Verschwundene Ölreserven belasten tschechisch-deutsche Beziehungen
Der Fall klingt absurd: Vor fünf Jahren hat Tschechien in Bayern einen Teil seiner Ölreserven eingelagert. Doch diese Reserven sollen laut den Auskünften der deutschen Seite dort nicht mehr sein. Der tschechische Staat will aber das Öl zurück. Mittlerweile ist auch die Politik eingeschaltet.
„Die tschechisch-deutschen Beziehungen sind sehr intensiv. Eigentlich bestehen auch keine Probleme, wäre da nicht die Sache mit der Viktoriagruppe. Im Interesse der guten gemeinsamen Beziehungen sollte in diesem Fall Tschechien nicht das Eigentumsrecht an seinen staatlichen Ölreserven verweigert werden, sodass wir diese zurück ins Land bringen können.“
Sobotka hatte sich zuvor am Freitag mit dem deutschen Botschafter in Prag, Arndt Freytag von Loringhoven, getroffen. Der Diplomat versprach laut Pressemeldungen, bei der Klärung des Falls zu helfen.Prag droht ein Verlust in Höhe von 1,5 Milliarden Kronen (54 Millionen Euro). Denn wegen des Insolvenzverfahrens drängt die Zeit. Bis 15. März müssen die Gläubiger ihre Forderungen gegenüber der Viktoriagruppe einreichen. Aber bei der staatlichen tschechischen Rohstoffverwaltung (SSHR) will man schon vorher das Problem vom Tisch haben. Pavel Švagr ist Chef der Behörde:
„Wir fordern weiter vom Insolvenzverwalter in Deutschland, unsere Eigentumsrechte zu bezeugen. Das heißt, wir wollen nicht, dass das in Krailling gelagerte Öl zur Konkursmasse gehört.“Seit Ende vergangenen Jahres bemüht sich Prag erfolglos um die Herausgabe des Öls. Selbst ein Besuch von Pavel Švagr in Deutschland in der vergangenen Woche brachte kein Ergebnis. Dabei verfügt die tschechische Seite über Argumente, die – so müsste man glauben – eigentlich unanfechtbar sind.
„Wir haben Rechnungen, die wir bezahlt haben. Wir besitzen Dokumente, die beweisen, dass wir das Öl gekauft haben. Zudem lassen sich unsere Überweisungen auf das Konto der Viktoriagruppe nachweisen. Und wir sind im Besitz einer Einlagerungsdokumentation, in der die Viktoriagruppe mit Stempel und Unterschrift bestätigt hat, dass alles in Ordnung ist.“
Das Problem liegt aber wohl im Vertrag an sich, wie Švagr ergänzt. Dieser Vertrag wurde 2010 zwischen der tschechischen Rohstoffverwaltung und der Viktoriagruppe abgeschlossen:„Der Insolvenzverwalter beanstandet, dass dieser Vertrag nicht mit deutschem Recht in Einklang stehe“, erläutert der SSHR-Chef.
Die Frage des Vertrags weist auf ein weiteres Problem: dass vielleicht nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist, als das Öl nach Deutschland verbracht wurde. Denn damals hatte sogar der tschechische Inlandsgeheimdienst BIS vor einem solchen Schritt gewarnt. Premier Sobotka kritisierte daher am Freitag die damalige Regierung für die Entscheidung, Rohstoffreserven ins Ausland zu bringen. Nichtsdestotrotz bezeichnete er die Behauptungen des Insolvenzverwalters als „absurd“. Botschafter von Loringhoven will nun Experten aus Tschechien und Deutschland an einen Tisch bringen.