Tschechische Regierung erleichtert über Briten-Deal – Kritik von Opposition

Gipfel in Brüssel (Foto: ČTK)

Nur unter großen Anstrengungen haben sich die europäischen Staats- und Regierungschefs bei ihrem jüngsten Gipfel in Brüssel geeinigt. Erst in der Nacht auf Samstag stand der Kompromiss mit dem britischen Premier Cameron. Auch bei der tschechischen Delegation wurde aufgeatmet. Doch Politiker der Opposition üben Kritik.

David Cameron  (2. von links). Foto: ČTK
Er habe für sein Land einen Sonderstatus erstritten. Dies sagte der britische Premier David Cameron, als er am Freitag in Brüssel vor die Presse trat. Konkret heißt das: Großbritannien beteiligt sich nicht an einer „immer engeren Union“, europäische Zuwanderer nach Großbritannien müssen mit weniger Sozialleistungen rechnen, der Euro wird niemals das britische Pfund ersetzen, und europäische Regeln werden nicht für den Finanzplatz London gelten.

David Cameron hat mittlerweile den Termin für das geplante Referendum festgelegt. Am 23. Juni sollen die Briten entscheiden, ob ihr Land in der EU bleibt. Cameron will nun für einen Verbleib werben.

Tomáš Prouza  (Foto: Archiv des Regierungsamtes der Tschechischen Republik)
Europa habe mit der Vereinbarung viel gewonnen, sagte der tschechische Staatssekretär für Angelegenheiten der EU, Tomáš Prouza, im Tschechischen Fernsehen:

„Das Ergebnis ist ein sehr guter Kompromiss. Er ermöglicht David Cameron, das Referendum erfolgreich zu gestalten. Zugleich hat Europa dort keine Zugeständnisse an Cameron gemacht, wo dies wenig sinnbringend war.“

Tschechien und weitere Staaten in Mittel- und Osteuropa hatten sich vor allem dagegen gestemmt, dass Sozialleistungen von europäischen Zuwanderern gekürzt werden. Zentraler Streitpunkt war dabei das Kindergeld. Laut Premier Bohuslav Sobotka (Sozialdemokraten) gelang es, die komplette Streichung des Kindergeldes zu verhindern. Vereinbart wurde, dass Kindergeld aber nur noch in der Höhe ausgezahlt wird, wie es in dem Land üblich ist, in dem der Nachwuchs tatsächlich lebt. Premier Bohuslav Sobotka sagte schließlich nach dem Gipfel, nur wenige Tschechen in Großbritannien seien davon betroffen. Jedoch:

Bohuslav Sobotka  (Foto: ČTK)
„Bei Tschechen, die in Deutschland und Österreich leben und Kindergeld erhalten, geht es derzeit um mehrere Tausend Kinder.“

Und in Deutschland hat man Gefallen gefunden an dem Gedanken, ebenfalls das Kindergeld für Zuwanderer zu kürzen.

Neben den Sozialleistungen sind für Tschechien auch die Regeln zur Kontrolle der Eurozone wichtig. Zwar können die neun EU-Staaten mit eigener Währung nicht die Beschlüsse der 19 Euro-Länder beeinflussen. Aber sie müssen auch keine „Not- und Krisenmaßnahmen“ mitbezahlen.

Die konservative tschechische Oppositionspartei ODS wirft Premier Sobotka allerdings vor, Cameron nicht in weiteren Schritten unterstützt zu haben. ODS-Europaparlamentarier Jan Zahradil:

Jan Zahradil  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Dazu gehört, dass Sobotka sich nicht neben Cameron gestellt und gesagt hat, wir in Tschechien wollen auch nicht die immer engere Union. Denn wie die Meinungsumfragen zeigen, wünschen sich die Tschechen eine solche enge EU gerade nicht. Stattdessen hat sich Herr Sobotka ein Tauziehen geliefert um das Kindergeld, was derzeit eher ein zweitrangiges Problem ist.“

Bei dem ebenfalls oppositionellen Zusammenschluss freier parteiloser Abgeordneter, STAN, sieht man hingegen eine andere Gefahr durch die Sonderregeln für die Briten. Der STAN-Europaabgeordnete Stanislav Polčák:

Stanislav Polčák  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
„Die Frage ist, ob damit nicht ein Präzedenzfall geschaffen wurde für weitere Länder, die das Primärrecht der EU ändern wollen.“

In einem aber sind sich konservative Opposition und Regierung einig: Großbritannien muss dringend in der EU bleiben.