Dombaumeister Hauck: Es gibt Parallelen zwischen Prager Veitsdom und Kölner Dom
Der Veitsdom auf dem Hradschin prägt das Stadtbild von Prag. Die Baugeschichte der Kathedrale ist recht lang, zwischendurch wurde der Bau des monumentalen Gotteshauses für mehr als 400 Jahre unterbrochen. Vollendet wurde der Dom erst 1929, der Grundstein wurde aber bereits vor 670 Jahren gelegt. Aus diesem Anlass veranstalteten die Karlsuniversität und das Prager Erzbistum in der vergangenen Woche eine internationale Konferenz. Während der Diskussion über Kathedralen in der Zeit des nationalen Erwachens wurde der Prager Veitsdom mit dem Kölner Dom verglichen.
Her Hauck, sehen Sie bestimmte Parallelen zwischen der Vollendung des Baus des Kölner Doms und des Prager Veitsdoms?
„Der Ausbau gestaltete sich zuletzt ganz ähnlich. In Köln baute man das Langhaus fertig und am Ende die Westfassade mit der Zweiturmfassade, und in Prag passierte im Grunde genommen das Gleiche. Das ist eine sehr deutliche Parallele.“
Gibt es auch Parallelen in der Baugeschichte der beiden Gotteshäuser, also warum in Prag wie auch in Köln der Bau abgebrochen und nach Jahrhunderten fortgesetzt wurde?
„Mit der Vollendung wurde in beiden Städten zu einer Zeit begonnen, als die Nationen entstanden. Insofern brauchte man einen Identifikationspunkt. Das ist das Eine. Das Andere ist der Hintergrund, dass in beiden Fällen die Bauunterbrechung im Zusammenhang mit den Reformationsbestrebungen zu sehen ist. Zu dieser Zeit geriet der Bauvorgang zunächst ins Stocken und wurde schließlich ganz eingestellt. Es wurde aber auch weiter immer noch etwas an den Domen gearbeitet. Man konnte das Bauwerk in Köln nicht 320 Jahre ohne Pflege stehen lassen. Aber was gemacht wurde, war sehr eingeschränkt.“Der Veitsdom wird immer noch von einem Teil der tschechischen Gesellschaft eher als Nationalsymbol denn als Gotteshaus wahrgenommen. Dies hat sich vor einigen Jahren gezeigt, als Kirche und Staat darum stritten, wem der Veitsdom eigentlich gehört. Dass die Kathedrale eher als nationales Kunstwerk wahrgenommen wird, gründet sich ebenfalls im 19. Jahrhundert, also in der Zeit, als die Bauarbeiten am Dom fortgesetzt wurden. Hatte denn auch der Kölner Dom einst eine Bedeutung als Nationalsymbol?
„Beim Kölner Dom kann man, glaube ich, nicht davon sprechen, dass es ein nationales Symbol war. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts, nach den Napoleonischen Kriegen, hat man in dieser Euphorie, die über die unterschiedlichen Staaten hereingebrochen ist, ein nationales Symbol gesucht. Es war ein Gedanke, der nachvollziehbar war, er ist aber dann in Vergessenheit geraten. Mit den Zwistigkeiten, mit politischen und sozialen Problemen, die es gab, ist das in Vergessenheit geraten. Bei Prag sehe ich das ein bisschen anders, weil schon zur Zeit der ursprünglichen Erbauung der Kathedrale es tatsächlich auch in der Zielsetzung von Karl IV. ein nationales Symbol werden sollte.“Ein Symbol der Stadt ist der Kölner Dom aber geblieben…„Ich bin Präsident der Europäischen Dombaumeistervereinigung und kenne viele der Kathedralen. Es ist egal, ob sie klein oder groß sind, aber sie spielen alle für die Region und die Stadt, in der sie stehen, eine außerordentlich wichtige Rolle. Jede einzelne ist ein Identifikationspunkt für Menschen, die mit ihrem Dom immer auch Heimat und Ortsgebundenheit verbinden. Das gilt für Prag und Köln, das ist überall so.“
Wie sehr spielt der Glauben dort hinein?
„Man kann sagen, dass es mit dem Glauben nichts zu tun hat. In einer Zeit, in der alles anonymer und uniformer wird, sind diese herausragenden Baudenkmäler etwas wie ein Leuchtturm, an dem man sich orientiert und festhält.“