Tschechisches Eishockeyteam überzeugt beim Karjala Cup

Karjala Cup (Foto: ČTK)

Im Eishockey wurde hierzulande in dieser Saison schon einiges geboten. Nach dem Weltcup in Toronto hat die tschechische Nationalmannschaft in den vergangenen Tagen auch das erste Turnier in Europa gespielt. Und in der nationalen Liga ist bereits ein Drittel der Punktspiele absolviert. Wir betrachten beide Spielfelder, das internationale wie das nationale.

Karjala Cup  (Foto: ČTK)
Die Euro Hockey Tour wird seit der Saison 1996/97 ausgetragen. Es ist eine europäische Turnierserie, an der beständig die vier besten Nationalmannschaften des alten Kontinents teilnehmen: Finnland, Russland, Schweden und Tschechien. In dieser Reihenfolge haben sich die vier Top-Nationen auch die bisherigen Siege in der 20-jährigen Geschichte der Tour aufgeteilt: Finnland gewann achtmal, Russland sechsmal, Schweden viermal und Tschechien zweimal.

Dass die Tschechen in diesem Ranking nur Vierter und damit Letzter sind, hat auch etwas mit dem langjährigen Auftaktturnier zu tun, dem Karjala Cup. Dieses Turnier wird seit 1996 traditionell in der finnischen Hauptstadt Helsinki veranstaltet, nur einzelne Spiele ohne Beteiligung des Gastgeberteams werden wegen ihrer geringeren Attraktivität ausgelagert. Tschechien ist aus diesem Kräftemessen erst einmal als Sieger hervorgegangen, das war vor vier Jahren. Dafür haben die Tschechen den Wettbewerb schon achtmal als Letzter beendet, davon alle drei vorangegangenen Turniere.

David Kämpf  (links). Foto: ČTK

Diese Negativserie wollten die Schützlinge von Nationaltrainer Josef Jandač diesmal unbedingt beenden. Doch nicht nur deshalb berief der 47-jährige Coach gleich acht Auswahlneulinge in sein Aufgebot. Einer von ihnen war der Angreifer des tschechischen Vereins Piráti Chomutov, David Kämpf. Er freue sich auf sein Nationalmannschaftsdebüt, sagte der 21-Jährige vor der Begegnung mit Schweden. Nervös sei er nicht, aber:

„Ich denke, dieses Match wird sicher um ein, zwei Level schneller sein als ein Spiel in der Extraliga. Ich will mich aber im möglichst besten Licht zeigen und beweisen, dass ich auch international bestehe“, so Kämpf.

Jandač: „Wir wollten gewinnen, nachdem wir im Turnier so gut vorgelegt hatten. Heute hat das erste Tor entschieden, und das hat der Gegner erzielt. Gegenüber den beiden ersten Spielen hat uns heute die Spritzigkeit gefehlt.“

Und das bewies er schließlich auch in der Auftaktpartie gegen Schweden, die im westböhmischen Plzeň / Pilsen ausgetragen wurde. Doch nicht nur Kämpf, sondern die gesamte Mannschaft bot eine beeindruckende Vorstellung und schlug die „Tre Kronors“ völlig verdient mit 6:3. Das freute auch den Schützen des zweiten tschechischen Tores, Richard Jarůšek. Der 25-Jährige, der selbst erst in der letzten Saison sein Auswahldebüt gab, aber dämpfte sofort eine eventuell aufkommende Euphorie:

„Bei diesen Turnieren geht es richtig zur Sache. Wir sind froh, dass wir gut in den Karjala Cup gestartet sind, doch wir dürfen jetzt nicht nachlassen. Die zwei folgenden Spiele werden extrem schwer, auf sie müssen wir uns gut vorbereiten.“

Auch die zweite Partie meisterte die tschechische Mannschaft mit Bravour: In Helsinki bezwang sie Gastgeber Finnland in einem attraktiven Match mit 5:3. Das bedeutete, in ihrer abschließenden Begegnung mit Russland konnten die Mannen um Kapitän Jakub Jeřábek ihre tollen Leistungen mit dem Turniersieg krönen. Doch daraus wurde leider nichts. Gegen die ebenfalls noch blutjunge Sbornaja unterlagen die Tschechen mit 0:3 und wurden am Ende Zweiter des Vierer-Turniers. Diese Platzierung hat Tschechien nun zum sechsten Male bei insgesamt 20 Starts erzielt. Darüber war Trainer Jandač zufrieden, nicht aber mit dem Ergebnis und dem Spiel seiner Jungs gegen Russland:

Josef Jandač  (ganz rechts). Foto: ČTK
„Wir wollten gewinnen, nachdem wir im Turnier so gut vorgelegt hatten. Heute hat das erste Tor entschieden, und das hat der Gegner erzielt. An allen drei Gegentoren waren wir beteiligt, denn wir haben es nicht verstanden, auf die schnellen Querpässe der Russen in eigener Unterzahl zu reagieren. Wir haben öfter als der Gegner aufs Tor geschossen, doch die meisten Schüsse waren nicht gefährlich. Gegenüber den beiden ersten Spielen hat uns heute die Spritzigkeit gefehlt.“

Und dennoch, als Fazit bleibt ein sehr positiver Gesamteindruck, vor allem wegen der schnellen und technisch versierten Spielweise der tschechischen Mannschaft. Dazu Kapitän Jakub Jeřábek:

Jeřábek: „Wir spielen ein grundsolides und aktives Eishockey. Man ist schnell dabei zu sagen, es ist ein offensives Eishockey. Aber heutzutage geht das nur, wenn auch die Angreifer nach hinten arbeiten und sich die Verteidiger in den Angriff einschalten. Alles hängt mit allem zusammen.“

„Wir spielen ein grundsolides und aktives Eishockey. Man ist schnell dabei zu sagen, es ist ein offensives Eishockey. Aber heutzutage geht das nur, wenn auch die Angreifer nach hinten arbeiten und sich die Verteidiger in den Angriff einschalten. Alles hängt mit allem zusammen.“

Und Stürmer Lukáš Radil ergänzt:

„Jeder erfüllt das, was er zu leisten imstande ist. Wir spielen ein System, das uns die Trainer maßgeschneidert haben, und jeder kann sehen: Es funktioniert. Zudem war zu spüren, dass jeder wirklich zeigen wollte, dass er auch international gut mithalten kann.“

Diesen Trend wollen die tschechischen Cracks schon in anderthalb Monaten fortsetzen, wenn das zweite Turnier der Euro Hockey Tour ansteht. Es ist der Channel One Cup, der vom 15. bis 18. Dezember in Russland ausgespielt wird.


Deutscher Fan: Im tschechischen Eishockey wird eine Schippe schneller gespielt

Foto: YouTube
Nach dem internationalen Turnier um den Karjala Cup ist vor der nationalen Meisterschaft. Am Mittwoch setzt die tschechische Tipsport-Extraliga ihre Punktspiele der laufenden Saison fort. Bis zur Länderspielpause wurden 17 Spieltage ausgetragen. Zwei mährische Clubs dominieren bislang die Konkurrenz, der HC Kometa Brünn und der HC Ocelaři Třinec. Sie haben bereits acht beziehungsweise sechs Punkte Vorsprung auf den Tabellen-Dritten, den HC Verva Litvínov. Aber auch das Team vom südlichen Fuße des Erzgebirges zählt zu den positiven Überraschungen des bisherigen Saisonverlaufs. Zumal Litvínov in der vergangenen Saison nur mit Mühe den Abstieg verhindern konnte. Als Tabellenvorletzter mussten die Schwarz-Gelben in die Relegation, jetzt aber trumpft der Meister der Saison 2014/15 wieder gewohnt spielstark auf. Und auch der nordböhmische Regionalrivale Piráti Chomutov mischt munter mit und ist sehr heimstark. Deshalb fand das Derby der beiden grenznahen Vereine am letzten Spieltag vor dem Karjala Cup großes Interesse. Mit 5250 Besuchern war die SD-Aréna in Chomutov / Komutau nicht nur ausverkauft, zu den Zuschauern der Begegnung gehörten auch zahlreiche Eishockeyfans von der sächsischen Seite des Erzgebirges. Mittlerweile aber kommen die Besucher von Eishockeyspielen der Extraliga auch noch von weiter her. Wie Kraftfahrer Daniel aus dem sächsischen Hohenstein-Ernstthal, einer Kleinstadt zwischen Chemnitz und Zwickau. Warum er und sein Sohn die lange Anreise gern auf sich nehmen, auch das sagte er mir im folgenden Gespräch:

Foto: YouTube Kanal von SpradeTV
Was fasziniert Sie am tschechischen Eishockey?

„Es ist auf alle Fälle schneller. Seit 20 Jahren gehe ich zum Eishockey nach Crimmitschau. Der dortige Club spielt in der zweiten deutschen Liga, der DEL2. Vor fünf Jahren sind wir mal aus Neugier zum Eishockey nach Litvínov gefahren, und waren sofort begeistert. Wir finden, das tschechische Eishockey ist noch eine Schippe schneller und technisch besser, und von da an sind wir hier irgendwie hängengeblieben. Wenn man also gutes Eishockey sehen will, was noch dazu bezahlbar ist, muss man halt nach Tschechien fahren.“

Martin Ručinský  (Foto: Archiv HC VERVA Litvínov)
Stimmt, es kommt auch noch dazu, dass ein Bier und vieles andere mehr hierzulande billiger ist als in Deutschland. In mehreren tschechischen Mannschaften spielen zudem noch ehemalige National- oder NHL-Spieler mit, die international ziemlich erfolgreich waren. Ich nenne da nur den Namen Martin Ručínský – der Olympiasieger von 1998 und dreifache Weltmeister hat vor anderthalb Jahren noch mitgeholfen, den tschechischen Meisterpokal erstmals nach Litvínov zu holen. Solche Spieler aber sieht man in der DEL2 nicht, oder?

„Ja, das stimmt. In Deutschland hat man mehrere Klauseln eingeführt, um die Zahl der Ausländer in den Mannschaften zu begrenzen und den eigenen Nachwuchs zu fördern. Soviel ich weiß, dürfen in der DEL2 nur fünf Ausländer mitspielen, und wohl auch nur ebenso wenig Akteure, die älter als 23 Jahre sind. Ich respektiere, dass damit der Nachwuchs in Deutschland gefördert wird, doch das bessere Eishockey bekommt man in Tschechien geboten.“

Foto: Archiv HC Sparta Praha
Und wie gefällt Ihnen die Stimmung in den tschechischen Eisarenen?

„Die Stimmung im tschechischen Eishockey ist anders als bei uns in Deutschland. Hier ist es ein wenig gedämpfter und verhaltener. Vielleicht bin ich aber auch etwas verwöhnt durch die heiße Atmosphäre in Crimmitschau. Doch ich muss zugeben, es ist eine Atmosphäre, die schon etwas der Vergangenheit angehört, als die Spiele in der westsächsischen Eishockey-Hochburg vor vielen Jahren noch ausverkauft waren. Heute ist das längst nicht mehr so. Die dagegen etwas verhaltene Anfeuerung der Mannschaften in Tschechien aber nehme ich gern in Kauf, denn vom Spielerischen her ist die Extraliga eine Augenweide.“

Foto: Albin Axelsson,  Free Images
Und es gibt auch keine Rüpeleien beim Eishockey in Tschechien, im Gegensatz zum Fußball. Das hiesige Eishockey kann man sich getrost auch ganz in Familie anschauen, denn es gibt keine Ausschreitungen bei den Spielen. Oder sehen Sie das anders?

„Nein, Sie haben Recht. Diese Erfahrung habe ich aber auch in Deutschland gemacht, im Eishockey geht es sittsamer und friedfertig zu. Das ist das, was mir gefällt. Aufgrund der Erzählungen einiger Kollegen aus Sachsen, die auch nach Tschechien zum Eishockey fahren, hatte ich allerdings ein bisschen Angst vor dem Derby zwischen Chomutov und Litvínov. Sie waren vor einigen Jahren hier und sagten, es habe Ärger gegeben, wohl mit einigen Jugendlichen. Aber als ich jetzt vom Parkplatz abgegangen bin und gesehen habe, dass aus Litvínov komplette Familien angereist sind, da bekam ich sofort das Gefühl: Es ist eigentlich alles ganz entspannt, so wie man es gewöhnt ist. Und so muss es auch sein, wenn man guten Sport genießen will.“

Autor: Lothar Martin
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