Weniger Verkehrstote: Tschechien und die Visegrad-Gruppe starten Initiative

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Die Trendwende begann 2004: Damals führte auch Tschechien endlich ein Strafpunktesystem für Verkehrssünder ein. Seitdem ist die Zahl der Verkehrstoten hierzulande stark zurückgegangen, und zwar um fast 60 Prozent. Doch mittlerweile stagniert die Entwicklung. Nun hat sich die Visegrad-Gruppe vorgenommen, die Straßen in ihren Ländern sicherer zu machen.

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Trotz Erfolgen gehört Tschechien in der EU weiter zum schlechtesten Drittel bei der Verkehrssicherheit: Im vergangenen Jahr starben 70 Menschen je eine Million Einwohner bei Verkehrsunfällen. Auch wenn Verkehrsminister Dan Ťok versucht, die Statistiken etwas schöner darzustellen: Im Vergleich der vier Visegrad-Staaten muss nur Polen mehr Tote auf den Straßen beklagen. Das soll sich ändern. Tschechien und die anderen drei Visegrad-Länder sowie Slowenien haben dazu am Freitag eine sogenannte „Prager Erklärung“ unterzeichnet.

Dan Ťok  (Foto: David Sedlecký,  CC BY-SA 4.0)
„Ziel der Erklärung ist das Vorhaben der Europäischen Union: Das heißt, die Zahl der Verkehrsopfer bis 2020 auf die Hälfte zu reduzieren, und das im Vergleich zu 2010. Und die Zahl der Schwerverletzten soll um 40 Prozent sinken. Wir bewegen uns bereits in diese Richtung, auch wenn es in den vergangenen beiden Jahren eine Abweichung nach oben gab“, so Dan Ťok.

Tschechien bewegt sich allerdings nur sehr langsam in die richtige Richtung. Gerade einmal um fünf Prozent sank die Zahl der Verkehrstoten zwischen 2010 und 2015. Die Ziele der EU sind also aus Prager Sicht sehr ambitioniert.

Dabei gibt es in der Europäischen Union große Unterschiede bei der Todesrate auf Straßen: Als Vorbild gelten können Länder wie Malta, Schweden, die Niederlande oder Großbritannien mit weniger als 30 Toten je eine Million Einwohner. Schlusslichter sind Rumänien und Bulgarien mit je 95 Toten. Der Mittelwert liegt bei etwas über 50. Ihn erreicht beispielsweise die Slowakei. Verkehrsexperte Robert Šťastný findet das bezeichnend. Im Tschechischen Fernsehen sagte der christdemokratische Politiker:

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„Die Slowakei hat Straßen von derselben Qualität, der Wagenpark dort entspricht dem unsrigen, auch die Fahrausbildung ist ähnlich, und wir haben dieselbe Mentalität. Dennoch hat die Slowakei in wenigen Jahren große Fortschritte gemacht und gehört nun zu den besten in Europa, während wir weit hinten liegen.“

Was hilft also nun, um auch auf tschechischen Straßen die Zahl der Verkehrstoten zu senken? Verkehrsminister Dan Ťok und seine Visegrad-Kollegen haben drei Bereiche im Blick: eine bessere Verkehrserziehung, härtere Strafen und mehr Polizeipräsenz auf und an den Straßen. Verkehrsexperte Šťastný sagt jedoch:

Robert Šťastný  (Foto: Archiv KDU-ČSL)
„Das Hauptproblem liegt nicht in der Arbeit der Polizei, sie dokumentiert die Vergehen, so wie es sein sollte. Die Strafen werden aber nachher von den Behörden nicht eingefordert, die meisten Autofahrer kommen also drum herum. Auf tschechischen Straßen sind viele Autofahrer unterwegs, die regelmäßig Verkehrsdelikte begehen. Sie haben das Gefühl, sie seien straffrei – und verhalten sich weiter so.“

„Piráti silnic“ – „Verkehrspiraten“ heißen diese gefährlichen Fahrer hierzulande. Ob die Prager Erklärung in Tschechien so wirkungsvoll umgesetzt wird, dass es weniger Verkehrspiraten auf den Straßen gibt, das wird sich erst zeigen. Skepsis ist aber angebracht.