Vom abrissbedrohten Industriedenkmal zum Kulturzentrum: Güterbahnhof Žižkov
Er ist der größte erhaltene funktionalistische Industriebau in Tschechien: der Güterbahnhof im Prager Stadtteil Žižkov. Künftig soll er zu Kultur- und Bildungszwecken genutzt werden. Darauf einigten sich vergangene Woche die Vertreter von Staat, Stadt, Bahn und des Investors.
„Es handelt sich um einen besonders wertvollen Komplex von funktionalistischen Gebäuden aus der Ersten Republik. Er muss unter Denkmalschutz stehen und gepflegt werden. Entsprechend dem weltweit herrschenden Trend möchten wir den Bahnhof auch revitalisieren, damit er für Kulturzwecke dienen kann.“
Die Konversion der Industriegebäude sei aber nur in Zusammenarbeit mit den weiteren Partnern möglich, so der Kulturminister. Deswegen unterzeichnete er eine Kooperationserklärung mit Vertretern der Stadt, des dritten Stadtbezirks, der Tschechischen Bahnen sowie der Aktiengesellschaft Žižkov Station Development. Zu dieser Developerfirma zusammengeschlossen haben sich bereits früher die Tschechischen Bahnen, denen weiter die Gebäude gehören, und die Firma Sekyra Group, die das Grundstück besitzt. Die Sekyra Group wollte ursprünglich die Bahnhofsgebäude abreißen lassen und auf dem Areal eine Wohnsiedlung und ein Einkaufszentrum aufbauen. Dagegen protestierten aber sowohl Denkmalschützer, als auch Bürger. Ihrer Meinung nach sollen die Bahnhofsgebäude erhalten werden. Die fünf Institutionen, deren Vertreter das Memorandum unterschrieben haben, wollen demnächst eine Arbeitsgruppe gründen. Diese soll sich mit der Umgestaltung der Industriearchitektur beschäftigen. Matěj Stropnický ist stellvertretender Bürgermeister des dritten Prager Stadtbezirks. Der Grünen-Politiker kämpft seit einigen Jahren für den Erhalt des Güterbahnhofs.„Am schwierigsten ist es momentan, eine Möglichkeit zu finden, wie man die Bahnhofsgebäude von der privaten Aktiengesellschaft der Tschechischen Bahnen auf eine andere Institution überführen könnte. Dabei darf das Budget öffentlicher Institutionen nicht unangemessen belastet werden.“
Stropnický zufolge sollte der Güterbahnhof in Zukunft auch für Non-Profit–Projekte genutzt werden:„So könnten hier beispielsweise Ateliers für beginnende Künstler errichtet werden. Die jungen Künstler würden diese dann mieten.“
Im Kulturministerium wird erwogen, im Zentralgebäude des Bahnhofs das Nationale Filmarchiv unterzubringen. Das Prager Kunstgewerbemuseum könnte laut den bisherigen Plänen zudem neue Ausstellungssäle auf dem Bahnhofsgelände eröffnen. Konkrete Pläne sollen laut Stropnický im Juni dieses Jahres vorgestellt werden.