Ein Feiertag, viele Kontroversen – Tschechien begeht den 28. Oktober
Am Freitag ist Feiertag in Tschechien. Warum am 28. Oktober frei ist, mag für Außenstehende auf den ersten Blick merkwürdig aussehen – gefeiert wird nämlich die Geburt der Tschechoslowakischen Republik 1918. Die Entstehung eines Staates also, der nicht mehr existiert. Dennoch ist es der wichtigste staatliche Feiertag hierzulande, der zudem immer wieder von Kontroversen begleitet wird – insbesondere seit dem Amtsantritt von Miloš Zeman als Präsident.
Als sich 1993 die Tschechen und Slowaken trennten, wollten letztere vom 28. Oktober nichts mehr wissen. Bei den Tschechen war das anders. Warum, das hat der frühere Präsident Václav Klaus einmal bei einer seiner Feiertagsreden erklärt. Gerade dieser Tag sei ein Meilenstein in der Identitätsfindung der Tschechen gewesen, sagte Klaus.
Doch vor allem seit dem Ende des Kommunismus und dem Zerfall der Tschechoslowakei gibt es immer wieder Kontroversen am Staatsfeiertag. Es geht vor allem darum, an was man an diesem Tag erinnern will. Symptomatisch sind dafür die wichtigen Feierlichkeiten auf der Prager Burg und die Verleihung der Staatsauszeichnungen.Für den ersten Präsident Tschechiens Václav Havel war klar, wer geehrte werden sollte: Menschen, die sich vor allem dem totalitären Kommunismus entgegengestellt hätten, wie er selbst betonte. Kritisiert wurde er jedoch deswegen, da diese Freiheitskämpfer oft enge Freunde von ihm waren, wie zum Beispiel Karel Schwarzenberg und Pavel Landovský.
Auf die Spitze der Konflikte brachte und bringt es aber der amtierende Präsident Miloš Zeman. Bereits in den vergangen Jahren blieben den Feierlichkeiten vor allem die Hochschulrektoren fern. Grund dafür waren Konflikte Zemans mit einzelnen von ihnen, die er schließlich entgegen des Usus nicht einlud zu den Feierlichkeiten. Zudem lehnten zahlreiche Persönlichkeiten einen Orden aus den Händen Zemans ab, so Ex-Premier Petr Pithart oder der Physiker Jiří Grygar. Sie stoßen sich vor allem an Zemans schönen Augen für die Volksrepublik China und Russland.In diesem Jahr ist der Holocaust-Überlebende Jiří Brady der Grund für einen gespaltenen Staatsfeiertag. Der Onkel von Kulturminister Daniel Herman (Christdemokraten) kam in dem Glauben nach Prag, den Tomáš-Garrigue-Masaryk-Orden zu erhalten. Die Pläne des Präsidialamts sahen aber anders aus. Vor allem die konservative Opposition und die regierenden Christdemokraten bleiben der Feier nun fern. Karel Schwarzenberg ist Ex-Außenminister und Ehrenvorsitzender der konservativen Top 09:
„Die Prager Burg ist zu einem profanen Ort geworden und hat viel von seinem Glanz verloren – vor allem dadurch, was in der letzten Zeit passiert ist. Da wäre es eine Schande für mich, jetzt zu diesen Feierlichkeiten zu gehen.“Die Opposition will daher eine Alternativveranstaltung auf dem Altstädter Ring in Prag organisieren. Dort soll der 28. Oktober in Würde und im Geiste Masaryks begangen werden, heißt es. Ob damit aber etwas für die Würde des Feiertags an sich getan ist, steht auf einem anderen Blatt.
Im Übrigen kennt sich auch Miloš Zeman gut mit dem Boykott der Feierlichkeiten zum Staatsfeiertag aus. 2001 weigerte er sich wegen eines Zerwürfnisses mit Dagmar Havlová, beim Festakt zu. Die damalige First Lady hatte ihn als Lügner bezeichnet und ausgeschlossen, ihm jemals die Hand zu schütteln.