Premier Sobotka: Tschechien unterstützt EU-weite Asylpolitik ohne Quoten

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Die Europäische Union steht am Dienstag und Mittwoch vor ihrer wohl bisher wichtigsten Verhandlung als 28-Staaten-Bund: Beim Sondergipfel in Brüssel sollen endlich Wege aufgezeigt werden, wie die sich stetig zuspitzende Flüchtlingskrise gemeistert werden könnte. Nur Stunden vor dem Zusammentreffen der Innenminister und danach der Staats- und Regierungschefs ist die Grundhaltung indes zweigeteilt. Die Tschechische Republik zum Beispiel spricht sich weiterhin gegen eine verpflichtende Quote bei der Verteilung der Flüchtlinge aus und bekräftigt ihren Standpunkt zudem durch ein Rechtsgutachten.

Jean Asselborn und Lubomír Zaorálek  (Foto: ČTK)
Am Vorabend des EU-Gipfels trafen sich die Außenminister der vier Visegrad-Staaten erneut in Prag, um ihre Standpunkte zur Flüchtlingsproblematik zu koordinieren. Als Gäste waren ebenso die Außenminister von Lettland und Luxemburg zugegen. Der Luxemburger Jean Asselborn blieb indes in der Rolle des Beobachters – sein Land hat derzeit den EU-Ratsvorsitz und ist bestrebt, eine Kompromisslösung aller Mitgliedsländer anzubahnen.

Tschechiens Außenminister Lubomír Zaorálek (Sozialdemokraten) würdigte Luxemburgs Bemühungen, sagte anschließend aber auch, dass das Prager Treffen rein zur Vorbereitung auf den Gipfel gedient habe. Er hoffe, dass man in Brüssel endlich einen Konsens finde. Vor allem sollten aber konkrete Schritte in der Flüchtlingsfrage vereinbart werden, betonte Zaorálek:

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„Absolut ideal wäre, wenn man endlich beginnen würde, ernsthaft zu verhandeln. Mich überrascht zum Beispiel, dass die Tschechische Republik die Unterbringung von 1500 Flüchtlingen angeboten hat. Die Umsetzung der Maßnahmen wurde aber überhaupt noch nicht begonnen, und zwar auch deshalb, weil es in Italien und Griechenland immer noch keine funktionierenden Registrierungszentren gibt.“

So wie eine organisierte und zuvor vereinbarte Zuteilung von Flüchtlingen bisher nicht klappt, so sehr stemmt sich Tschechien andererseits auch gegen die von mehreren Staaten favorisierte Quote bei der Aufteilung von Migranten. Eine solche Quote habe erwiesenermaßen noch nie etwas gebracht, behauptet Tschechien. Man habe dazu auch ein Rechtsgutachten erstellt, mit dem dies belegt werde, sagte Innenminister Milan Chovanec (Sozialdemokraten). Zum Beispiel bei der Migrationswelle 2009 nach Malta:

Milan Chovanec und Bohuslav Sobotka
„Der Slowakei wurde damals die Quote von 1100 Migranten auferlegt, aber keiner der Menschen wollte in die Slowakei. Das Projekt wurde weder erfüllt noch überhaupt richtig angegangen.“

Am Dienstag trat dann auch Premier Bohuslav Sobotka (Sozialdemokraten) vor die Medien. Kurz vor dem Gipfel unterstrich er nochmals die tschechische Verhandlungsposition:

„Ich will bestätigen, dass sowohl der Innenminister heute als auch ich bei der morgigen Zusammenkunft der EU-Regierungschefs jedwedes Bestreben nach einem dauerhaften System zur Verteilung von Flüchtlingen wie auch nach einer vorübergehenden Quotenregelung ablehnen werden.“

Laut Sobotka sollte es weiter die freie Entscheidung der Mitgliedsländer sein, wie viele Migranten sie in gegebenen Fällen aufnehmen werden. Nach Ansicht des Premiers ist die jetzige Krise hausgemacht, von daher sollte es in Brüssel in erster Linie darum gehen, wie man dem aktuellen Flüchtlingsstrom endlich Herr werden könne. Und besonders, wie man die Fortsetzung eines weiteren Ansturms im kommenden Frühjahr verhindern könne, so Sobotka.

Flüchtlingslager  (Foto: Voice of America News,  Public Domain)
„Die Schlüsselfrage ist der Schutz der Schengen-Außengrenze. Dazu müssen Migranten sofort aufgegriffen und registriert werden, sobald sie diese Grenze illegal überschreiten. Der Schutz dieser Außengrenze muss verstärkt werden durch gemeinsame Maßnahmen, die die Erfassung der Flüchtlinge in den damit am meisten belasteten Staaten unterstützen. Die Schlüsselrolle sollte dabei die Agentur Frontex einnehmen.“

Den Ausführungen Sobotkas zufolge müsse es gleich nach dem Eintreffen der Migranten an der EU-Außengrenze zu einer Trennung der tatsächlichen Kriegsflüchtlinge und der aus ökonomischen Gründen eingewanderten Migranten geben. Für die zweite Gruppe müsse ein verbindliches Rückführprogramm vereinbart werden. Kurz: Laut Sobotka braucht die EU eine einheitliche Asylpolitik. Dazu gehöre auch die Verbesserung der Lage der Syrer und Iraker, die sich zurzeit in massenhaften Flüchtlingslagern in der Türkei, in Jordanien und im Libanon aufhalten.