Zeman in Straßburg: Europäische Zugehörigkeit ist kulturelle Wahl
Das Europäische Parlament steht kurz vor dem Ende seiner Legislaturperiode, im Mai wird neu gewählt. Am Mittwoch trat dann aber noch der tschechische Staatspräsident Miloš Zeman vor die Abgeordneten. Zeman wollte eigentlich schon im November zu den Volksvertretern sprechen, wegen einer Knieverletzung musste er seine Rede aber verschieben. Nun aber war er in Straßburg.
„Mein europäischer Traum beinhaltet nicht die verrückten Umzüge des Parlaments zwischen Straßburg und Brüssel.“
Daneben kritisierte Zeman viele Detailentscheidungen der Europäischen Kommission, zum Beispiel die verpflichtende Einführung von Energiesparlampen. Auch sagte Zeman klar, dass er die bisherige Sicherheits- und Außenpolitik für nicht ausreichend halte. Allerdings hatte das tschechische Staatsoberhaupt, anders als sein Amtsvorgänger Václav Klaus, auch positive Worte für die europäische Staatenunion mitgebracht:
„Was wir brauchen, ist eine gemeinsame Fiskalpolitik, eine Harmonisierung der Besteuerung. Ich bin daher auch sehr froh, dass Tschechien den Fiskalpakt unterschreiben wird. Zudem bin ich ein starker Befürworter des Euro, also ihn so bald wie möglich einzuführen. Die Leute, die den Euro kritisieren, haben Angst vor dem Unbekannten. Meiner Meinung nach ist der Euro ein stabilisierendes Element in der wirtschaftlichen Entwicklung.“Zeman sprach sich auch für mehr Integration aus, lehnte jedoch Gleichmacherei ab. Er sagte, dass die europäische Staatsangehörigkeit eine kulturelle Wahl sei. Geboren werde man, ohne den Ort beeinflussen zu können, aber die europäische Zugehörigkeit entspringe dem freien Willen der Menschen.
„Kultur ist mehr als kalte ökonomische Kalkulationen über Verluste und Gewinne. Kultur ist ein Satz von gemeinsamen Regeln über das Benehmen. Und wir müssen die Integration mit gemeinsamen oder gleichen Regeln beginnen.“Insgesamt sprach Zeman nur zehn Minuten zu den Abgeordneten, den größten Applaus erhielt das tschechische Staatsoberhaupt für sein Bekenntnis zum Euro. Die Kommentatoren waren sich einig, dass andere Präsidenten im Parlament schon besser angekommen seien. Jacques Rupnik ist Politologe in Frankreich. Er sieht Zemans Rede jedoch als großen Fortschritt:
„Das ist doch sehr neu, was die hiesigen Abgeordneten aus dem Mund eines tschechischen Präsidenten gehört haben. In den vergangenen zehn Jahren hatte die Tschechische Republik das Image, euroskeptisch zu sein, kritisch gegenüber der EU-Verwaltung, nicht den Euro einführen zu wollen und schließlich den Fiskalpakt, gemeinsam mit Großbritannien, abzulehnen. Dass sich also der tschechische Präsident hier so positiv für eine Vertiefung der Integration ausgesprochen hat, das ist neu und wichtig für das Image des Landes.“
Der Aufenthalt Zemans in Straßburg geriet zum Schluss aber noch etwas kurios. Auf dem Weg zu einer Ausstellungseröffnung blieb der Staatspräsident gemeinsam mit einigen Mitarbeitern in einem Aufzug des Parlaments stecken. Zeman kommentierte dies ironisch mit einem Zitat von Karl Marx. Das Transportsystem sei ein Ausdruck des Staatszustandes. Da ein Aufzug auch ein Transportsystem sei, scheine etwas in Europa schief zu laufen, witzelte das Staatsoberhaupt.