Amazon in Tschechien: Eher Ja in Prag, eher Nein in Brünn

Foto: Tschechisches Fernsehen

Der amerikanische Online-Händler Amazon möchte nach Tschechien expandieren. Dazu sollen zwei neue Lager und Verteilzentren gebaut werden, eines in der Nähe von Prag, das zweite bei Brno / Brünn. Allerdings gibt es an beiden Standorten Schwierigkeiten.

Roman Onderka  (rechts). Foto: ČTK
Nach der Abstimmung am Mittwoch in der Stadtvertretung war dem Brünner Oberbürgermeister Roman Onderka deutlich seine Verärgerung anzuhören:

„Das Abstimmungsergebnis ist eine schlechte Nachricht sowohl für inländische, als auch für ausländische Investoren. Damit kann ich mich nicht identifizieren.“

Von den 55 Stadtvertretern hatten zuvor 25 für den Bau des Amazon-Lagers gestimmt, und drei dagegen. Der Rest hatte sich jedoch enthalten oder war nicht anwesend, daher war das Votum nicht gültig. Es war bereits das dritte Mal, dass sich die Brünner Politiker nicht für Amazon entscheiden konnten.

Libor Šťástka  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Zunächst hatte die Stadt wegen des zu erwartenden Lastwagenverkehrs den Bau eines Autobahnzubringers gefordert. Über dessen Finanzierung stritten sich dann die Stadtväter mit dem Investor, bis sich dieser schließlich bereit erklärte, 70 Prozent der Kosten zu tragen. Am Mittwoch jedoch scheiterte das Projekt am Flächennutzungsplan der Stadt Brünn. Der ursprüngliche Plan erlaubt nämlich nicht den Bau des 95.000 Quadratmeter großen Lagers. Und die geänderte Version habe am Mittwoch noch nicht vorgelegen, so Libor Šťástka, Bürgermeister des Brünner Stadtteils Mitte:

Amazon  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
„Wir haben uns darauf verlassen, dass jene Angestellten, die die Änderung des Plans zur Aufgabe hatten und das Projekt eigentlich angestoßen haben, sich um die Angelegenheit kümmern würden. Das ist leider nicht geschehen, und deswegen war es heute nicht möglich, für den Bau eines Logistikzentrums an einem Ort abzustimmen, an dem dies laut Bebauungsplan nicht erlaubt ist.“

Dass die Entscheidung über fast 1000 Arbeitsplätze und eine Investition von 2,7 Milliarden Kronen (100 Millionen Euro) nun an einem nicht aktualisierten Schriftstück scheiterte, verärgerte nicht nur den Oberbürgermeister. Auch die Vertreter der Investoren verließen frustriert den Verhandlungssaal der Stadtvertretung. Für Anfragen der Journalisten waren sie danach nicht zu sprechen. Bereits vor der Abstimmung hatte Amazon erklärt, dass der Standort Brünn bei einer erneuten Ablehnung definitiv gestorben sei.

Martin Šafr  (Foto: ČT24)
Besser sieht es für Amazon in der Gemeinde Dobrovíz bei Prag aus. Dort hatten die Einwohner in einem Bürgerentscheid gegen die Errichtung einer Lagerhalle gestimmt, wegen der hohen Verkehrsbelastung. Der Kreis Mittelböhmen genehmigte jedoch das Projekt, und ein Einspruch dagegen scheiterte am vergangenen Mittwoch. Nun pocht die Gemeinde auf die Einhaltung eines Versprechens: Der Investor Panattoni hatte den Bau einer Umgehungsstraße zugesagt. Martin Šafr ist Bürgermeister von Dobrovíz.

„Wir müssen nun den Druck auf die Firma Panattoni erhöhen, damit es zur Unterzeichnung eines Vertrags über den Bau der Umgehungsstraße kommt. Sollte Panattoni das verhindern, würde der Gemeinde nicht anderes übrig bleiben, als Klage einzureichen.“

Kein eindeutiges Ja für Amazon in Prag, kein eindeutiges Nein in Brünn. Die Regierung ist verärgert: Premier Sobotka sagte, die Entscheidung in Brünn sei eine vergeudete Chance für das ganze Land.