Vom Schneider zum Gastwirt: die Bierstube U Pinkasů und ihre Geschichte

Bierstube U Pinkasů

Bei den sommerlichen Temperaturen schmeckt das Bier am besten. In unserer mehrteiligen Serie stellen wir Ihnen einige der traditionsreichen Prager Bierbrauereien und Bierstuben vor. Diesmal laden wir Sie in die Bierstube „U Pinkasů“ ein.

Bierstube U Pinkasů | Foto: Ondřej Tomšů,  Radio Prague International
Jeder Prager kennt die Bierstube. „U Pinkasů“ befindet sich auf dem Jungmann-Platz hinter dem Baťa-Haus nahe dem dortigen Franziskanerkloster. Erstaunlicherweise war der Gründer der Bierstube kein Gastwirt oder Bierbrauer, sondern ein Schneider. Jakub Pinkas stammte aus Budětice im Böhmerwald, er ließ sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Stadtzentrum von Prag nieder. Pinkas nähte unter anderem Messgewänder für die Franziskaner, aber auch Anzüge und Kleider für die damals neu entstehende Bürgerschicht. Pinkas war mit dem Fuhrmann Martin Salzmann aus Plzeň / Pilsen bekannt. Dieser hat bei dem Schneider manchmal übernachtet. Salzmann sei jedoch sehr sparsam gewesen, erzählt Karel Doubek. Er ist Generaldirektor der Gesellschaft, die das Restaurant „U Pinkasů“ heute betreibt.

Karel Doubek  (Foto: Ondřej Tomšů)
„Salzmann hatte keine Lust, für die Übernachtung bei Pinkas zu zahlen, und deswegen brachte er seinem Bekannten immer etwas aus Pilsen mit. Am 8. April 1843 brachte er seinem Freund Pinkas das neue Bier aus Pilsen, das dort erst seit ein paar Monaten gebraut wurde. Und der Schneider servierte das Bier seinen Kunden. Diesen schmeckte das Pilsner Bier so gut, dass Pinkas den Schneiderberuf auf den Nagel hängte und zum Gastwirt wurde.“

Wegen der Qualität des Bieres wurde das Gasthaus schnell beliebt. Nach dem Tod des Sohnes von Jakub Pinkas übernahm einer der Kellner, František Brabec, den Betrieb. Der Name der Bierstube wurde jedoch beibehalten. Ursprünglich habe sie aber anders geheißen, erzählt Karel Doubek:

Bierstube U Pinkasů  | Foto: Ondřej Tomšů,  Radio Prague International
„Sie hieß anfangs ,U švingulanta‘. Der umgangssprachliche Begriff wurde vermutlich vom deutschen Wort ,Schwindler‘ abgeleitet. Die Besucher des Lokals haben jedoch immer gesagt, dass sie zum ,alten Pinkas‘ gehen. So wurde das Gasthaus in ,U Pinkasů‘ umbenannt. František Brabec traute sich nicht mehr, den Namen zu ändern. Obwohl das Lokal eigentlich ,Brabec` Pilsner Restaurant‘ hieß, wurde die Bezeichnung ,U Pinkasů‘ aufrechterhalten.“

Brabec war sehr erfolgreich, er beteiligte sich zudem am gesellschaftlichen Leben in Prag. Der Gastwirt gehörte zu den ersten Mitgliedern des Turnvereins Sokol und war langjähriger Ehrenvorsitzender des patriotischen Vereins Hostimil. Zu den Besuchern des Restaurants gehörten von Anfang an namhafte Persönlichkeiten, darunter der Historiker František Palacký, der in der Nähe wohnte. Nicht nur das Bier lockte die Besucher an, sondern auch seine sehr gute Küche. Karel Doubek:

Gotischer Garten  (Foto: Ondřej Tomšů)
„Es ist sogar eine Speisekarte von 1845 erhalten. Serviert wurden hier damals beispielsweise Kalbsnieren, Kalbsbries und weitere altböhmische Spezialitäten. Die Ehefrau von Brabec´ Nachfolger soll eine hervorragende Köchin gewesen sein. Als wir begonnen haben, das Restaurant zu betreiben, sind einige ältere Damen zu uns gekommen und haben uns einige Rezepte von Frau Brabcová gebracht. Einige davon nutzen wir bis heute.“

Mehrere Jahrzehnte lang gehörte das Gasthaus den Brabec´. Erst während des Kommunismus, als alles verstaatlicht wurde, verlor die Familie ihren Betrieb. Nach der Wende von 1989 bekamen die Nachkommen aber das Gasthaus zurück. Doubeks Firma kaufte dann von diesen im Jahr 2001 das Gebäude mit dem Restaurant. Die Küche steht im Zeichen altböhmischer Tradition. Das Gasthaus erstreckt sich über mehrere Etagen. Dies sei etwas Besonderes, meint Karel Doubek und fügt hinzu:

„Wenn man die Biergärten miteinberechnet, haben wir rund 600 Plätze. Dazu gehören auch die gotischen Kellerräume, in denen einst Jakub Pinkas die ersten Bierfässer lagerte. Für den schönsten Bereich des Gasthauses halte ich jetzt im Sommer den gotischen Garten.“