Von Wien inspiriert: Tag der Architektur in Tschechien
Die Städte und ihre Bewohner zu inspirieren. Das ist das Ziel eines Architekturfestivals, das am Wochenende an 50 Orten in Tschechien veranstaltet wird. In seinem Rahmen können sich die Interessenten beispielsweise die Räumlichkeiten der ehemaligen Automobilfabrik Praga in Prag oder der Textilfabrik Loana in Rožnov pod Radhoštěm anschauen. Auf dem Programm stehen auch Radwanderungen mit einem Stadtplaner oder Wanderungen durch Neubausiedlungen mit einem Architekten. Architektin Marcela Steinbachová hat den sogenannten „Tag der Architektur“ mitinitiiert.
„Während des Studiums haben wir eine Initiative Namens ‚Kruh‘ gegründet. Ich habe Architektur studiert und verbrachte ein Semester in Wien. Dort war es auch für die Öffentlichkeit üblich, Veranstaltungen über Architektur zu besuchen. Das war vor 15 Jahren. Dann kam ich nach Prag zurück und fand hier nichts dergleichen. Ich hatte die Idee, etwas Ähnliches wie in Wien auch in Tschechien zu organisieren. Der erste Vortrag, den ich veranstaltet habe, war sehr erfolgreich. So haben wir die Initiative gestartet. Als wir unser zehnjähriges Bestehen feiern wollten, entstand die Idee des Tags der Architektur. Da ich viele Freunde in den Regionen habe, dachte ich, dass es gut wäre, ein Festival der Architektur zu machen. Damals fanden die ersten Führungen für die Öffentlichkeit statt.“
Wer sind Mitglieder von „Kruh“?„Das sind verschiedene Leute: Architekten, Grafiker, Kunsthistoriker und Künstler.“
Findet das Festival wirklich in ganz Tschechien statt oder nur in einigen größeren Städten?
„Es haben sich diesmal rund 50 Städte angeschlossen. Eine Führung wird es auch in der Slowakei geben. Vor zwei Jahren haben wir zwei Veranstaltungen in Berlin gemacht und auch eine in Wien. Dort hatten wir, in Zusammenarbeit mit dem Tschechischen Zentrum, Workshops für Kinder organisiert.“
Was steht alles auf dem Programm? Sie haben Führungen erwähnt. Werden dabei Orte besucht, die sonst kaum bekannt sind?„So eine Führung oder eher Wanderung geht von einem Punkt bis ans Ziel. Sie kann eine Stunde aber auch fast den ganzen Tag dauern. Wir haben zudem ein Programm mit dem Titel ‚Hurá dovnitř‘ (auf Deutsch etwa ‚Auf geht´s hinein‘, Anm. d. Red.). Einige interessante Gebäude werden für zwei oder drei Stunden für die Öffentlichkeit geöffnet. Es gibt da keine Führung, aber man kann einfach reinschauen.“
Gibt es bestimmte Schwerpunkte beim diesjährigen Festival?„Das Thema sind in diesem Jahr beispielsweise tschechische Plattenbausiedlungen, die Rolle von Flüssen für Städte und wie man den Fluss nutzen kann.“
Im Rahmen des Festivals wird auch eine Reihe von Filmen gezeigt. Was sind das für Filme?
„Es sind Filme über Architektur. Darunter Experimentalfilme, Dokumentarfilme und Porträts verschiedener Architekten.“
Wie war das Interesse für das Festival im vergangenen Jahr?
„Es ist unglaublich, aber in zwei Tage haben rund 5000 Menschen an den Führungen durch die Städte teilgenommen.“Haben Sie den Eindruck, dass sich die Menschen in letzter Zeit mehr dafür interessieren, was wo gebaut wird?
„Ich haben den Eindruck, dass es besser geworden ist. Die Leute wissen inzwischen, dass sie sich für den öffentlichen Raum interessieren müssen. In Prag gab es beispielsweise eine heftige Diskussion über das 1970er-Jahre-Hotel Praha im Stadtteil Dejvice. Das Gebäude ist inzwischen abgerissen worden. Aber der Druck der Öffentlichkeit war stark. Sie stellte die Frage: Soll man alles abreißen, oder ist solch ein Bau auch Bestandteil der Kulturgeschichte?“
Das Festival wird am Donnerstag mit einem Vortrag der renommierten niederländischen Architektin Caroline Bos im Prager Kino Světozor eröffnet. In diesem Kino werden von Freitag bis Sonntag mehrere Dokumentarfilme gezeigt. Wanderungen und Führungen stehen am Samstag und Sonntag auf dem Programm. Mehr über das Festival erfahren Sie auch in Englisch unter www.denarchitektury.cz.