Persönliche Verfehlungen? Premier will Bildungsminister abberufen

Marcel Chládek (Foto: ČTK)

Im tschechischen Regierungskabinett wird erstmals ein sozialdemokratischer Minister ausgetauscht. Premier Bohuslav Sobotka kündigte an, er werde Staatsoberhaupt Zeman die Abberufung von Bildungsminister Marcel Chládek vorschlagen.

Marcel Chládek  (Foto: ČTK)
Sein Vorhaben, seinen Parteikollegen, den Bildungsminister Chládek abzuberufen, veröffentlichte Premier Sobotka am Donnerstagabend. Er begründete die Entscheidung damit, dass er mit dem Verhalten des Ministers zu seinen Mitarbeitern unzufrieden sei. Die Tageszeitung Mladá fronta Dnes hatte am Donnerstag über Chládeks angebliches Mobbing berichtet. Der Regierungschef bezeichnete Chládek nichtdestotrotz als besten Bildungsminister der letzten zehn Jahre. Der Ressortchef selbst berief am Freitagmittag eine Pressekonferenz ein. Er wies die offizielle Begründung seiner Abberufung vehement zurück.

Andrej Babiš  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Den Grund für meine Abberufung, der genannt wird, halte ich für einen Vorwand. Es handelt sich eindeutig um einen präzedenzlosen Angriff auf meine Person – mit dem Ziel, mich aus dem Bildungsressort zu entfernen. Ich möchte betonen, dass ich mich nicht dem Druck bestimmter Lobbyisten beugen werde. Es ist kein Geheimnis, dass ich seit einiger Zeit keine guten Beziehungen zu einigen Mitgliedern der Partei Ano habe. Während der Verhandlungen über die Finanzierung des Schulwesens und des Sports waren meine größten Gegner nicht die Oppositionspolitiker, sondern Vertreter dieses Koalitionspartners. Ich sage ganz offen, ich beuge mich nicht dem Druck von Finanzminister und Ano-Parteichef Andrej Babiš. Es geht hier nicht um Chládek, sondern um das tschechische Schulwesen.“

Gebäude des Bildungsministeriums der Tschechischen Republik  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Der Bildungsminister erklärte des Weiteren, es sei notwendig, dass sein Nachfolger im Amt den „Kampf“ erfolgreich vollende. Es sei erforderlich, mehr finanzielle Mittel für die Hochschulen zu erhalten und die Gehälter der Lehrer zu erhöhen. Chládek wies erneut die Anschuldigungen zurück, dass er seine Mitarbeiterinnen schikaniert haben soll.

„In einer soeben veröffentlichten Erklärung der Gewerkschaften wird unter anderem festgestellt, dass es keine einzige Beschwerde über mein Verhalten im Ministerposten gab.“

Der Bildungsminister bezeichnete die Artikel in der Mladá fronta Dnes als einen Lynchprozess durch jene Medien, die im Besitz von Andrej Babiš seien. Am Donnerstag war in einem der Beiträge eine ehemalige Mitarbeiterin von Chládek zitiert worden. Sie warf dem Minister eine verbale Entgleisung sexueller Art vor und dass er Mitarbeiter zusammenstauchen würde.

Tomáš Zima  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Mit der Arbeit des Bildungsministers hat dies nichts zu tun. Diese wird von Experten sehr unterschiedlich bewertet. Der Vorsitzende der Rektorenkonferenz und Rektor der Karlsuniversität, Tomáš Zima, würdigte die Zusammenarbeit mit Marcel Chládek.

„Ich möchte den Einsatz des Ministers bei der Ausarbeitung einer Novelle des Hochschulgesetzes würdigen. Nach acht Jahren wurde die Novelle in zweiter Lesung im Abgeordnetenhaus behandelt. Der Minister nahm regelmäßig an den Tagungen der Hochschulrektorenkonferenz teil und ist auf unsere Probleme eingegangen. Er hat sich bemüht, sie zu lösen, unter anderem auch mit finanziellen Mitteln aus Förderprogrammen der EU.“

Milan Chovanec  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Am Freitagvormittag traf das Parteipräsidium der Sozialdemokraten zusammen, um über die Lage im Schulressort zu beraten. Sobotka gelang es jedoch nicht, alle Parteikollegen von den Gründen für Chládeks Abberufung zu überzeugen. Der Vizechef der Sozialdemokraten und Innenminister Milan Chovanec ließ verlauten, er glaube nicht den Informationen über das Mobbing. Er stelle aber nicht das Recht des Premierministers in Frage, einen Minister auszutauschen.