Genuss fürs Auge und den Gaumen: Prager Ostermärkte
In Prag ist seit drei Wochen die Osterzeit in vollem Gange. In vielen Teilen der Stadt laden die bunten Buden der Ostermärkte zum Schlemmen, Shoppen und Verweilen ein.
„Es ist reizend hier. Wir haben so etwas bei uns zuhause nicht. Hier ist so viel los, und es liegt ein wunderbarer Duft in der Luft. Wir lieben den Duft vom Grill und den Geruch von verbranntem Holz. Es ist eine angenehme Atmosphäre mit so vielen Nationalitäten, und das ist einfach sehr schön.“
Nahe der Astronomischen Uhr tummeln sich zur Mittagszeit besonders viele Touristen zwischen den hölzernen Buden. Die beachtliche Auswahl an Essen hat auch Familie Nolte aus Münster angelockt:„Wir haben den Ostermarkt gestern entdeckt und beschlossen, heute zur Mittagszeit hierher zu kommen, um Prager Schinken, Schaschlik-Spieß und diese zuckerige Rolle namens ‚trdlo‘ zu essen. Mein Sohn möchte heute gerne noch Segway fahren. Ostermärkte gibt es bei uns in der Gegend nicht, und wir finden es hier sehr interessant. Es ist ein bisschen zu bunt für meinen Geschmack, aber es ist doch ganz nett hier.“
„Bei uns gibt es das nicht“
Neben den vielen Köstlichkeiten bietet die farbenprächtige Dekoration des Ostermarktes viel fürs Auge. Sonja Harms ist aus Marburg nach Prag gekommen:„Das hier ist auf jeden Fall etwas anderes, denn in der Art und Weise gibt es sowas bei uns nicht. Mir gefallen vor allem die kleinen Bäumchen, an denen bunte Papierstreifen festgeknotet sind. Jetzt ist es auch so windig, und dann flattern sie so schön in der Sonne. Was mir besonders gut gefällt sind diese gedrehten Teigrollen.“
Wem es in der Altstadt zu lebhaft zugeht, dem ist der Ostermarkt auf dem Náměstí Míru, dem Friedensplatz im Stadtteil Vinohrady zu empfehlen. Dort sind nur eine Handvoll Touristen und dafür mehr Prager anzutreffen. Etwa 15 Verkäufer präsentieren sich mit ihren handgemachten Waren und kulinarischen Spezialitäten. Unter ihnen auch Gabriela Plačková, die zum ersten Mal auf dem Markt ist und selbstgemachten Milchreis verkauft.„Mein Freund hat einen Laden in Leipzig. Dort verkaufen wir ganz klassisch Milchreis mit Pflaumen und Apfelmus. Darüber hinaus bieten wir auch schwarzen Reis an, der mit Kokosmilch gekocht wurde. Ich bin immer zehn Tage in Leipzig und zehn Tage in Prag, weil hier meine Kinder leben. Ich suche in Tschechien Möglichkeiten, den Milchreis zu verkaufen, denn in Prag kennen das nicht so viele Leute. Die Deutschen kennen das natürlich, aber ich muss mir hier viel Mühe geben, den Milchreis bekannt zu machen. Der erste Schritt ist immer problematisch. Aber sobald sie einmal probieren, dann schmeckt es ihnen, und sie kaufen dann auch etwas.“
Gabriela Plačková ist sich nicht sicher, ob sie nächstes Jahr wieder auf dem Markt verkaufen wird, denn ein Standplatz koste ziemlich viel:„Ja, die Miete ist zu teuer, das ist wirklich schwierig.“
Lebkuchen auch an Ostern
Wem es eher nach etwas zu knabbern ist, der kann vom Stand gegenüber frischgebrannte Mandeln naschen. Miroslav Chuchmák verkauft diese Süßigkeit erst seit dieser Saison. Die Ostermärkte sieht er nicht als Teil der tschechischen Ostertradition:
„Ich würde sagen, dass das etwas Neues ist. Als der Boom mit diesen Bauernmärkten begann, fing es auch mit den Märkten zu jeder Gelegenheit an – wie Weihnachten und Ostern. Aber wenn das jemandem nicht interessiert, dann kann er auch einen Bogen um die Märkte machen. Ich denke nicht, dass die Märkte irgendjemandem schaden.“Nicht nur etwas für den Gaumen, sondern auch etwas fürs Auge bietet der Stand von Petr Búřil. Der Rentner verkauft selbstgemachte Lebkuchen in Herzform, in Form eines Kükens oder Lamms. Diese verziert er mit Zuckerguss, sodass sie fast schon zu hübsch sind, um sie zu essen.
„Die Lebkuchen sind von weit her: aus Südmähren, aus Hodonín. Dort stellen wir diese Lebkuchen her. Mir und meiner Frau gehört dieser Familienbetrieb. Als Rentner verdienen wir uns etwas dazu. Wir produzieren alles vor Ort – vom Teig, über das Backen, das Verzieren, das Verpacken und natürlich bis zum Verkauf. Auch den Verkauf machen wir vollständig alleine.“Bunte Eier und leichte Schläge
Am Ostermontag wird ein tschechischer Brauch gefeiert. Viele Touristen, aber auch Prager kaufen sich für diesen Anlass am Stand von Petr Štěpán eine „pomlázka“. Das ist eine mit bunten Stoffbändern geschmückte Weidenrute. Besonders auf dem Land wird sie verwendet, um am Montagmorgen den Frauen auf den Hintern zu schlagen.
„Als Gegenleistung bekommen die Männer hartgekochte Eier und einen Schnaps. Nachdem die Frauen mit der Rute geschlagen wurden, bleiben sie dem Brauch nach jung und schön. Ich weiß selbst nicht genau warum. Es ist komisch, dass manche Leute das als Folterinstrument verstehen, mit dem wir die Frauen schlagen - so ist es nämlich nicht. Touristen kaufen sich das eher zur Dekoration und die Tschechen eben für den Ostermontag.“Was natürlich auf keinem tschechischen Ostermarkt fehlen darf, sind die traditionellen handverzierten Eier. Die filigranen Artefakte sind seit Jahrhunderten fester Bestand der tschechischen Ostertradition. Das Bemalen der Eier ist ein Handwerk, das mühsam erlernt werden muss. Anna Řezáčová bemalt bereits seit 45 Jahren die ausgeblasenen Hühnereier. Zwischen Wenzelsplatz und Altstädter Ring befindet sich der Stand der pensionierten Lehrerin. Zwei Koffer voller Eier bringt sie jedes Jahr nach Prag. Um an Ostern fertig zu sein, fängt sie schon nach den Sommerferien des Vorjahres an zu malen und vertreibt sich an düsteren Winterabenden damit die Zeit. Die bunte Eierkunst hat in ihrer Heimat eine lange Tradition.
„Wir kommen aus Südmähren, dort bemalen wir schon seit Ewigkeiten Eier. Jedes Dorf hat seine eigenen Farben, die auch auf den Ärmeln und an den Kragen der Trachten zu finden sind. Aus einem Dorf kommen zum Beispiel diese grünen Eier hier. Die schwarzen sind aus Dolní Němčí in der Region Valašsko. Die Farben und Ornamente haben sich über die Jahre in jedem Dorf entwickelt. In manchen Dörfern bemalt man gar keine Eier mehr. Um mein Sortiment in Prag mehr zu beleben, bin ich in das Museum in Uherské Hradiště gegangen. Dort habe ich mir die traditionell bemalten Eier angesehen und die alten Muster nachgemalt – genauso, wie es in den jeweiligen Dörfern gemacht wurde. Ich verkaufe hier sogar ein Muster, das 200 Jahre alt ist“, so Anna Řezáčová.Und alle wollen Baumstriezel
Größtes Highlight auf den tschechischen Märkten, nicht nur an Ostern, bleibt für Jung und Alt aber der „trdelník“ oder anders: „trdlo“, zu Deutsch: Baumstriezel. Das ist ein zu einer Rolle geformter Baumkuchen aus Hefeteig. Dieser wird meist über einer offenen Feuerstelle gebacken. Auch die Studentin Magdalena Sordon aus Saarbrücken lässt sich das beliebte Gebäck schmecken:„Wie spricht man das aus? Trdelník? Genau, die sind sehr lecker.“
Um die Herkunft des zuckerigen Gebäcks wird übrigens viel gestritten. Sowohl die Tschechen, als auch die Slowaken und Ungarn verwenden jeweils ähnliche Rezepturen, was oft für Verwirrung sorgt. Eines kann jedoch gesagt werden: Eine rein tschechische Spezialität ist der „trdelník“ nicht.
Der Ostermarkt auf dem Wenzelsplatz und dem Altstädter Ring hat noch bis zum 12. April geöffnet. Auf dem Friedensplatz kann man den Markt noch bis Ostermontag besuchen.