Tenor Petr Nekoranec bringt junge Talente nach Prag
Petr Nekoranec ist derzeit der Shootingstar der tschechischen Oper. Im Januar dieses Jahres siegte der Tenor beim renommierten Francesc-Viñas-Wettbewerb in Barcelona. In den Jahren 2014 bis 2016 war er Mitglied des Opernstudios der Bayerischen Staatsoper. Für die Titelrolle in Benjamin Brittens Oper Albert Herring wurde Nekoranec im November vergangenen Jahres mit dem Bayerischen Kunstförderpreis ausgezeichnet. Zurzeit nimmt er am Lindemann-Programm für junge Künstler an der Metropolitan Opera in New York teil. Dazwischen kommt Petr Nekoranec auch immer wieder in seine Heimat zurück. So hat er einige junge Sängerinnen und Sänger vom Opernstudio der Bayerischen Staatsoper zu einem Konzert am Montag im Prager Neustädter Rathaus mitgenommen. Nach dem Auftritt entstand ein Gespräch mit Nekoranec und dem deutschen Bariton Johannes Kammler.
„Eigentlich war das die Idee meiner Agentin. Bei meinem Konzert im Neustädter Rathaus im Dezember 2015 war das Publikum so begeistert, dass sich die Agentur entschied, ein weiteres Konzert in Zusammenarbeit mit dem Opernstudio zu veranstalten und junge Künstler zu unterstützen. Es war ganz spontan, und das Konzert wurde auch sehr schnell mit der Leitung der Bayerischen Staatsoper vereinbart. Das große Interesse für das Konzert freut uns alle sehr. Es ist für mich immer sehr schön, wieder nach Tschechien zu kommen und bei einem Konzert oder in der Oper zu singen. Jetzt werde ich in Rossinis Oper ‚Le comte Ory‘ im Brünner Nationaltheater singen.“
Wann singen Sie in Brünn?
„Wir haben gerade jetzt Proben, und die Premiere findet am 26. Mai statt. Dann folgen noch einige Reprisen. Im September wird die Oper auch in Prag gastieren, ich werde in Mozarts Ständetheater in einer Vorstellung des ‚Le comte Ory‘ singen. Darüber freue ich mich wirklich sehr.“Als erster Tscheche wurden sie in das Lindemann-Programm für junge Künstler an der Metropolitan Opera in New York aufgenommen. Treten Sie dort auch bei Konzerten auf?
„Nach der Rückkehr nach New York singe ich bei vier Konzerten im Central Park, die die Metropolitan Opera veranstaltet. Und am 6. Juni singe ich für Plácido Domingo. Er wird in die Hall of Fame der Künstler aufgenommen. Es gibt dabei eine Zeremonie, bei der ich im Sextett aus Donizettis Lucia di Lammermoor singen werde. Danach komme ich wieder zurück und werde ein paar Konzerte in Europa haben.“
Herr Kammler, Sie wollten Mediziner werden, sind aber dann bei der Oper gelandet. Wie wechselt man von der Medizin zum Barbier von Sevilla?
„Ich habe mein ganzes Leben lang gesungen, ich war ab meinem fünften Lebensjahr bei den Augsburger Domsingknaben. Aber bis zum Schluss, bis zum Abitur habe ich überlegt, was ich denn studieren könnte. Man hört natürlich, dass der Künstlerberuf nicht der Brotberuf und die Konkurrenz sehr groß ist. Mir hat es großen Spaß gemacht, als ich ein Praktikum im Klinikum meiner Heimatstadt Augsburg absolviert habe. Trotzdem habe ich mich für den Gesang entschieden. Denn die Konkurrenz ist in jedem Beruf groß, und man hat nie etwas Sicheres. Außerdem möchte ich in meinem Leben das machen, was ich liebe, was mir Spaß macht und was ich auch gut kann. So bin ich beim Gesang gelandet. Und bin sehr glücklich.“Sie sind inzwischen schon zusammen mit renommierten Orchestern aufgetreten. Im vergangenen Jahr sprangen Sie bei den Münchner Opernfestspielen in Halévys Oper ,La Juive‘ ein. War das anspruchsvoll?„Es war kein Cover-Vertrag, aber ein Sänger ist krank geworden, und ich wurde gefragt, ob ich schnell die Rolle einstudieren könnte. Es war eine mittlere Partie, auf Französisch, die Proben hatten schon begonnen. Es war schon Stress, dies zu schaffen. Aber letztlich hatte ich wahnsinnig viel Spaß.“
Wie bereiten Sie sich im Opernstudio, an dem zuvor auch Petr Nekoranec tätig war, auf Ihre Künstlerkarriere vor?„Es ist phantastisch. Das Opernstudio ist eine Art Zwischenstufe zwischen Studium und Arbeitsleben. Wir bekommen unser Monatsgehalt, um als Opernsänger an der Bayerischen Staatsoper zu arbeiten. Aber trotzdem erhalten wir nebenher noch Gesangs- und Schauspielunterricht, Sprachcoaching und Rollenstudium. Insofern ist es eine perfekte Kombination, speziell an der Bayerischen Staatsoper, an der so viele renommierte Musiker, Dirigenten, Sänger und Regisseure tätig sind. Man kann auch mit tollen Lehrern zusammenarbeiten, die zu den Meisterkursen kommen.“
Jetzt sind Sie bei diesem Konzert erneut mit Petr Nekoranec zusammengetroffen. Wie fanden Sie den Konzertabend in Prag?
„Ich war schon einmal in Prag und bin begeistert von der Stadt. Aber ich war noch nie vorher im Neustädter Rathaus, das wunderschön ist. Ich bin begeistert von der Akustik in diesem Saal, es war eine Freude, dort zu singen. Persönlich war ich froh, Petr wieder zu sehen. Ich sehe ihn ab und zu in München, wo er gerade in Rossinis ‚Guillaume Tell‘ singt. Ich habe ihn vor ein paar Monaten in New York getroffen. Es war toll, in Prag zusammen mit ihm zu singen. Das Publikum war fantastisch. Man hat an den Augen gesehen, dass die Besucher einem die Worte von den Lippen gelesen haben, sie waren einfach mit dabei. Das ist dann immer ein schönes Miteinander.“Haben Sie schon eine Arie aus einer tschechischen Oper gesungen?
„Leider noch nicht. Aber das kann noch kommen.“
Petr Nekoranec können Sie am 26. Mai in der tschechischen Premiere von Rossinis Oper „Le comte Ory“ sehen. In Prag wird er wieder am 4. September ein Konzert geben, bei dem er erneut einige Gästen vorstellen wird. Am 22. September tritt Nekoranec schließlich beim internationalen Musikfestival Dvořáks Prag auf.