist wieder zurück, wird immer besser, und ich wünsche ihr, dass es noch weiter aufwärts geht.“

Beide Eisschnellläuferinnen sind auf die neue Saison bestens vorbereitet und werden sich aller Voraussicht nach auch bei den Winterspielen in Pyeongchang einen harten Kampf liefern. Martina Sáblíková jedenfalls zweifelt nicht daran, dass sie Pechstein in Südkorea herausfordern wird:

„Sie wird ganz gewiss in Pyeongchang an den Start gehen. Letztlich habe ich gehört, dass sie auch noch bei Olympia 2022 dabei sein will. Für mich ist das unglaublich, aber Claudia ist ein echtes Ass.“

Dies trifft auch auf den Gewinn von olympischem Edelmetall zu, denn da hat die Deutsche ihrer tschechischen Freundin noch einiges voraus. Pechstein hat bei Olympia neun Medaillen gewonnen, Sáblíková bisher fünf. Dafür ist die Medaillensammlung der Athletin aus Žďar nad Sazávou in den anderen Wettbewerben mehr als beeindruckend: Sie eroberte bisher 17 WM- sowie fünf EM-Titel und gewann den Gesamt-Weltcup auf der Langstrecke gleich elfmal in Folge. Für diese einzigartigen Leistungen wurde Martina Sáblíková am Samstag von Staatspräsident Milos Zeman mit der Verdienstmedaille des Landes geehrt.


Abfahrer Hudec will auch für Tschechien auf das Podest steigen

Jan Hudec  (Foto: Jan Kaliba,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Von einer solch langen Liste an Erfolgen kann ein anderer Tscheche nur träumen. Und er wird sie auch nie erreichen, da er seine Karriere als tschechischer Wintersportler erst im vergangenen Jahr begonnen hat. Und das im Alter von 35 Jahren! Die Rede ist vom alpinen Skiläufer Jan Hudec. Er wurde 1981 im mährischen Šumperk / Mährisch Schönberg geboren, doch aufgewachsen ist er in Kanada. Dies deshalb, weil seine Eltern 1982, als Klein-Jan gerade mal zehn Monate alt war, dorthin emigriert sind. Für das Land der Ahornblätter hat Hudec auch seine bisher größten sportlichen Erfolge erzielt: die Silbermedaille im Abfahrtslauf bei der WM 2007 und die Bronzemedaille im Super G bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi.

Einen Podestplatz für sein Geburtsland, für das Hudec seit vergangener Saison startet, würde der 36-Jährige auch gern in Pyeongchang erreichen. Die Voraussetzungen dafür aber sind nicht die besten. Denn während Hudec in der Saison 2016/17 vor allem mit wenig Geld und wenig konkurrenzfähigem Material zu kämpfen hatte, hat ihn vor dieser Saison eine Schulterverletzung zurückgeworfen. Sie ereilte ihn beim ersten Sommertraining auf einem Alpengletscher. Er musste operiert werden und konnte erst Ende September mit leichtem Aufbautraining beginnen. Dennoch habe er keine ernsthaften Bedenken, dass er dieses Manko nicht noch wettmachen könne, sagt Hudec:

Jan Hudec  (Foto: Luboš Vedral,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Das war ein schwerer Sommer für mich, denn ich konnte mich aufgrund der Verletzung nicht optimal auf die Saison vorbereiten. Auf der anderen Seite aber habe ich einige meiner besten Winter auch dann gehabt, wenn ich nur acht bis zehn Tage lang vor der jeweiligen Saison trainiert habe.“

Dank dieser Erfahrung nimmt Hudec sein Handicap sehr gelassen hin. Vielleicht auch deshalb, weil er im Gegensatz zur vergangenen Saison in materiell-technischer Hinsicht besser aufgestellt ist. Bei der Finanzierung der gerade begonnenen Weltcupsaison habe ihm ein altbekannter Sponsor aus Kanada geholfen und ebenso die Regionalverwaltung des Kreises Olomouc / Olmütz, in dem er heute wieder lebe, sagt Hudec. Seine größten Rivalen hätten zwar das doppelte Budget, dennoch könne er mit ihnen nun wieder konkurrieren, rechnet der Heimkehrer vor:

Lake Louise  (Foto: ChodHound,  CC BY-SA 2.0)
„Die Skiausrüstung, Flug- und Fahrtkosten, das Fitnesstraining und andere Posten verschlingen viel Geld. Es hilft mir zwar, dass die Anreise zu den Skigebieten in Europa kürzer ist als aus Kanada, doch ich muss schon 2,5 Millionen Kronen für eine Saison aufbringen. Und das ist wohl auch die Mindestsumme, um im Weltcup mitzuhalten gegen die Konkurrenten, die dafür umgerechnet fünf Millionen Kronen zur Verfügung haben.“

Hudec meint damit in erster Linie die Rivalen aus Österreich und Norwegen, die gegenwärtig die absolute Weltspitze sind. Beim Weltcuprennen am 22. November im kanadischen Lake Louise will er sich den Kontrahenten in dieser Saison erstmals stellen. Auch wenn er dann noch Trainings- und Wettkampfrückstand habe, rechnet er sich auf der dortigen Strecke einiges aus. Denn hier habe er vor zehn Jahren seine erste Weltcupabfahrt gewonnen. Und die Erfolge von gestern treiben ihn auch heute an. Nach der überraschenden Bronzemedaille von Sotschi nimmt er nun auch einen Podestplatz in Pyeongchang ins Visier – diesmal aber für die Tschechische Republik:

„Das Podium wäre für mich, angesichts meiner Ausgangslage, schon ein Wunder. Aber letztlich nur ein kleines, denn ich glaube an Wunder. Sollte es nicht eintreten, dann wäre eine Platzierung unter den Top 10 bis 15 bei Olympia auch ein sehr gutes Ergebnis für mich. Und das will ich erreichen.“

Autor: Lothar Martin
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