Tschechien kämpft mit dem Mobbing

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Tschechien ist Europameister. Jedoch nicht in einer Disziplin, auf die man stolz sein könnte. Es geht nämlich um das Mobbing am Arbeitsplatz.

Metrologin Božena Rajmanová  (Foto: ČT24)
Tschechien ist Europameister. Jedoch nicht in einer Disziplin, auf die man stolz sein könnte. Es geht nämlich um das Mobbing am Arbeitsplatz.

Ihre Kollegen hätten verschiedene Unterschriftenaktionen gegen sie organisiert, sie bedroht und ihr wichtige Unterlagen gestohlen, so beschreibt Božena Reimannová ihre Erfahrungen. Bis zu ihrer Entlassung wurde die ehemalige Angestellte des Tschechischen Instituts für Meteorologie immer wieder von ihren Kollegen schikaniert.

Mobbing und Schikane gehören in Tschechien immer mehr zum Alltag. Die Universität Olmütz hat dazu nun eine Umfrage veröffentlicht. Dabei sollte festgestellt werden, wie die Arbeitnehmer allgemein die Atmosphäre an ihrem Arbeitsplatz wahrnehmen. Im europäischen Vergleich kommen die Forscher dabei zu einem besorgniserregenden Bild. Jeder fünfte der Befragten hat demnach bereits Erfahrungen mit Mobbing gemacht. Ähnlich hohe Werte finden sich nur noch in Finnland und in Österreich. Panajotis Cakirpaloglu ist Leiter der Untersuchung:

Illustrationsfoto: patrisyu,  FreeDigitalPhotos.net
„Unsere Studie hat gezeigt, dass vor allem Festangestellte und Arbeitnehmer mit Hochschulbildung vom Mobbing bedroht sind. Rund 42 Prozent dieser Gruppe haben Erfahrungen mit dem Problem. Insgesamt sind Angestellte im öffentlichen Dienst am meisten betroffen.“

Panajotis Cakirpaloglu führt weiter an, die Tendenz sei steigend und er rechne mit immer mehr Mobbingfällen.

Tschechische Medien berichten oft über das Thema. Meist sind es aber sehr drastische Fälle, die das Problem an die Öffentlichkeit bringen. Erst amrigh Montag machte die Beauftragte für Denkmalschutz auf der Prager Burg, Ivana Kyzourová, ihren Leidensweg bekannt.

Schule in Prag-Třebešín  (Foto: Pavla Lioliasová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Besonders im Fokus steht das Mobbing an Schulen. Anfang des Jahres wurde ein tragischer Fall aus dem Prager Stadtteil Třebešín bekannt. Eine Lehrerin der dortigen Wirtschaftsschule wurde über einen längeren Zeitraum von zwei Schülern systematisch schikaniert. Sie starb im Zuge der erlittenen psychischen Schäden. Jan Žufníček aus dem Prager Zentrum für Prävention setzt sich mit diesem Thema auseinander:

„Die Schikane kommt von einer gewissen Frustration der Schüler. In den meisten Fällen funktioniert die Kommunikation nicht zwischen Lehrer und Schüler. Das entlädt sich dann in problematischem Verhalten. Ich gebe aber bewusst nicht den Lehrern die Schuld an der Situation.“

Michaela Švejdová  (Foto: Offizielle Webseite Šikana v práci)
Die Betroffenen sehen sich zusätzlich mit einem weiteren erschwerenden Umstand konfrontiert. Die Tschechische Republik bietet bisher keine Rechtssicherheit für Mobbingopfer. Michaela Švejdová arbeitet bei der Beratungsstelle Mobbing Free:

„Unsere Erfahrung zeigt eine Tatsache: Die meisten Menschen haben bereits die Hoffnung verloren, dass sie etwas an der Situation ändern könnten. Wenn sich die Betroffenen rechtlich gegen das Mobbing wehren wollen, können sie sich auf kein bestehendes Gesetz stützen. Auch interne Lösungsversuche über die Firmenleitung laufen größtenteils ins Leere. Die Chefs bemühen sich im Gegenteil sogar darum, die Verantwortung von sich zu weisen. Oft tun sie dies auch auf dem Rechtsweg.“

Ivana Kyzourová  (Foto: Eva Turečková)
Auch Božena Reimannová und Ivana Kyzourová hatten keinen Erfolg mit ihrem Versuch, sich zu wehren. Beide haben ihren Posten verloren. Die Meteorologin Reimannová hat dazu eine Reihe von erfolglosen Gerichtsprozessen hinter sich. Recht bekam sie in keinem Fall.