Leugnung kommunistischer Verbrechen – Klage gegen Abgeordnete abgewiesen

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Das Amtsgericht für den ersten Prager Stadtbezirk hat eine Klage gegen die kommunistische Abgeordnete Marta Semelová abgewiesen. Ein Brünner Stadtverordneter hatte die Politikerin wegen Aussagen verklagt, mit denen sie kommunistische Verbrechen verteidigt hatte.

Marta Semelová  (Foto: ČTK)
Die kommunistische Abgeordnete Marta Semelová sorgte vor zwei Jahren mit ihren Aussagen in einer Fernseh-Diskussion fürs Aufsehen. Besonders waren dies ihre Worte über die Politikerin Milada Horáková, die 1950 vom damaligen kommunistischen Regime nach einem Schauprozess hingerichtet wurde. Semelová erklärte im öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen, sie zweifle daran, dass Horákovás Geständnis erzwungen worden sei. In der Diskussion bezeichnete die Kommunistin zudem den Einmarsch der Truppen des Warschauer Vertrags in die Tschechoslowakei 1968 als eine internationale Hilfe und keinerlei Okkupation.

Michal Kincl  (Foto: ČTK)
Der Brünner Stadtverordnete und Jurist Michal Kincl (Top 09) verklagte die Abgeordnete mit dem Hinweis darauf, er habe Angst vor einer eventuellen Wiedererrichtung eines verbrecherischen kommunistischen Regimes. Kincl forderte eine Entschuldigung von Semelová für ihre Aussagen. Das Gericht entschied am Mittwoch jedoch, dass sie sich nicht entschuldigen müsse, weil dem Kläger kein Schaden entstanden sei. Die Kommunistin sagte nach dem Urteil:

„Ich bestehe auf meinen Meinungen, die Klage ist absurd.“ (Sie bestehe auf ihren Meinungen weiterhin, die Klage sei absurd, so die Abgeordnete.)

Richter Pavel Freibert betonte jedoch, er selbst stimme den Aussagen der Angeklagten nicht zu. Die Furcht vor der kommunistischen Ideologie und ihren Anhängern sei bereichtigt, so der Richter:

Luděk Navara  (Foto: Martina Schneibergová)
„Es ist gut, dass die Angeklagte die Dinge laut sagt und dass wir wissen, wie sie denkt. Sie hat uns damit an die Zeit erinnert, deren Rückkehr der Kläger befürchtet.“

Das Urteil ist nicht rechtskräftig, Kincl möchte in Berufung gehen. Der Publizist und Historiker Luděk Navara befasst sich seit Jahren mit den Verbrechen des kommunistischen Regimes und dem Schicksal der politischen Gefangenen. Meinungsäußerungen wie die von Semelová seien irreführend und sinnlos. Luděk Navara:

„Die Aussagen werden jedoch gezielt formuliert. Es ist notwendig, diesen Erklärungen entgegenzuwirken, weil es Lügen sind. Ich bin davon überzeugt, dass man erläutern muss, wie es wirklich war.“

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Dem Publizisten zufolge gibt es heute noch Menschen, die unter dem Einfluss der Filme aus der kommunistischen Ära stehen. Die kommunistische Propaganda sei zwar nicht vollkommen gewesen, habe aber jahrzehntelang die Gesellschaft beeinflusst. Der Publizist:

„Der Staat muss sich stärker dafür einsetzen, dass möglichst viele Menschen mehr über die jüngere Geschichte erfahren. Im Unterricht an den Schulen hängt das meist von den Überzeugungen des Lehrers ab sowie von seinem privaten Engagement. Über dieses Problem wird zwar seit vielen Jahre schon gesprochen, aber es hat sich bisher kaum etwas geändert.“

Das sei aber nicht alles, so Navara. Im Fall der Leugnung kommunistischer Verbrechen sei es durchaus notwendig, vor Gericht zu ziehen:

„Wenn wir die Rechtsextremisten bestrafen, müssen wir auch die Linksextremisten bestrafen. Entweder ziehen wir alle zur Rechenschaft, oder wir sagen, dass die Freiheit des Wortes so wertvoll ist, dass sie einen absoluten Wert darstellt, und bestrafen dann niemanden für seine Aussagen.“