Putsch abgewendet: Sozialdemokratische Rebellen treten zurück
Seit den vorgezogenen Neuwahlen Ende Oktober ist bei den tschechischen Sozialdemokraten ein Machtkampf entbrannt. Ein Zirkel um den einflussreichen südmährischen Kreishauptmann Michal Hašek hatte versucht, den Parteivorsitzenden Bohuslav Sobotka zu stürzen. Doch Sobotka wehrte sich, und Partei sowie Öffentlichkeit stellten sich seitdem hinter den 42-Jährigen. Am Freitag zogen Sobotkas Kritiker die Konsequenzen.
„Um Bohuslav Sobotka ein starkes Mandat und persönliche Verantwortung für die Bildung einer Regierung zu ermöglichen, haben wir uns entschieden, zum heutigen Tag unsere Funktionen in der Parteiführung niederzulegen. Dieser Schritt ist unser Beitrag zur Verarbeitung der Wahlergebnisse. Wir glauben mit diesem Schritt, die Situation innerhalb der ČSSD zu beruhigen.“
Gemeinsam mit Hašek war auch der sozialdemokratische Fraktionsvorsitzende Jeroným Tejc zurückgetreten. Beide hatten sich am Abend der Wahl, begleitet von weiteren sozialdemokratischen Spitzenpolitikern, mit Staatspräsident Zeman getroffen. Am Tag darauf forderte das erweiterte Präsidium der Partei Sobotka auf, Konsequenzen aus dem schlechten Wahlergebnis zu ziehen. Der Parteichef bezeichnete das Vorgehen hingegen als Putsch, und auch die tschechische Öffentlichkeit reagierte empört. Doch Hašek verteidigte sein Vorgehen. Am Freitag beklagte er sich, dass die Medien das Treffen verteufelt hätten:„An einem Treffen zwischen einem links orientierten Präsidenten und linksgerichteten Politikern können wir nichts Schlechtes entdecken. Leider hat die Medienkampagne ihr Ziel erreicht und das Debakel der Sozialdemokraten nach den vorgezogenen Neuwahlen überdeckt. Anstatt einer Bewertung der Wahlniederlage und einer Benennung ihrer Ursachen wurden die Kritiker mundtot gemacht. Dabei sind es nur Menschen, deren Meinung vom Vorsitzenden und seinen Gefolgsleuten abweicht.“Am Sonntag tagt der Exekutivausschuss der Sozialdemokraten, das höchste Gremium außerhalb der Parteitage. Nur dieses Organ hat das Recht, den Vorsitzenden abzuwählen. Da sich aber in den vergangenen zwei Wochen die Partei hinter ihren Chef Sobotka gestellt hatte, wurde die Luft für Hašek und die anderen Rebellen dünn. Der Rücktritt war da die logische Konsequenz, sagte Parteichef Sobotka am Freitag:
„Der Druck der Mitgliederbasis war groß. Vor allem die Regionalorganisationen der Partei haben sich gegen die Schritte ausgesprochen, die die Kollegen nach der Wahl zum Abgeordnetenhaus unternommen haben. Die Kollegen haben die Unterstützung großer Teile der Basis verloren, daher betrachte ich es als logischen Schritt, dass sie sich nicht am Sonntag abwählen lassen, sondern schon vorher zurückgetreten sind.“Ernsthaften Koalitionsverhandlungen der Sozialdemokraten mit der Partei Ano und den Christdemokraten sollte nun nichts mehr im Weg stehen – denn auch hohe Vertreter der beiden möglichen Regierungspartner hatten angekündigt, nicht mit Hašek und seinen Rebellen verhandeln zu wollen. Trotzdem gab Martin Komárek, ehemaliger Journalist und frisch gewählter Abgeordneter der Partei Ano, zu denken:
„An den Anmerkungen, mit denen beide Herren ihre Rücktritte kommentiert haben, lässt sich die Gefahr ablesen, dass der Konflikt innerhalb der ČSSD weiterschwelen und beim nächsten Misserfolg erneut ausbrechen wird. Denn beide Sozialdemokraten werden weiterhin darauf beharren, dass der Parteichef für das schlechte Abschneiden bei den Wahlen verantwortlich ist.“