Das Geschäft mit dem Geschäft: Prager Start-Up verschickt Elefanten-Kot
Alfred Tonner ist Jungunternehmer. Vor zwei Jahren hat er gemeinsam mit einem Freund ein ungewöhnliches Start-Up gegründet. Die beiden verschicken Elefantenkot per Post. Das mag zunächst eklig klingen, aber dahinter steckt ein durchdachtes Unternehmenskonzept.
Ohne grundlegendes Know-How über Unternehmertum hat sich Alfred Tonner zu Beginn von „SchenkScheisse“ auf Neuland begeben:
„Wir sind ein relativ junges Unternehmen. Ich muss zugeben, dass wir mit der Buchhaltung schon vertraut sind, aber keine Spezialisten sind. Ich habe relativ wenig Überblick, wie das am Anfang war. Wir mussten natürlich Schachteln und das alles kaufen, aber die größte Investition war der Aufbau der Internetseite. Den Rest konnten wir nach und nach einbringen. Minus hatten wir zu Beginn sicherlich, aber wie viel das genau war, weiß ich nicht.“
In Prag wohnt er schon seit längerer Zeit. Sein Unternehmen „SchenkScheisse“ war aber nicht der ausschlaggebende Grund, warum er nach Tschechien ausgewandert ist:„Das ist inzwischen schon zwölf Jahre her. Mein Vater war hier in Prag selbstständig und somit bin ich mit 20 Jahren von Österreich nach Tschechien gezogen. Zuerst haben wir für knapp vier Jahre in Brno / Brünn gelebt. Die Firma hat ihren Hauptsitz hierher verlegt, daher sind wir schließlich nach Prag umgezogen.“
In die Existenzgründung haben er und sein Freund jeweils aus eigener Tasche investiert. Die Expertise, die ihm zu Beginn noch fehlte, holte er sich durch cleveres Networking:
„Durch das Netzwerk der Firma meines Vaters konnte ich einige Mitarbeiter gewinnen. So hatte ich zum Beispiel gleich den IT-Spezialisten für die Homepage. Damit war die Anschaffung und Investition nicht so hoch für uns.“Die Geschäftsidee stammt von einem ähnlichen Unternehmen, von dem auch Alfred Tonner selbst ein Paket Elefantenkot erhalten hat. Der Unterschied zu „Schenkscheisse“: Der Anbieter verkauft nur innerhalb Tschechiens. Alfred Tonner und sein Freund stellten sich also die Frage: Warum eigentlich nicht auch in den deutschsprachigen Raum exportieren? Mit dem Beispiel des tschechischen Händlers vor Augen, stand Alfred Tonner am Anfang aber vor einer großen Frage:
„Wir haben am Anfang ein bisschen recherchiert, wie die das machen, denn wir waren uns nicht sicher, wie es mit Gesundheitsauflagen und ähnlichen Dingen funktioniert. Letztendlich haben wir uns dazu entschieden, die Pakete als Naturdünger zu verschicken. Es hat drei Monate gedauert, bis wir die Internetseite programmiert hatten, dann konnten wir starten.“Zurzeit umfasst das Team vier Köpfe. Vom Einkauf, bis hin zum Verpacken und Versand wird jede helfende Hand gebraucht. Der Online-Shop wirft inzwischen genug ab, dass auch die Mitarbeiter davon profitieren:
„Meine Mitarbeiter bezahle ich natürlich. Für tschechische Verhältnisse zahle ich einen akzeptablen Stundenlohn. In Deutschland würde ich damit wahrscheinlich nicht durchkommen. Es sind meistens meine Freunde, die mir aushelfen. Für sie ist das ein guter Nebenverdienst. Einer war zum Beispiel lange krank und war froh, ein bisschen Arbeit zu haben.“
Den Kot kauft Alfred Tonner vom Prager Zoo. Anders als manchmal vermutet, gibt es keine direkte Kooperation zwischen dem Start-Up und dem Tierpark. Dieser will selbst in Zukunft Papier aus dem Geschäft der Dickhäuter produzieren. Der Jungunternehmer sieht aber sich nicht als Konkurrenz zum Zoo. Den Elefantenkot erwirbt er wie jeder gewöhnliche Besucher:„Am Souvenirladen stehen einige Kübel, die man kaufen kann. Der Elefant scheißt recht viel, so an die 50 Kilo am Tag. Der Zoo verkauft das dann in 1,5-Kilo-Kübeln. Wir fahren dann dort hin und kaufen 20 Stück, je nachdem wie das Wetter ist. Im Sommer ist es immer problematisch, denn ich kann die Scheiße ja nicht lange Zeit lagern.“
Vergangenes Jahr gingen zwischen 1000 und 1500 Pakete raus. Alfred Tonner und sein Team wollen in Zukunft auf das Doppelte kommen. Das ist eine gute Bilanz für ein Start-Up, das bisher nur nebenher gelaufen ist, denn jeder aus dem Team hat noch andere Jobs. Auch für Alfred Tonner ist „SchenkScheisse“ nicht das einzige Standbein:„Ich habe insgesamt vier Jobs. Zum einen kümmere ich mich um den gesamten internen Ablauf der Firma meines Vaters – komplett, alles. Ich bin quasi ein Allrounder. Ein Freund von mir stellt unter seiner Marke ‚Carun‘ Hanfprodukte, wie zum Beispiel Cremes und Hanfnüsse her. Dort helfe ich ihm bei der Kommunikation und dem Aufbau. Dann züchte ich noch mit einem anderen Freund Aquarium-Fische.“
Alfred Tonner hat selbst noch nie ein Paket mit Kot verschickt. Schließlich wissen alle seiner Freunde Bescheid, dass es nur von ihm kommen könnte. Falls Sie selbst in der nächsten Zeit eine Ladung Elefantendung aus Prag erhalten sollten, nutzen Sie die Gunst der Jahreszeit:„Ich würde die Scheiße nicht wegschmeißen. Wenn du selber keinen Garten hast, schenkst du es der Oma oder so. Die freuen sich alle über einen hervorragenden Dünger. Jetzt ist die perfekte Zeit, in einem Monat werden die Blumen rauskommen. Dann aufgraben, die Scheiße wieder eingraben, die Blumen drauf, und das Ganze wird wunderbar wachsen.“
Mit dem Kauf eines Produkts von der englischen Homepage „Give a shit.eu“ tut man zusätzlich sogar etwas Gutes. Rund 50 Cent gehen an ein Tierschutzprojekt für Elefanten in Afrika. Eine treffliche Win-Win-Situation, denn die Elefanten helfen ihm und er hilft den Elefanten, sagt Tonner.
Das Angebot von „Schenk Scheisse“ ist entsprechend groß. Neben der Valentins-Tag Limited Edition gibt es auch das XXL-Paket. Das Kilo Elefantenkot ist übrigens Verkaufsschlager in der Schweiz. Die größte Nachfrage aber kommt nach wie vor aus Deutschland. Die normale Portion Kot wird bereits ab 16 Euro angeboten:„Es gibt ein kleines Paket mit 200g, das in einer schönen Geschenk-Box verpackt ist. Man schreibt beim Bestellen seinen Gruß-Text dazu, wir drucken ihn dann schön farbig aus und legen ihn in das Paket. Dann kommt eine Schleife drum, wir packen es in Versandpapier und schicken es den Kunden mit Liebe.“
Rund 90 Prozent der Pakete werden aus Spaß unter Freunden verschickt. Die Nachfrage steigt und Alfred Tonner will mit seinem Kollegen in Zukunft noch höher hinaus:
„Wir möchten unser Angebot gerne in mehreren Sprachen anbieten. Unser Ziel ist es, europaweit alles abzudecken. Dazu möchten wir verschiedene Specials anbieten - je nach Jahreszeit. Dieses Jahr haben wir es für Ostern leider nicht geschafft, aber für nächstes Jahr planen wir das. Vielleicht entwickeln wir noch eine explodierende Blechdose, aus der die Scheiße rausfliegt, sobald man sie öffnet. Wir entwerfen eventuell auch eine eigene Kollektion mit bedruckten T-Shirts. Es soll eben ein breites Spektrum an Produkten entstehen, damit wir noch mehr Leute ansprechen.“Ob Alfred Tonner beim Thema Produktvielfalt in Zukunft auch auf den Kot anderer Tiere setzen wird, das lässt er noch offen:
„Generell möchten wir erweitern, aber eigentlich sind wir ziemlich zufrieden mit der Elefantenscheiße. Damit fühlen wir uns auf der sicheren Seite, weil das eben offiziell als Naturdünger verkauft werden kann.“
Die wichtigste Frage aber ist noch unbeantwortet: Lässt sich aus Elefantenscheiße nun wirklich Gold machen?„Geld mach ich, ja. Es ist zwar nicht so viel, dass ich alleine davon leben könnte, aber ich bin zufrieden. Mit dem Arbeitseinsatz und allem drum herum ist das vollkommen ausreichend. Sobald wir ganz Europa abgedeckt haben, was übrigens früher oder später passieren wird, wird das zum Leben reichen.“