Posse des Jahres: Segway-Fahrverbot in Prag wegen Ämterstreit nicht umsetzbar
Bei grotesken öffentlichen Vorgängen spricht man gemeinhin von einer Posse, über die man lauthals lachen könnte, wenn sie genauer betrachtet nicht eigentlich nur ärgerlich ist. Die absurdesten Vorfälle werden dabei nicht selten als „Posse des Monats“ oder „Posse des Jahres“ deklariert. Und Letztere scheint man in Prag bereits gefunden zu haben – es ist der Zwist über das Segway-Fahrverbot.
„Das sind Beschwerden zum Betrieb von Segways in der City, die bei uns während der Schulferien eingegangen sind. Es sind zirka 50, Dutzende weitere haben wir telefonisch erhalten.“
Und exemplarisch dafür, was die Einwohner des zentralen Stadtbezirks am meisten aufwühlt, liest Bílek die wichtigste Passage einer Beschwerde vor:
„Mit großer Erleichterung habe ich vom Fahrverbot für die Segway-Roller in Prag gelesen, der Stadt, in der ich mit meinen Eltern lebe. Während eines Spaziergangs im Stadtzentrum aber habe ich in dieser Woche festgestellt, dass die Anzahl der Segways an den bekanntesten Plätzen nicht gesunken ist. Ich bin deswegen sehr verzweifelt.“Der Grund für das Dilemma ist bei der Stadt selbst zu suchen, genauer gesagt in den Verwaltungsstuben des Magistrats und der Räte der jeweiligen Stadtbezirke. Denn obwohl das Segway-Fahrverbot seit Anfang August in Kraft ist, sieht sich die Polizei nicht imstande, Verstöße gegen das Verbot konsequent zu ahnden. Was nämlich immer noch fehle, seien entsprechende Verbotsschilder, monieren die Ordnungshüter. Nach Auffassung von Ivan Solil, einem Stadtrat im ersten Stadtbezirk, seien die Schuldigen dafür im Magistrat zu suchen:
„Die Säumigkeit der Beamten vom Magistrat der Hauptstadt hat dazu geführt, dass die Segways immer noch fahren. Sie haben die Möglichkeiten nicht genutzt, die ihnen das Gesetz und die Verordnungen geben.“Der Magistrat aber gibt den Schwarzen Peter zurück und behauptet, dass die Verantwortlichen des ersten Stadtbezirks für die gegenwärtige Situation selbst die Schuld tragen. Die von den Stadtoberen angebotene Möglichkeit, für eine gewisse Übergangszeit an einigen Plätzen provisorische Verbotsschilder aufstellen zu lassen, sei von ihnen ausgeschlagen worden, heißt es. Vít Hofman ist Sprecher des Magistrats der Hauptstadt Prag:
„Diese Verkehrsschilder hätte man auf dem sogenannten Königsweg sowie auf den Brücken zwischen dem ersten und siebten Stadtbezirk aufstellen können.“
Deshalb müssten jetzt alle Interessierten darauf warten, bis der Großauftrag zu einer Beschilderung der gesamten Innenstadtzone von Prag 1 abgesegnet und umgesetzt werde, ergänzte Hofman. Die Stadträte von Prag 1 halten dem die Befürchtung entgegen, dass die provisorischen Verbotsschilder nachts gestohlen werden könnten. Zudem sei eine vorläufige Ausschilderung von nur einigen ausgewählten Straßenzügen nur wenig hilfreich.„Wie Sie selbst sehen können, sollten die Verkehrsschilder im ersten Stadtbezirk nur auf dem Altstädter Ring und als Verbot zum Überqueren der Brücken mit Segways aufgestellt werden. Das aber ist keine Maßnahme, die den Einwohnern von Prag 1 wirklich weiterhilft“, erwidert der Vizebürgermeister des Stadtbezirks, Richard Bureš, auf eine Frage von Journalisten.
Von diesem Katz- und Maus-Spiel um die heiße Kartoffel profitieren letztlich die Verleiher der Zweiradroller. Denn trotz der auf Plakaten in Englisch angedrohten Strafen für das Fahren mit Segways, können Touristen und Gehmuffel den wendigen Kleinroller weiter unbehelligt nutzen für eine Spritztour inmitten von Passanten und Schaulustigen. Und daran wird sich wohl bis zum Ende der Sommersaison auch nichts ändern.