Pilsen: Auf den Spuren von Josef Kajetán Tyl
Er gilt als Begründer des tschechischen Dramas: Josef Kajetán Tyl. Doch er war nicht nur Dramatiker, sondern auch Theaterregisseur, Schauspieler und Journalist. Am 11. Juli jährte sich der Tod des namhaften Autors zum 160. Mal. Aus diesem Anlass wurde im westböhmischen Plzeň / Pilsen eine Ausstellung über ihn eröffnet. Sie zeigt weniger bekannte Dokumente aus seinem Leben und erinnert an Tyls Beziehung zu Pilsen.
Josef Kajetán Tyl (1808-1856) stammte eigentlich aus dem mittelböhmischen Kutná Hora / Kuttenberg. Bereits während seines Philosophiestudiums hat er sich stark für das Theater interessiert und ist Mitglied einer Wandertruppe geworden. Den Sinn seines Lebens hat Tyl darin gesehen, das tschechische Theater zu organisieren und dramaturgisch zu gestalten. 1834 wurde sein Stück „Fidlovačka“ (Das Schusterfest) im Prager Ständetheater uraufgeführt. Dort erklang auch das Lied „Kde domov můj“ (Wo ist mein Heim) zum ersten Mal. Die Melodie dazu schrieb der Komponist František Škroup. Das Lied wurde schnell sehr beliebt und später auch zur tschechischen Nationalhymne. Seit Mitte der 1840er Jahre war Tyl als Dramatiker im Ständetheater in Prag tätig. Damals entstanden sein Stück aus dem Alltagsleben, „Des Brandstifters Tochter“, und das Märchen „Der Dudelsackspieler von Strakonitz“ sowie historische Dramen wie „Die Bergarbeiter aus Kuttenberg“ oder „Jan Hus“. Seine Stücke werden immer noch gern in den tschechischen Theatern aufgeführt. Doch übersetzte Josef Kajetán Tyl auch die Werke von Ferdinand Raimund und Johann Nepomuk Nestroy. Nachdem das Ensemble des Ständetheaters 1851 aufgelöst wurde, reiste Tyl weiterhin mit einer Wandertruppe durch Böhmen und war politisch aktiv. Er starb am 11. Juli 1856 während eines Aufenthalts in Pilsen nach einer schweren Krankheit. Er wurde in der westböhmischen Stadt schließlich auch beigesetzt.
Originalhandschrift der späteren Nationalhymne
Anlässlich des 160. Todestags von Josef Kajetán Tyl wurde am vergangenen Dienstag im Pilsener Rathaus eine Ausstellung eröffnet. Květuše Sokolová leitet die dortige Kulturabteilung und hat die Schau zusammengestellt. Nach der Eröffnung sagte sie:„Die Ausstellung beschreibt die Arbeit und das Leben von Josef Kajetán Tyl und vor allem auch Tyls Spuren in Pilsen. Tyl ist hier gestorben und wurde hier bestattet. Es wurde nach ihm das Pilsener Theater benannt. Wir zeigen beispielsweise einige Dokumente über die Errichtung des Tyl-Denkmals und dessen Umzug. Zu sehen sind zudem Gegenstände aus Tyls Nachlass und mehrere Theaterplakate. Die Aufmerksamkeit wird auch den neun Kindern geschenkt, die er mit seiner Schwägerin Anna Rajská hatte. Unter den Exponaten sind auch einige von Tyls Briefen an bekannte Persönlichkeiten. Ein besonders wertvolles Schaustück ist die Originalhandschrift der späteren tschechischen Nationalhymne, die im Archiv der Stadt Pilsen aufbewahrt wird. Zu sehen sind auch Zeitschriften, in denen Tyl seine Artikel veröffentlichte.“
Tyls Grab auf dem St.-Nikolaus-Friedhof
Die Ausstellung in Pilsen soll nicht den Lebensweg des Dramatikers Josef Kajetán Tyl beschreiben, sondern eher wenig bekannte Archivalien und bislang nicht veröffentlichte Dokumente zeigen. Tyl besuchte Pilsen insgesamt dreimal, während des letzten Besuchs ist er in der Stadt gestorben und wurde dort auch bestattet. Es sei ein großes Begräbnis gewesen, so Květuše Sokolová:„Aus den Archivdokumenten haben wir erfahren, dass die Bestattung schon zwei Tage nach Tyls Tod stattgefunden hat. Es kamen damals alle wichtigen Persönlichkeiten der Stadt, aber ebenso einfache Pilsner. Während der Zeremonie erklang auch das damals schon bekannte Lied ‚Kde domov můj‘. Tyl wurde auf dem St.-Nikolaus-Friedhof bestattet. Den Bürgern seiner Geburtsstad Kutná Hora gefiel es indes nicht, dass Tyl so weit von seiner Geburtsstadt begraben liegt. 1904 wandte sich der Stadtrat von Kutná Hora an die Stadt Pilsen mit der Bitte, die sterblichen Überreste des Dramatikers in seine Heimatstadt zu überführen. Das haben die Pilsener jedoch abgelehnt. Tyls Grab befindet sich auf dem St. Nikolaus-Friedhof im Stadtteil Slovany, nahe dem Hauptbahnhof. Gleich gegenüber dem Friedhof auf dem großen Nikolaus-Platz steht das Tyl-Denkmal.“
Das Denkmal hatte ein interessantes Schicksal. 1885 wurde in Pilsen ein Verein gegründet, der finanzielle Mittel für die Errichtung eines Tyl-Denkmals sammeln sollte. Es dauerte jedoch sehr lange, die erforderliche Summe zusammenzutragen. Erst 1926 wurde das Denkmal enthüllt. Bis in die 1950er Jahre stand es in der Tyl-Straße. Als die Stadt in seiner unmittelbaren Nähe einen Busbahnhof errichtete, wurde das Denkmal in den Lochotín-Park verlegt. Von dort aus wurde es 2011 entfernt und auf dem Nikolaus-Platz unweit des Friedhofs neu aufgestellt, wo Tyl begraben liegt. Es gibt aber noch ein weiteres Tyl-Denkmal in Pilsen, dieses befindet sich seit 1986 vor dem Tyl-Theater.