Acht Millionen Tschechen zur Wahl aufgerufen, 9000 im Ausland

Wahllokal (Foto: ČTK)

In der Tschechischen Republik wird ein neues Parlament gewählt. Am Freitag haben die Wähler bis 22 Uhr und am Samstag bis 14 Uhr die Möglichkeit, ihre Stimme abzugeben.

Wahllokal  (Foto: ČTK)
Die Wahlen zum Abgeordnetenhaus in Tschechien finden zum siebten Male statt. Zur Wahl treten 31 Parteien und Gruppierungen an. Das sind so viele wie noch nie und acht mehr als bei der vorigen Wahl im Jahr 2013. Um die Stimmen der rund 8 Millionen Wahlberechtigten bewerben sich über 7500 Kandidaten – auch das ist eine Rekordzahl. Auf ein Abgeordnetenmandat entfallen somit 37 Bewerber.

Zur Durchführung der Wahl werden am Freitag um 14 Uhr und am Samstag um 8 Uhr fast 14.800 Wahllokale geöffnet. Hinzu kommen 108 Wahllokale im Ausland, von denen einige schon seit Donnerstag in Betrieb sind. Sie sollen den dort lebenden Tschechen ermöglichen, von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen. Im Gegensatz zu anderen Ländern ist eine Briefwahl in Tschechien nicht zulässig. Weshalb das so ist, erklärt Marek Antoš von der Juristischen Fakultät der Prager Karlsuniversität:

Marek Antoš  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
„Das Hauptargument ist, dass man einen Missbrauch der Briefwahl befürchtet. Vor allem dann, wenn man die Möglichkeit der Briefwahl generell auf alle Wähler in Tschechien ausdehnen würde. Dabei ließe sich nicht völlig ausschließen, dass Stimmen ‚gekauft‘ würden oder jemand anderes für einen wählt. Fälle von Stimmenkauf hat es hierzulande schließlich schon gegeben.“

Aus diesem Grund müssen auch die über 9000 im Ausland zur Wahl registrierten Tschechen persönlich an die Wahlurne treten. Zu ihnen gehört Soňa Jarošová, die gegenwärtig in Niger arbeitet, und zwar für die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit. Um von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen zu können, muss sie allerdings in die Hauptstadt des Nachbarlands Nigeria, nach Abuja reisen. Denn dort gibt es eine tschechische Botschaft, die gleich für neun westafrikanische Länder zuständig ist. Vordem aber habe sie in ihrem Hauptwohnort Prag zunächst einen sogenannten Wählerausweis beantragen müssen, schilderte Jarošová diese Woche gegenüber Radio Prag:

Soňa Jarošová  (Foto: Archiv von Soňa Jarošová)
„Den Wählerausweis habe ich Anfang September beantragt. Die Botschaft in Abuja hat ihn erst vor zwei Wochen bekommen. Nachdem mich die Botschaft darüber benachrichtigt hat, habe ich das Visum für Nigeria beantragt und den Flug gebucht.“

Und dieser Flug ist noch nicht einmal eine Direktverbindung. Soňa Jarošová muss über die togoische Hauptstadt Lomé fliegen, um ans Ziel zu gelangen. Die Entwicklungshelferin weiß indes sehr genau, warum sie diesen weiten Weg in Angriff nimmt:

„Obwohl ich derzeit im Ausland lebe, verfolge ich die Politik in Tschechien sehr aufmerksam. Es ist mir sehr wichtig, wohin sich mein Land bewegt, welche Richtung unsere Politik nimmt. Wenn alle denken, dass eine Stimme keinen Unterschied macht, dann kriegen wir das aber einfach nicht hin. Ich fühle, dass meine Stimmabgabe sehr wichtig ist. Und ich möchte mir in ein paar Jahren nicht selbst sagen müssen, ich wollte damals auch etwas tun und meine Stimme doch jemandem anderen geben.“

Parlamentswahl im Oktober 2013
Die Stimmen der Tschechen im Ausland werden dem Wahlkreis Mittelböhmen zugeordnet. Die spannende Frage aber heißt erneut: Wie werden alle gültigen Stimmen verteilt? Bei der letzten Parlamentswahl im Oktober 2013 haben sieben Parteien den Einzug in das Abgeordnetenhaus geschafft. Ein Fünftel der Stimmen konnten die Sozialdemokraten (ČSSD) auf sich vereinen. Mit 20,45 Prozent hatten sie die Wahl gewonnen, dicht gefolgt von der Partei Ano, die 18,65 Prozent erreichte. Allen Wahlumfragen zufolge könnte es diesmal aber genau anders herum ausgehen.