Der Schleudersitz in der tschechischen Regierung

Kateřina Valachová (Foto: ČTK)

Das tschechische Bildungsministerium wird wohl demnächst von einer relativ jungen Politikerin geführt. Die 38-jährige Kateřina Valachová soll das Ressort übernehmen. Doch gerade der Bereich Bildung gehört nicht gerade zu den dankbaren Aufgaben in den Regierungskabinetten hierzulande. Eher gleicht er einem Schleudersitz.

Kateřina Valachová  (Foto: ČTK)
Die Entscheidung fiel am Freitag. Im Bildungsministerium soll auf den Sozialdemokraten Marcel Chládek die parteilose Kateřina Valachová folgen. Das teilte Premier Bohuslav Sobotka nach einem Treffen des sozialdemokratischen Parteipräsidiums mit. Der Regierungschef und Parteivorsitzende hatte dabei noch einen Kandidaten aus der Wissenschaft erwogen. Letztlich entschied er sich aber für die derzeitige stellvertretende Ministerin für Menschenrechte, die Juristin Valachová:

„Der Grund sind ihre praktischen Kenntnisse der Politik. Als künftige Bildungsministerin wird Kateřina Valachová sich sehr schnell in den politischen Prozessen zurechtfinden müssen, damit sie die Erwartungen erfüllen kann, die ich in sie setze.“

Josef Dobeš  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Bildung sei ein Schlüsselbereich für die Konkurrenzfähigkeit der Tschechischen Republik, erläuterte Sobotka. Der Sozialdemokrat ist nicht der erste tschechische Premier, der dies so sieht. Ähnliches hatte auch Josef Dobeš in seiner Zeit als Bildungsminister gehört. Doch meist bleibe es beim Lippenbekenntnis, glaubt der frühere Politiker der Partei der öffentlichen Angelegenheiten (VV):

„Für die Regierung, und das gilt allgemein, hat das Bildungsressort in der Praxis keine Priorität, auch wenn in den Regierungsprogrammen etwas anderes steht. Weder der Premier noch der Finanzminister unterstützen den Minister, er ist im Prinzip auf sich alleine gestellt.“

Foto: Ladislav Bába,  Archiv des Tschechischen Rundfunks
Dabei gilt das tschechische Bildungswesen als unterfinanziert, und der Minister muss regelmäßig um Geld kämpfen. Lehrer sind die am schlechtesten bezahlten Akademiker im Land, wie vor zwei Jahren eine Studie gezeigt hat. Selbst an Gymnasien erhalten Lehrer weniger als den tschechischen Durchschnittslohn. Allerdings hat das Kabinett Sobotka begonnen, im Staatsdienst die Löhne anzuheben und damit auch für die Lehrer. Das könnte für Kateřina Valachová eine Erleichterung sein.

Problematisch zeigt sich jedoch, dass der Ressortchef große Bereiche gar nicht beeinflussen kann. Das ist zwar nicht ganz genauso wie in Deutschland, wo Bildung Sache der Länder ist. Dennoch sagt Ex-Minister Dobeš:

Jan Sokol  (Foto: V. Pokorný,  CC 3.0)
„Es gibt kein zentral gesteuertes Bildungswesen in Tschechien. Die Sekundarschulen liegen in den Kompetenzen der Kreise, Grundschulen und vorschulische Einrichtungen wiederum in denen der Gemeinden.“

Zugleich sei das Ministerium ein bürokratischer Moloch, den es zu bewältigen gelte, so Dobeš.

Der Philosoph Jan Sokol war ebenfalls Bildungsminister in Tschechien. Er weist auf eine weitere Hürde jedes Bildungsministers hin:

„Das Bildungswesen ist wie ein Ozeanriese. Auch wenn man das Ruder herumreißt, zeigt sich das erst in fünf oder in zehn Jahren. Das Hin und Her der vergangenen Jahre in dem Ressort führt hingegen nirgendwohin.“

Bohuslav Sobotka  (Foto: ČTK)
Just am Samstag hat Premier Sobotka die Arbeit der sozialdemokratischen Ministerien kritisiert, darunter auch des Bildungsressorts. Dabei äußerte sich der Regierungschef in dem Sinn, dass er deutlichere Ergebnisse sehen wolle.

Die Frage ist also, ob das Bildungsressort weiter einer der Schleudersitze der tschechischen Politik bleibt. Wenn Kateřina Valachová wie angekündigt in einigen Tagen ernannt wird, ist sie bereits die 16. Chefin im Amt seit 1993.