Kooperation mit Gegensätzen – 20 Jahre Städtepartnerschaft Prag-Berlin
Seit 20 Jahren sind Prag und Berlin städtepartnerschaftlich miteinander verbunden. Zur Feier des Jubiläums war Prags Oberbürgermeisterin Adriana Krnáčová im Juni in Berlin, in der vergangenen Woche kam ihr Kollege Michael Müller zum Gegenbesuch. Wie bewertet der neue Regierende Bürgermeister Berlins die Partnerschaft mit Prag, und welche Themen stehen derzeit im Mittelpunkt?
„Berlin hat 17 Städtepartnerschaften, und Prag ist davon eine der lebendigen und gut funktionierenden. Das hängt nicht nur mit der räumlichen Nähe zusammen, auch wenn es um einiges erleichtert, dass man sich schnell und unkompliziert begegnen kann. Sondern es hängt auch zusammen mit der sich dauernd entwickelnden und immer attraktiver werdenden Stadt“, so Michael Müller.
Und den Prager Entwicklungsstand nahm Müller auch in Augenschein – bei einem Rundgang mit Amtskollegin Krnáčová.„Was ich spannend finde: Wie geht Prag eigentlich mit seiner Altbausubstanz und mit dem Denkmalschutz um? Denn die Entwicklung und Erweiterung der Stadt muss ja trotzdem möglich sein.“
Für Berlin sei genau dies nämlich eine Gratwanderung, so der Sozialdemokrat:
„Es hat bei uns darum auch große Konflikte gegeben. Hier war jetzt, bei dem Stadtrundgang, die Rückmeldung, dass die Konflikte noch nicht so hart sind, dass auch durchaus Neues gewünscht und zugelassen wird. Bei uns ist das eben hoch umstritten.“Hier also die Stadt an der Moldau, die nicht nur geschichtsbewusst sein möchte; und dort die sich ständig erneuernde Metropole an der Spree, die auch etwas bewahren will.
Es gibt aber noch mehr Unterschiede zwischen beiden Städten: Prag hat praktisch Vollbeschäftigung, Berlin rund zehn Prozent Arbeitslosigkeit. Prag gehört zu den zehn reichsten Regionen in Europa, an der Moldau wird daher verschönert, aber auch mit Geldern aus Brüssel. Berlin liegt hingegen auf Platz 69 der europäischen Regionen – und das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner erreicht nicht einmal deutschen Durchschnitt. Schürt das vielleicht ein bisschen Neid?
„Es macht mich nicht neidisch, weil wir ja zum Beispiel von anderen europäischen Wirtschaftsprogrammen profitieren. Wir sind in einer europäischen Solidargemeinschaft. Und da ist es für mich selbstverständlich, dass europäische Nachbarn auch von europäischen Mitteln profitieren. Aber ich finde es dann auch selbstverständlich, dass wir uns gemeinsam den Herausforderungen stellen, die jetzt gerade auf uns zukommen.“ Worte, die eher in Richtung tschechischer Regierung gehen und weniger an Amtskollegin Krnáčová. Denn für Berlin ist derzeit die Integration von 30.000 Flüchtlingen die Herausforderung. Prag ist hingegen von der Migrationswelle praktisch nicht betroffen: Die Flüchtlinge machen bisher zumindest um Tschechien einen Bogen.